Zur Sicherheit

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Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Realitäten beschreiben

| 5 Lesermeinungen

Verteidigungsminister zu Guttenberg hat den Soldaten der Bundeswehr am Dienstag nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der Öffentlichkeitsarbeit...

Verteidigungsminister zu Guttenberg hat den Soldaten der Bundeswehr am Dienstag nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der Öffentlichkeitsarbeit verordnet. Ort des Geschehens: Das sogenannte Parlament der Wehrpflichtigen des Deutschen Bundeswehrverbandes. Dort fragte ein Soldat in der Aussprache nach der Ministerrede nach der Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft, wenn die Wehrpflicht tatsächlich nicht mehr praktiziert werde. Dazu Guttenberg: Es müsste weiterhin die Prinzipien der Inneren Führung und des Staatsbürgers in Uniform geben, die ja schließlich auch heute für die gälten, die sich von Anfang an für längere Zeit verpflichten. Gleichwohl werde es gelten wachsam zu sein, damit wir „nicht in eine bestimmte Richtung driften“. Doch hätten auch die Soldaten selbst Aufgaben, um die Akzeptanz in der Gesellschaft zu erhalten oder zu vermehren. So rufe er sie auf, sich öfter in Uniform zu zeigen. „Und ich wünsche mir von Manchem, der aus den Einsätzen zurückkommt, dass er sich auch an seine unmittelbaren Öffentlichkeit wendet. Und er muss deswegen nicht nur mit den Vorgesetzten abgestimmte Äußerungen von sich geben, sondern er darf ruhig auch selbst seine Realitäten beschreiben. Weil er damit auch seinen Beitrag für und in dieser Gesellschaft beschreibt, und wenn es da und dort Defizite gibt, sie auch benennt. Das ist im Zweifel hilfreicher auch für den Dienstvorgesetzten, als das, was gelegentlich schöngefärbt wird. Das sind alles Beiträge, die jeder von Ihnen leisten kann, ob als Grundwehrdienstleistender, FWDL oder SaZ. Das sind Beiträge zur Akzeptanz in der Gesellschaft.“ 

 


5 Lesermeinungen

  1. Paradigmenwechsel

    Wer an den...
    Paradigmenwechsel
    Wer an den Realitäten interessiert ist, wie sie sich aus Sicht von wehrpflichtigen Spiegel-Informanten darstellen, greife zur Ausgabe 25/10 vom 22.6. dieses Jahres – https://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,701906-2,00.html. Ob die geschilderten zum Teil haarsträubenden Fälle von Gammelei repräsentativ sind, läßt sich schwer beurteilen. Auf jeden Fall kann als gesichert gelten, daß schon immer ein Zusammenhang zwischen Tauglichkeitskriterien und der benötigten Zahl von Wehrpflichtigen bestand. In den achtziger Jahren – die Bundeswehr zählte 490.000 Mann – dachten Wörners Ministeriale aufgrund des Pillenknicks über Verlängerung der Wehrpflicht von 15 auf 18 Monate, Absenken der Tauglichkeitskriterien und die Veringerung der sogenannten Wehrpflicht-Ausnahmen nach. Heute genügt angeblich schon eine Sellerie-Allergie, um ausgemustert zu werden.
    Ob allerdings die ungeschminkten Beiträge des Spiegel-Nachschubsoldaten David zur Akzeptanz der Bundeswehr in die Gesellschaft betragen, darf man bezweifeln, wie sie auch kaum hilfreich für Vorgesetzte sind, die ja entweder für den Gammeldienst (mit)verantwortlich sind oder in höheren Rängen oft an partieller Perzeption leiden. Es lohnt sich, die im SPIEGEL zusammen getragenen Daten des Jahres 09 nachzulesen:
    „Von 417.300 abgeschlossenen Musterungsverfahren im vergangenen Jahr endeten fast 43 Prozent mit dem Ergebnis „nicht wehrdienstfähig“, was auch politisch so gewollt ist. Deutschland verfügte 2009 über das vermutlich größte Heer von Untauglichen in Europa, eine Invalidenarmee von 178.325 Mann, das entspricht etwa einem Dutzend Divisionen.
    Seit Jahren wird das Heer der Untauglichen größer. „Die Zahlen lassen auf eine deutliche Minderung der allgemeinen körperlichen Konstitution und Leistungsfähigkeit schließen“, schrieb der frühere Wehrbeauftragte Reinhold Robbe bereits in seinem Jahresbericht 2007. Er machte dafür psychische Belastungen, gestiegenen Drogen- und Medikamentenmissbrauch sowie das Fernsehen und den Computer verantwortlich. Es war ein trostloses Bild, das fast die Hälfte der Wehrpflichtigen wie einen Haufen verhaltensgestörter Phlegmatiker erscheinen ließ, die kiffend vor ihrer Playstation hocken und Pizza in sich hineinstopfen.
    Außerdem hat die Bundeswehr gar kein Interesse an vielen Wehrpflichtigen. Sie kosten Geld, nehmen Platz weg und binden Personal. Die Bundeswehr soll eine Einsatz- und Interventionsarmee werden, Soldaten, die man nicht im Ausland einsetzen kann, sind nur eine Last. Damit wenigstens der Anschein von Wehrgerechtigkeit gewahrt bleibt, werden die Tauglichkeitskriterien immer weiter verschärft, so dass die gewünschte Zahl von Männern wegfällt.
    Typisch für den Spiegel wird offengelassen, ob nun eine Generation von Untauglichen in Deutschland herangewachsen ist, oder ob die in unzulässiger Weise die Tauglichkeitskriterien manipuliert werden. Auf alle Fälle sollte der Minister wissen, daß auch der beste Vorgesetzte überfordert ist, wenn er unter den heutigen Rahmenbedingungen das Potential eines Wehrpflichtigen sechs Monate sinnvoll und nutzbringend ausschöpfen soll.
    Ich will damit nicht sagen, daß es unmöglich ist:
    Man sorge durch gesetzliche Maßnahmen dafür, daß die Wehrpflichtigen vor Dienstantritt geimpft und untersucht werden und notwendige Behandlungen erfolgreich durchgeführt sind;
    Man unterrichte in den Schulen über das Grundgesetz, wesentliche Bestimmungen des Völkerrechts und die Wehrpflicht und die Rechte und Pflichten des Staatsbürgers in Uniform; ein Test ist nicht nur Voraussetzung für die Einberufung, sondern auch für das Studium und die Zulassung zum öffentlichen Dienst.
    Dann könnte man – wie das Beispiel der Schweiz zeigt – die notwendigen Grundkenntnisse im Gebrauch der Waffe und um Gefechtsdienst auch in vier Wochen vermitteln und in regelmäßigen Übungen vertiefen.
    Aber das haben wir noch nie so gemacht. Und da könnte ja jeder kommen.

  2. hhkfdieter sagt:

    Von einem für Wehrpflichtige...
    Von einem für Wehrpflichtige verordneten „Paradigmenwechsel in der Öffentlichkeitsarbeit“ zu schreiben, ist stark übertrieben und in der Sache falsch.
    Wichtig ist die Aufforderung des Ministers an die jungen Staatsbürger in Uniform, sich nicht zu verstecken und ihre Meinung ungeschminkt zu sagen. Das genau entspricht der Philosophie der Inneren Führung und der Würde des „Staatsbürgers“ – gerade in Uniform. Der Appell des Ministers ist deswegen wichtig, weil es an diesem Verständnis bis in hohe Ränge fehlt.
    Bei Herrn Löwenstein fällt auf, dass er die Aussagen des Ministers gerne wortgetreu wiedergibt. Von einem sicherheitspolitischen Kommentator und Korrespondenten kann man sicher auch erwarten, dass er zu den nicht immer leicht verständlichen und nicht immer sehr klaren Aussagen des Ministers auch einmal – ggf. auch kritisch – Stellung nimmt.

  3. owe.jessen sagt:

    Was das ungeschminkte...
    Was das ungeschminkte Erzählen in der Öffentlichkeit bringt, kann man gerade in den USA sehen: Der Wechsel von McChrystal zeugt meiner Meinung nach von einer mangelnden Souveränität der zivilen Vorgesetzten. Wenn Obama sich seiner Sache sicher wäre, dann dürfte ein bißchen halbprivates Lästern eigentlich nicht zur Abberufung führen.

  4. LOsmers sagt:

    Meine folgenden Bemerkungen...
    Meine folgenden Bemerkungen haben zwar im engeren Sinne nichts mit der Thematik dieses Blogs zu tun, ich sehe jedoch keine andere Möglichkeit, auch in der F.A.Z. selbst – neben anderen Online-Medien – auf eine bedenkliche Entwicklung hinzuweisen.
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    Im FAZ.NET von heute ist die Kommentarfunktion zum Artikel „Türkei droht mit Abbruch der Kontakte zu Israel“ – mit der kreativen Wortschöpfung „gewaltsame“ resp. „blutige Übernahme eines türkischen Passagierschiffes“, um die böse Bezeichnung „israelischer Piratenakt“ zu vermeiden – sowie zum Artikel „Israel und Amerika – Netanjahu hat es nicht eilig“ deaktiviert.
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    Hat sich die F.A.Z. bisher positiv von anderen Medien („Welt“, „Süddeutsche“ usw.) abgehoben, die regelmäßig ihre Leser bevormunden, indem sie bei Israel betreffenden Beiträgen die Kommentarfunktion sperren, zeigt sie nun genau wie diese ein merkwürdiges Verständnis von Meinungs- bzw. Pressefreiheit und läßt vorbeugend vorhersehbar Israel-kritische Beiträge nicht zu. Wie schäbig und feige!

  5. Ich kann meinem Vorredner nur...
    Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen: Die ständige Zensur beim Thema Israel widerspricht der Behauptung, Israel verkörpere „westliche Werte“. Zu denen zählt nämlich das Recht auf Kritik und Meinungsfreiheit.

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