Zur Sicherheit

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Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Vernünftig kämpfen können

| 1 Lesermeinung

Hier sei ein dpa-Bericht aus der Feder des Kollegen Can Merey widergegeben. Jede Anmerkung erübrigt sich.   „Wir müssen vernünftig kämpfen...

Hier sei ein dpa-Bericht aus der Feder des Kollegen Can Merey widergegeben. Jede Anmerkung erübrigt sich.

 

„Wir müssen vernünftig kämpfen können“
Von Can Merey, dpa
(Mit Bild und Grafik Nr. 13654) =

Sie kämpfen im Auftrag Deutschlands an vorderster Front, doch optimal
ausgerüstet sind die Kampftruppen in Kundus nicht. Die Soldaten
modifizieren Waffen und Fahrzeuge, um ihren Auftrag so gut wie
möglich zu erfüllen – und müssen dafür gegen Vorschriften verstoßen.

   Char Darah (dpa) – Wenn die Bordschützen der Task Force Kundus auf
dem Transportpanzer Fuchs ihre Position einnehmen, dann haben sie die
Wahl: Entweder ziehen sie die Haube mit integriertem Sprechfunksatz
auf den Kopf, die keinen Schutz bei Angriffen bietet. Oder sie ziehen
einen Helm an, der Aussparungen für Kopfhörer hat – und den sie sich
für 250 Euro privat beschafft haben. Auf den Standardhelm passt der
Sprechfunksatz nicht. Der private Helm wiederum ist weder dienstlich
geprüft noch genehmigt. Die Soldaten sind mit ihm besser geschützt
als mit der Haube, aber theoretisch nicht mehr versichert.

   Auch der Hauptgefreite Achim R. hat sich vor dem
Afghanistan-Einsatz den Helm gekauft. Wenn R. an die Front zieht, ist
vieles von dem, was er am Körper trägt, aus eigener Tasche bezahlt:
Die Handschuhe, das so genannte Chest-Rig, in dem Magazine am
Oberkörper festgeschnallt werden, das Combat-Shirt, der Gürtel, die
Beintasche für Sanitätsmaterial, selbst das Visier auf dem G36-Gewehr
– alles privat für insgesamt weit über 1000 Euro beschafft.

   Die Soldaten sind sich einig, dass die Standardausrüstung nicht
schlecht ist – andere Nationen beneiden die Deutschen darum. „Das
andere Zeug ist nicht Schrott“, sagt ein Offizier, der ungenannt
bleiben möchte. „Es ist hier einfach nur unzweckmäßig. Wir kaufen die
Sachen ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil wir vernünftig
kämpfen können müssen, wenn es notwendig ist.“ Der Chef der dritten
Kompanie der Task Force Kundus, Hauptmann Michael L., nennt die
Mängel „nicht kriegsentscheidend“. Er sagt aber zugleich: „Wir
könnten wesentlich effizienter und schneller ausgerüstet werden.“

   Während bei Handschuhen oder Combat-Shirt auch persönliche
Vorlieben eine Rolle spielen mögen, würden Verbesserungen beim
schweren Gerät mitunter die Kampfkraft der Truppe erhöhen. Fünf
Füchse hat der Hauptmann unter seinem Befehl, außerdem ein Fahrzeug
vom Typ Eagle. Auch fünf Schützenpanzer Marder unterstehen L., von
denen zum Zeitpunkt des Gesprächs im Unruhedistrikt Char Darah aber
nur drei fahrbereit sind. Die Marder, die sich im Gefecht gegen die
Taliban bewährt haben, „fallen ständig altersbedingt aus, weil die
Ersatzteillieferung schwierig ist“, sagt L.

   Vor allem aber verfügt der Kompaniechef über 17 Panzerfahrzeuge
vom Typ Dingo – und auch bei denen gibt es Verbesserungspotenzial.
Anders als beim Fuchs lenkt der Schütze im Dingo die Bordwaffe nicht
vom Dach, sondern vom Passagierraum aus. Der Soldat muss an zwei
Kurbeln drehen, um die Kanone horizontal und vertikal zu bewegen. Das
dauert – bei einem Angriff während der Fahrt ist es kaum möglich,
gezielt auf den Gegner zu schießen.

   Außerdem muss sich der Schütze, der das Ziel über eine Art
Teleskop ins Visier nimmt, mit der Kanone drehen. Wenn er im letzten
Fahrzeug eines Konvois nach hinten sichern soll, kniet er entgegen
der Fahrtrichtung auf seinem Sitz – und verstößt gegen die
Vorschrift, angeschnallt zu sein.

   Eine Alternative zur Kurbellafette gäbe es: Ein fernbedienbares
Waffensystem, mit dem der Schütze die Kanone von seinem Sitz aus mit
einer Art Joystick steuert und das Ziel auf einem Monitor erfasst.
Die Dingos werden schrittweise damit nachgerüstet. Ausgerechnet die
Dingos der dritten Kompanie, deren Soldaten im wahrsten Sinn des
Wortes an vorderster Front stehen, haben es aber noch nicht.

   Der Vorteil an dem fernbedienbaren System ist zudem, dass es mit
einem Nachtsichtgerät ausgestattet ist. Die Soldaten in Char Darah
haben selber Nachtsichtgeräte an ihre Dingos gebastelt – auch das ist
nicht erlaubt. Sie haben an der Bordwaffe eine Metallschiene und
daran wiederum eine Wärmebildkamera befestigt, die sich mit der
Kanone dreht. Die Kamera haben sie über Kabel mit dem Monitor eines
tragbaren DVD-Players verbunden, den sie auf dem Markt gekauft haben.
„Sowas wird geduldet, bis etwas passiert“, sagt ein Offizier.

   Was die Dingos nun bekommen sollen, ist ein so genannter Jammer.
Er stört Funksignale und verhindert damit, dass die Taliban
Sprengsätze fernzünden können. Das Problem: Die Pläne der Bundeswehr
sehen vor, dass die Jammer-Geräte im Passagierraum untergebracht
werden. Damit fällt ein Sitz weg, nur noch fünf Soldaten haben in dem
Fahrzeug Platz, einer weniger als bislang kann dann im Gefecht
kämpfen. Die deutschen Soldaten fragen sich, warum man es nicht macht
wie die Belgier: Deren Dingos haben weiterhin sechs Plätze, weil die
Geräte im Kofferraum stehen. Ein Soldat meint: „Manches könnte
einfacher sein, wenn man auf uns hören würde.“

   Das gilt auch bei der Drohne Heron, die L.s Männer anfordern
können, um die Gegend aus der Luft zu überwachen. Andere Armeen haben
das unbemannte Flugzeug mit einer Hellfire-Rakete bestellt, die
Bundeswehr nicht. Die Heron der Deutschen kann feindliche Ziele zwar
aufklären, aber nicht bekämpfen – dafür müssen dann zusätzlich ein
Jet oder ein Hubschrauber angefordert werden. Die Drohne ohne Waffen
zu beschaffen sei eine „Schwachsinnsentscheidung“ gewesen, sagt ein
Offizier. Das sei geschehen, „weil immer noch Leute propagieren, wir
bauen hier Kindergärten – statt einzusehen, dass wir im Krieg sind“.

 


1 Lesermeinung

  1. perfekt!57 sagt:

    Alles genau richtig. Wird z.B....
    Alles genau richtig. Wird z.B. auf jeder Hochschule für strat. Unternehmensführung so gelehrt, dass es immer die Signale „von unten“ sind, auf die die verantwortliche Führung hört und auf die sie reagiert.
    .
    Dort wird aber auch gelehrt, dass von 10 Unternehmen in sich verändernden Märkten (und der „Verteidigungsmarkt“ verändert sich rapide) nur 2 bis 3 das relativ erfolgreich hinkriegen: Die anderen scheiden durch Pleite aus und werden ersetzt (IBM war vor Microsoft das beherrschende Unternehmen an ungefähr derselben Stelle, MS war aber global ebem doch nötig, wie bekannt, die Bedürfnisse von Menschen und Märkten zu erfüllen, „von der überwiegend reien Maschine zum reinen Intellekt (Software only)“ zu kommen – eigentlich hätte Microsoft innerhalb und als Teil von IBM gegründet gehört, durch einen einsichtsvollen IBM-Vorstand eben, aber das war nicht möglich, weil das Leben oft nicht so ist: vorhanden Vorstände großer Einheiten müssen anteilig dazu anscheiend eben auch zu dumm sein, und deshalb leben wir so, wie wir leben … )
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    Die logische Konsequenz wäre „ein Markt für Bundeswehren“, mind. 4 – 5 Stück sollten es sein, die sich sehr wohl gegenseitig kanibalisieren dürften („die Übertragung der Ludwig-Ehrhard-Stiftung für Soziale Marktwirtschaft auf den Verteidigungsbereich mit“, sozusagen — wobei „Kanibalisierung“ für Alte u. u. bloß negativ klingt, ist aber sehr wichtig, wie bekannt: Nur so, im Wettbewerb, werden die richtigen, wirklich besseren Lösungen gefunden).
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    Da das aber undenkbar ist, muss es aber wohl mit Reformen innerhalb der einen Bundeswehr weitergehen: Aber auch da helfen natürlich alle denkbaren und möglichen Tools der Profis: https://www.imd.org/ – unter politischer und militärischer Führung, die solches Wissen von klein auf (mit) verinnerlicht hat, wird es wohl zukünftig (kaum besser) zu machen sein.
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    MBA plus Exucutive MBA are adamant. https://www.imd.org/programs/emba/interactive_program_content/#/ Und wer zu dumm dafür wäre, wäre es eben: da braucht es im Grunde nicht viel von für auf die BW zugeschnitten: Wer erfolgr. eine EMBA macht, muss sowieso alle Branchen an allen Standorten und in allen Kulturen, die weltweit möglich sind a. auseinanderhalten können, und b. bei Bedarf miteinander erfolgreich verschmelzen und führen können.
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    Weniger, viel weniger BW, aber viel besser, täte wohl auch weiter Not, tatsächlich.
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    Nachtrag: Jeder Markenartilker weiß heute, dass keine Stab, keine Planungsbehörde – und hätte sie alle Erfahrung der Welt, auf Basis von Vergangenheit (welches ist Erfahrung) die zukünftigen Bedürfnisse (hier: wohl eben auch einer Truppe) richtig planen kann. Jeder Markenartikler setzt daher mind. 10 Produktideen um und testet sie im Markt (hier: an der Front), und max. 2 setzten sich als richtig und erfolgreich durch (s. o.) durch, können behalten werden.
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    Und eben weil das so ist, sind wir für das Primat der Politik: Noch besser sind Ausgleich und Frieden – durch Gespräch (& Nähe).
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    Jeder Markenartilker weiß heute, dass keine Stab, keine Planungsbehörde – und hätte sie alle Erfahrung der Welt, auf Basis von Vergangenheit, welches ist Erfahrung, die zukünftigen Bedürfnisse, wohl eben auch einer Truppe, richtig planen kann. Und wenn das nicht hier im Blog durch den Autor ganz oben genau so steht, dann wissen wir auch nicht.
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    Nachtrag: Und das alles natürlich nicht so ganz was Neues. Hitler hatte – auf Basis seiner praktischen Erfahrung in WK I, die Soldaten ganz bewußt ohne Winterkleidung gen Osten geschickt: Die wären A. Ballast gewesen, B. Kosten, und C. hinderlich: Wenn 3 Millionen Deutsche Soldaten ohne Winterkleidung gen Osten geschickt werden, dann kalkuliert die Führung möglicherweise zu Recht darauf, dass sie sich „kreativ helfen“ – Ersatz finden , oder eines zu eins 3 Millionen Gegner töten und sich so Kleidung erbeuten, es ei erwähnt.
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    Von daher sind unterrichtete Zivilsiten in dem Punkte eben auch immer zu Recht misstrauisch: Die aktive Teilnahme an Konflikten kann eben auch eine geschickt getarnte Variante sein von „wir finden so schnell und billig „durch von unten“ heraus, was der Soldat heute braucht, unter Umgehung von Rüstungsindustrien“.
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    Und die USA machen heute, wie bekannt und offen sichtlich, erfolgreich alles, und alles gleichzeitig: „Von oben“ planen – und „von unten hoch-entwickeln lassen“, unter „wechselseitiger Kannibaliserung von Möglichkeiten“. Thats the piont.
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    Und da gibt es „Dummpfbacken“, die behaupten, „wenn die Diskussion erst einmal bei „Hitler“ angelangt ist, dann ist sie eigentlich zu Ende“. Falsch, ganz falch. Oder nur für Genannte geltend: Verantwortliche Deutsche Politik fängt auch weiterhin unbedingt bei Hitler an: Nur da hat sie auch weiterhin verantwortlich und reflektiert ihren Anfang. Das ist nämlich so.
    .
    Hitler sagte u. a. – und wie auch bekannt: „Ich höre immer erst 5 nach 12 auf“. Und handelte so. Und diese eben auch im Deutschen Menschen liegende Möglichkeit gilt es auch weiterhin verantwortlich nicht aus den Augen zu verlieren. (Andere vergessen das sowieso nie: Zu Recht).
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    Unbedingt deshalb will auch „kannibalisieren von Möglichkeiten“ mit Einsicht und Verantwortung und Verstand gemacht sein. Eben, damit klar ist: Das hört auch weiterhin 5 vor 12 auf. Und dann kommt Politik.

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