Wenn die großen Fragen geklärt sind: Minister, Staatssekretäre, Ausschüsse und so weiter, dann wird sich auch die Frage nach dem nächsten Wehrbeauftragten des Bundestages stellen. Einige stellen sie sich schon jetzt. Da ist zum einen der Amtsinhaber der abgelaufenen Legislaturperiode, Reinhold Robbe, der sich für einen geeigneten Kandidaten hält, wie nicht erst aus einem Bericht seiner heimischen Ostfriesen-Zeitung hervorgeht. Aber dagegen spricht nicht nur die neue Farbkonstellation: Eine Mehrheit von Union und FDP müsste von dem Mann schon sehr überzeugt sein, um wieder einen Sozialdemokraten zu bestallen. Diesen Eindruck haben wir nicht, Robbe ist mit einigen auf die Füße getreten, die sich das gemerkt haben werden. Und auch in den eigenen sozialdemokratischen Reihen hat er nicht allseits Rückhalt.
Eine andere Heimatzeitung, die Hessisch-Niedersächsische, hat derweil einen anderen Kandidaten ins Spiel gebracht: Bernd Siebert. Der war bislang verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU und – eine mächtige Position – Landesgruppenvorsitzender. Doch hat er das Pech, dass er aus derjenigen Gegend in Hessen kommt, wo die SPD trotz allem noch ihren Wahlkreis holt. Weil ansonsten die hessischen Direktmandate weitgehend an die CDU gegangen sind, hat Sieberts eigentlich „sicherer“ vierter Listenplatz nicht „gezogen“, wie man so sagt. Es wäre nicht untypisch, würde Siebert nach 15 Jahren im Bundestag von den Parteifreunden nun auf diesen Posten gehoben – wenn er denn will und nicht darauf setzt, für einen womöglich ausscheidenden hessischen Abgeordneten nachzurücken.
Dazu zwei Anmerkungen:
Robbe hat sein Amt sehr extensiv ausgelegt, war immer für pointierte Äußerungen gut. Dabei bezog er sich auf Mängel, die ihm von den Soldaten zugetragen würden. Er mag durch den so erzeugten Druck dazu beigetragen haben, so manchen Mangel zu beheben. Aber die Rolle des im Grundgesetz vorgesehenen Hilfsorgans des Bundestages hat er damit ziemlich strapaziert. Überzogen hat Robbe, wie wir meinen, auf jeden Fall mit seinen politischen Bewertungen von Regierungshandeln, beispielsweise der Ablehnung des Kongo-Einsatzes. Da hilft auch die Verbrämung nicht, die Truppe empfinde so.
Robbe hat sein Amt sehr intensiv ausgeübt. Er hat sich nicht auf das Entgegennehmen von Eingaben beschränkt, ist viel herumgefahren, hat Kasernen selbst in Augenschein genommen, auch die Wirklichkeit in den Einsätzen. Dass Robbe sich dessen gerne rühmt, schmälert dieses Verdienst nicht. Wenn ihm das nicht mit einer Verlängerung gelohnt werden sollte, dann sollte das mindestens beispielgebend sein.
Ich finde, Reinhold Robbe hat...
Ich finde, Reinhold Robbe hat sein Amt vorbildlich ausgeübt. Irgendeiner muss ja offen und offensiv die Seite der Soldaten einnehmen, erst Recht, wenn die politische Klasse (aus nachvollziebaren Gründen) die offene Auseinandersetzung um die Kriegseinsätze scheut. Die neue Bundesregierung würde einen mutigen Mann im Amt belassen, der Mißstände aufgedeckt und wirklich etwas verändert hat (was vielfach eigentlich der Minister hätte tun müssen), das wäre ein großzuegiges Zeichen, zumal die Soldateen ihn sehr schätzen.
Jetzt ist nicht die Zeit für...
Jetzt ist nicht die Zeit für zu großzügige politische Geschenke. Denn der Wehrbeauftragte Robbe hat sein Amt alles andere als vorbildlich ausgeübt.
Wenn wir den Status der Bundeswehr als Parlamentsarmee ernst nehmen, dann müssen das Parlament und sein Hilfsorgan Wehrbeauftragter auch Kontrolle ausüben. Und für Pflichtverletzungen des Bundesministers der Verteidigung und Mitglied des Bundestages ist ja wohl das Parlament zuständig. Und in solchen Fällen hat Herr Robbe versagt. Der Wehrbeauftragte muss auch im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen des Ministers die Kraft haben, die Sache aufzuklären, bzw den Mut aufbringen, sich eine unabhängige Meinung zu bilden und dann zu handeln. Dieser Wehrbeauftragte hat in mehreren Fällen weder die erforderliche Kraft gehabt noch Mut bewiesen.
Der Wehrbeauftragte wurde schlicht bei mehreren Sachverhalten einer seiner Hauptaufgaben, Verstößen gegen Grundsätze der Inneren Führung entgegenzuwirken, nicht gerecht und hat durch Untätigkeit bzw. Verzögerung der Bearbeitung von Eingaben das Ansehen seines Amtes beschädigt. Parlamentarische Kontrolle der Parlamentsarmee Bundeswehr wird so zur Farce.
Wir brauchen einen besseren, mutigeren und konsequenteren Wehrbeauftragten!
Siehe auch: https://www.md-office-compact.de/Vertrauensmann.htm
General Dieter stimme ich aus...
General Dieter stimme ich aus vollem Herzen zu. Der Wehrbeauftragte hat dankenswerterweise zwar auf etliche Missstände in der Bundeswehr hingewiesen, z.B. auf Ausrüstungsmängel im Einsatz und den katastrophalen Zustand der meisten Kasernen. Bei all seinen Bemühungen um Profilierung hat er jedoch stets darauf geachtet, dass er politisch nicht zu sehr aneckt. Insgesamt hat er – im Unterschied zu seinen Vorgängern – den Rollenwechsel vom Parteipolitiker zu einem unabhängigen Sachwalter der Interessen der Soldaten bis heute nicht vollzogen. Wenn er glaubte, sich kritisch zum Regierungshandeln äußern zu müssen, weil das der allgemeinen Erwartungshaltung entsprach, hat er sich hinter den Auffassungen der Soldaten versteckt. Mehrere seiner leitenden Mitarbeiter waren von einem solchen Amtsverständnis wenig angetan.
Darüber hinaus hat er in gravierender Weise in Einzelfällen versagt. So hielt er z.B. die Ahndung einer rechtswidrigen Einweisung in die Psychiatrie durch einen Inspekteur mit einem „anlassbezogenen Hinweis, dieser habe seine Befugnisse überschritten, für angemessen geahndet. Eine solche Bewertung kann man nur mit Entsetzen registrieren. Wie ich sein Verhalten in meinem eigenen Fall bewerte, ist meinem Schreiben an ihn vom Dezember vergangenen Jahres zu entnehmen ( https://www.juergenruwe.de/kom/wehrbeauftragter.html ).
Als Wehrbeauftragten empfehle ich eine gestandene Persönlichkeit am Ende einer beruflichen Laufbahn, damit das Amtsverständnis nicht vom permanenten Gedanken an eine erneute Berufung geprägt wird.
<p>Was ein bestimmter...
Was ein bestimmter Wehrbeauftragter in seiner Amtszeit geleistet hat, dürfte für den normalen F.A.Z. – Leser auch dann schwer zu beurteilen sein, wenn er sich die Mühe macht, seine Jahresberichte zu lesen und den Debatten darüber zu folgen, die meist vor einem fast leeren Plenum stattfinden. Nach eigenem Bekunden ist er niemand ist, der sich selbst auf die Schultern klopft. Man kann das man als Bescheidenheit deuten oder als besondere Klugheit: Eigenlob stinkt, bekanntlich. Daß er nicht nur in der eigenen Partei Rückhalt hat, wie er der „Ostfriesenzeitung“ versichert hat, glaubt man ihm gern, wie auch, dass er bei den Soldaten beliebt ist (wie es übrigens Peter Struck auch war). Er läßt sich bei der Truppe sehen, kümmert sich um vergammelte Waschräume und tropentaugliche Schlafsäcke und sorgt dafür, dass alle Eingaben von Soldaten – oder jedenfalls fast alle – pünktlich beantwortet werden.
Die Generale Dieter und Ruwe haben ihre sehr persönlichen Erfahrungen mit dem Wehrbeauftragten gemacht, die man – dem Internet sei Dank – nachlesen kann. Die Lektüre bestätigt, was man ohnehin geahnt hat: die kleinen Verstöße gegen die Grundsätze der Inneren Führung werden akribisch verfolgt, berichtet und ggf. auch gerügt. Der Inhaber der „Befehls- und Kommandogewalt und sein Ministerium stehen regelmäßig über der Kritik. The king can do no wrong.
Was bei der ernsthaften Bewertung der Arbeit des Wehrbeauftragten zählt, ist nicht die Erledigung der Routineaufgaben (die bei der Vielzahl von Eingaben ohnehin delegiert werden müssen), sondern – in Anwendung der „critical incident technique“ (Flanagan 1954) sein Verhalten in Ausnahmesituationen, also in Fällen, wo nicht ein übereifriger Zugführer die Menschenwürde der Rekruten verletzt hat, sondern wo ein Fehlverhalten an der Spitze behauptet wird. Die „Fälle“ Dieter und Ruwe kann – und sollte man – auf den Web-Seiten der Betroffenen nachlesen.
Reinhold Robbe wird sein (überwiegend passives) Verhalten in diesen Fällen damit begründen, dass er weder beim Generalinspekteur noch gar beim Minister Jung Anzeichen für eine Verletzung der Grundsätze der Inneren Führung erkennen konnte, die sein Eingreifen gerechtfertigt, vielleicht sogar erfordert hätte.
Diese Möglichkeit hat er in dem Fall Rose – Kaufhold wohl kaum, weil er hier von Amts wegen aktiv wurde. Den Lesern dieses Blogs wird der Oberstleutnant und Diplom-Pädagoge Jürgen Rose bekannt sein. Als aktiver Offizier äußert er sich häufig abwertend über Kameraden und ehemalige Soldaten. Das „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) in Calw etwa wird von ihm gern als „Kommando Spezialkiller“ bezeichnet; erfolgreiche Jagdflieger des ersten und zweiten Weltkrieges sind für ihn „Auftragskiller“ oder gemeingefährliche Mörder. Die Generalität der Bundeswehr besteht für ihn aus Feiglingen, weil sie keinen Widerstand gegen die seiner Meinung nach völkerrechtswidrigen Kriege der NATO und der Bundesrepublik leisten. Er ist – vermutlich wohl wegen seiner Pauschalkritik an der aktiven Generalität – zweimal zu Geldbußen verurteilt, worin er einen Versuch sieht, einen „kritischen“ Offizier mundtot zu machen. Das wäre ggf. ein schwerwiegender Verstoß gegen die Grundsätze der Inneren Führung.
Einem Angehörigen des KSK platzte 2007der Kragen. Er schrieb Rose eine e-mail, die er mit vollem Namen und seinem Dienstgrad unterzeichnete, mit folgendem Wortlaut:
„Guten Tag Herr Rose
, ….
Mit Befremden registriere ich die strukturelle Ausrichtung Ihrer Vorfeldorganisation und distanziere mich als deutscher Offizier entschieden von diesem linken Zeitgeistkonglomerat uniformierter Verpflegungsempfänger. Nicht die Kritik an kritikwürdigen Themenfeldern kritisiere ich, sondern die Intention und Diktion dahinter. Sie wissen was ich meine und sie wissen auch, dass sie nicht das Sprachrohr einer, unserer Armee sind. Ich beurteile sie als Feind im Inneren und werde mein Handeln daran ausrichten, diesen Feind im Schwerpunkt zu zerschlagen. Die Phase des 68er Marsches ist beendet, kehren Sie um in den Gulag der politischen Korrektheit oder in die Sümpfe des Steinzeitmarxismus, dem Sie entkrochen sind. Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.
Somit verbleibe ich mit vorzüglicher Geringschätzung und trefflicher Erheiterung in der Betrachtung Ihrer weiteren operativen Unfähigkeit.
Kaufhold, Daniel Hauptmann
„Es lebe das heilige Deutschland“ (Stauffenberg)“
Rose betrachtete dieses Schreiben (insbesondere die Ankündigung, dass man ihn als Feind „zerschlagen“ werde, als eine möglicherweise ernstgemeinte Morddrohung, machte bei Vorgesetzten Meldung, erstattete Anzeige bei der Polizei und unterrichtete per Eingabe den Wehrbeauftragten. In mehreren Interviews schloß er nicht aus, dass sich im KSK tatsächlich eine Gruppe gebildet hätte, die unliebsame und kritische Offiziere wie ihn beseitigen wollte.
Der zuständige Vorgesetzte des Hauptmann Kaufhold verhängte eine einfache Disziplinarstrafe gegen Kaufhold. Nach Presseberichten (u.a. Generalanzeiger Bonn) im April 2008 reagierte der Wehrbeauftragte „betroffen“ und monierte, dass er die disziplinare Würdigung für „unangemessen“ hielt.
So weit, so gut. Der Disziplinarvorgesetzte von Kaufhold, selbst Angehöriger des KSK, hat vielleicht Milde walten lassen, weil er persönlich nachempfinden konnte, dass seinem Hauptmann der Kragen geplatzt war. Zudem hat er aus der Schlussformel „mit trefflicher Erheiterung“ wohl geschlossen, dass die mit vollem Namen unterzeichnete e-mail nicht ernst gemeint war. Man kann das sicherlich anders beurteilen, und insofern fiel die Reaktion des Wehrbeauftragten nicht aus dem Rahmen, mag auch die Kritik an dem in seinen Entscheidungen unabhängigen Disziplinarvorgesetzten ungewöhnlich hart sein.
Was allerdings Anlaß gibt, die Eignung von Reinhold Robbe für eine zweite Amtszeit als Wehrbeauftragter anzuzweifeln, ist, dass er – jedenfalls soweit man das als Nicht-Insider erkennen kann, mit zweierlei Maß misst:
Rose wird in Schutz genommen, Kritik an ihm als „unerträglich“ bezeichnet, einfache Disziplinarstrafen gegen Ersttäter sind „unangemessen“.
Roses Kritik an ehemaligen und jetzigen Kameraden dagegen bleibt unkommentiert. Daß Rose neben diffamierenden Werturteilen auch zahlreiche unwahre Behauptungen verbreitet, wird vom Wehrbeauftragten nicht gerügt.
Das mag den herrschenden Grundsätzen der im Wesentlichen von der Linken bestimmten political correctness entsprechen: (Fast) Jegliche Kritik von Links ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt, Kritik an den Linken ist Faschismus und muß im Keim erstickt werden. Einzelheiten zu Rose und dem Fall Mölders sind auf der Web-Seite http://www.moelders.info im „Dossier“ nachzulesen. Aktuell gibt der Fall Sarrazin zu denken.
Es wäre zu hoffen, dass der Herr Wehrbeauftragte seine unterschiedliche Wertung in den Fällen von Kaufhold und Rose öffentlich erläutert, bevor er sich um eine zweite Amtszeit bewirbt.
Von Herrn Oltmanns möchte man...
Von Herrn Oltmanns möchte man an sich gerne wissen, ob er als Privatmann oder im Rahmen von Eliten-Marketing schreibt und wie er die Beliebtheit des Wehrbeauftragten bei den Soldaten gemessen hat, um zu der Aussage zu kommen, dass die Soldaten ihn sehr schätzen.
Herr Robbe mag seiner „Ostfriesenzeitung“ glaubhaft zu versichern suchen, dass er nicht nur in seiner eigenen Partei Rückhalt hat. Tatsache ist, dass die Einschätzung seiner Persönlichkeit, seines Potentials und seiner Leistungsfähigkeit dazu geführt haben, dass er damals erst im zweiten Wahlgang nach großen Anstrengungen seiner parteipolitischen Befürworter mit sehr knapper Mehrheit in sein Amt gewählt worden ist, obwohl ihn seine Partei auf den Posten des Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses hehievt hatte.
Es gibt wirklich keinen guten Grund für für eine Wiederwahl Robbes, außerdem gibt es in der CDU und FDP geeignetere Politiker als ihn.
...verspätete ausführliche...
…verspätete ausführliche Anwort folgt in Kürze 🙂