Zur Sicherheit

Weite Weste

Nun hat der Generalinspekteur der Bundeswehr (erst ab Januar a.D., wenn wir das recht verstehen) bereits seine enge Weste aufgeknöpft und den Minister, der ihn zum Rücktritt veranlasst hat, in der „Zeit“ der Lüge bezichtigt. Es geht um die Gründe, wegen derer Schneiderhan und Staatssekretär Wichert gehen mussten. Der General verwahrt sich gegen die Formulierung, man habe dem Minister wichtige Akten „vorenthalten“ und Berichte „unterschlagen“: „Unterschlagen hat für mich den Geschmack des Vorsatzes, und es gab keinen Vorsatz.“ „Das ist nicht nur unschön, das ist unwahr.“ Und über die Version des Gesprächs am 25. November, wonach General und Staatssekretär erst auf konkrete Nachfrage des Ministers die Existenz weiterer Berichte bestätigt hätten, sagt Schneiderhan: „Was diesen 25. nachmittags angeht, sagt er die Unwahrheit.“

Der Vorwurf der Lüge bildet eine tiefe Grube, aus der einer, der hineinfällt, kaum mehr hinauskann. Die Frage ist, ob Guttenberg hineinfällt. Sein Sprecher sagte nun vor der Bundespressekonferenz, er könne sich nicht erinnern, dass der Minister sich über den Inhalt des vertraulichen Gesprächs öffentlich geäußert habe.

Jedenfalls nimmt die Affäre den typischen Verlauf solcher politischer Affären: Es geht nicht mehr um den sachlichen Anlass, sondern um Äußerungen und Darstellungen im Nachgang. Abgesehen von dem schalen Beigeschmack, den die daraufhin zu erwartenden Empörungen von hoher moralischer Warte („Das Parlament und die Öffentlichkeit belogen!!!“) stets haben, sollten die politischen Energien aber dringend wieder auf die Grundfragen in der Sache gelenkt werden: In welcher Situation befindet sich der Stabilisierungseinsatz (so lautet immer noch das völkerrechtliche Mandat) der Nato in Afghanistan? Kann er zu einem akzeptablen Ergebnis gebracht werden? Wenn ja, was muss Deutschland dafür tun? Wenn nein – was muss Deutschland dann tun? Eine sehr hilfreiche Grundlage für die Arbeit an Frage eins bietet die Faktensammlung, die der ausgeschiedene Bundestagsagbeordnete Winfried Nachtwei jetzt veröffentlicht hat.

Doch wie auch immer die Antwort auf die beiden erstgenannten Fragen aussieht: Die Antwort auf die Folgefragen kann nicht lauten, dass die Regierung auf einen warmen Erkenntnisregen auf einer Londoner Konferenz warten sollte, während die Opposition politische Kopfjagd betreibt.

Die mobile Version verlassen