Zur Sicherheit

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Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Haubitzenfeuer auf Mörserstellungen

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Seit vergangenen Sonntag führen die Isaf und afghanische Sicherheitskräfte bei Kundus eine Operation namens "Blitz" ("Halmazag" - nach einer...

Seit vergangenen Sonntag führen die Isaf und afghanische Sicherheitskräfte bei Kundus eine Operation namens „Blitz“ („Halmazag“ – nach einer anderen Übersetzung angeblich auch „Jagdhund“). Es handelt sich offensichtlich darum, die Taliban aus dem Distrikt Chardara nach und nach herauszudrängen, um den Raum dauerhaft zu halten. 480 Soldaten von Isaf (US und Bundeswehr) sowie afghanischer Armee sind beteiligt, davon etwa 150 deutsche Infateriekräfte, Panzergrenadiere, Aufklärer, Pioniere. Die Gefechte sind dem Vernehmen nach intensiv: Der Gegner setzt Handfeuerwaffen, RPG sowie auch Mörser ein, die Isaf neben ihren Handfeuerwaffen die Bordwaffen der Schützenpanzer Marder, Panzerhaubitze 2000 mit Leucht- und Sprengmunition, Luftnahunterstützung mit F-15 Kampfflugzeugen. Doch ist auch zu hören, dass es sich um etwas ganz anderes handle als zum Beispiel am Karfreitag. Damals bestimmte der Gegner Ort und Zeit des Gefechts aus vorbereiteten Stellungen. Jetzt liege die Initiative „bei uns“.

Die Bundeswehr hat über die Operation Mitteilung gemacht, auch was drei leicht verwundete deutsche Soldaten betrifft. Verluste auf Isaf-Seite hat es offenbar bislang nicht gegeben. Über Tote auf Seiten der Aufständischen gibt es nach offizieller Mitteilung keine Erkenntnisse. Anders klingt das in internen Mitteilungen. (Inzwischen veröffentlichte Mitteilung.) Demnach gibt es gesicherte Kenntnis über mindestens acht getötete Aufständische. Die afghanische Polizei spricht nach einer dpa-Meldung von fünfzehn toten Taliban.

Am Sonntag kam wurden die Soldaten des deutschen Ausbildungs- und Schutzbataillons schon beim Aufmarsch mit Gewehrfeuer und Panzerfäusten angegriffen. Ein amerikanisches eingesetztes Route Clearance Package und zwei Schützenpanzer Marder wurden mit Sprengladungen angegriffen. Dabei wurden zwei deutsche Soldaten leicht verwundet, sie konnten aber nach kurzer Versorgung ihren Auftrag wieder aufnehmen. Ob die Schützenpanzer in Kundus wieder instandgesetzt werden können, wird derzeit geprüft. Angesichts der zwar gestiegenen, aber immer noch überschaubaren Gesamtzahl von 20 wäre der Ausfall von zwei Mardern spürbar.

Bei der Ortschaft Qatilam, wo ein Außenposten errichtet werden soll, gab es dann weitere Feuergefechte – einschließlich Artillerieunterstützung durch die Bundeswehr. Dabei sollen nach gesicherter deutscher Aufklärung mindestens zwei Aufständische getötet worden sein. Allerdings ist die Gefechtsfeldaufklärung wegen der fortdauernden intensiven Schießerei nur eingeschränkt möglich – das galt auch für die folgenden Tage. Im wesentlichen konnten die Luftbilder der Drohne KZO genutzt werden. Möglicherweise gab es zusätzliche Quellen der Feldnachrichtenkräfte. Auch nachts schoss die Artillerie immer wieder, allerdings nicht scharf, sondern Leuchtmunition. Dabei dürfte es nicht vorwiegend um Gefechtsfeldbeleuchtung gehen, sondern darum, Druck auf den Gegner auszuüben.

Am Montag griffen die Aufständischen dann an, auch mit Steilfeuer durch Mörser. Auf deren Stellungen feuerte wiederum die Panzerhaubitze. Außerdem wurde Luftunterstützung durch amerikansiche F-15 mit mehreren Bombenabwürfen eingesetzt. Über einen getöteten Aufständischen am Montag gibt es gesicherte Kenntnis. Show of Force – also drohende Tiefflüge – wurde nachts eingesetzt; offenbar zu demselben Zweck wie die Leuchtmunition. 

 Parallel fand ein sogenanntes Key Leader Engagement in Qatilam statt, auf deutsch ein Treffen mit Dorfältesten. Dabei wurde gefragt, ob es Tote oder Schäden in der Zivilbevölkerung gegeben habe; das wurde laut Bundeswehr verneint. Weitere Treffen mit  lokalen Führern der benachbarten Ortschaften gab es am Dienstag, abgesichert durch afghanische und Isaf-Soldaten. Dabei griffen Aufständische wieder mit Handwaffen, Panzerabwehrhandwaffen und Mörsern an. Sie wurden mit Unterstützung von Artillerie und Luftangriffen bekämpft. Dabei sollen fünf Aufständische getötet. Auch am Mittwoch und Donnerstag gab es Feuergefechte, ohne dass auf Isaf-Seite Verluste zu verzeichnen waren.

Nachtrag: Minister zu Guttenberg hat erwartungsgemäß auf der Rückreise aus der Mongolei das Einsatzland besucht und sich auch ins Kampfgebiet in Chardara fliegen lassen:

   Char Darah (dpa) – Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg hat den gefährlichsten Distrikt im nordafghanischen
Einsatzgebiet der Bundeswehr besucht. Der Minister traf am Donnerstag
bei den deutschen Soldaten in Char Darah ein, die sich dort seit
Sonntag Gefechte mit den Taliban liefern. „Die Motivation ist einmal
mehr, dass man die Sicherheitslage nicht nur vom Schreibtisch
beurteilt, sondern sich selbst ein Bild macht“, sagte er.

   Guttenberg wurde mit US-Kampfhubschraubern in das Konfliktgebiet
in der Provinz Kundus geflogen. In Char Darah waren am Karfreitag
drei deutsche Soldaten in einem Taliban-Hinterhalt getötet worden.
Zuvor hatte sich Guttenberg im nordafghanischen Meimane vorsichtig
optimistisch über die Lage im Land geäußert. „In Teilen Afghanistans
gibt es schon Trendwenden“, sagte der Minister. Guttenbergs Besuch
war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden.

Zweiter Nachtrag: Ein Bericht des dpa-Kollegen Michael Fischer, der Guttenberg begleitet hat:

Guttenberg auf dem „Feldherrenhügel“
Von Michael Fischer, dpa
(Mit Bild) =

Alle zwei Monate wollte Guttenberg die Truppe in Afghanistan
besuchen, er hat sein Versprechen gehalten: Diesmal trifft er
deutsche Soldaten im Kriegsgebiet – seine bislang gefährlichste
Reise. Die Leibwächter des Ministers sind nervös.

   Kundus (dpa) – Es fällt kein Schuss und keine Mörsergranate
fliegt. Es ist ruhig auf der sogenannten Westplatte von Kundus, als
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg dort eintrifft. Nur
die Motoren der Hubschrauber dröhnen. Das ist hier nicht immer so. In
den letzten vier Tagen tobten heftige Kämpfe zwischen deutschen,
belgischen und afghanischen Soldaten auf der einen und den Taliban
auf der anderen Seite unten im Tal von Char Darah.

   Zehn Aufständische wurden dabei getötet, drei deutsche Soldaten
verletzt. „Die haben uns von allen Seiten angegriffen“, sagt ein
Soldat, der dabei war. Das schwerste Geschütz der Bundeswehr, die
Panzerhaubitze 2000, feuerte mehrfach mit Sprengmunition, Stellungen
der Taliban wurden aus der Luft bombardiert.

   Jetzt steht Guttenberg auf der Anhöhe, die die Soldaten hier
„Feldherrenhügel“ nennen, und blickt in das friedlich anmutende Tal.
„Das ist immer so ein trügerischer Blick, den man ins Grüne wirft“,
sagt er. „Man guckt da runter und denkt: heile Welt – von wegen.“ Der
38-Jährige ist auf seiner eindeutig gefährlichsten Dienstreise.

   Bei seinem letzten Afghanistanbesuch war er zwar bereits im
Kampfgebiet, ein Stück weiter südlich, in der Provinz Baghlan. Das
war aber eine andere Dimension. Die Splitterschutzweste zieht
Guttenberg in Char Darah nicht aus. In Baghlan war er auf einem
„Obervation Post“ (Beobachtungsposten), jetzt ist Guttenberg auf
einem „Combat Outpost“, einem Gefechtsposten.

   Char Darah gilt als der gefährlichste Distrikt im Einsatzgebiet
der Bundeswehr in Nordafghanistan. Hier wurden bei dem von der
Bundeswehr initiierten Luftangriff auf zwei von den Taliban entführte
Tanklastwagen im September 2009 mehr als 100 Menschen getötet oder
verletzt – viele davon Zivilisten. Hier geriet eine
Bundeswehrpatrouille am Karfreitag in einen Hinterhalt der Taliban.
Drei deutsche Soldaten überlebten die stundenlange Kämpfe nicht.

   Vom Kommandeur der sogenannten „Task Force Kundus“ lässt sich der
Minister auf einer handgemalten Karte die Operation „Almasak“
erklären. Auf Deutsch heißt das „Blitz“.  „Das ist ein Kriegsgebiet“,
sagt Oberstleutnant Christian von Blumröder. Er ist der Kommandeur
der Task Force Kundus, die im Sprachgebrauch in Deutschland
Ausbildungs- und Schutzbataillon heißt. Inzwischen ist der Ort
Katliam, um den es bei der Operation geht, gesichert. „Wir hoffen,
dass es so ruhig bleibt, wie es ist“, sagt Blumröder.

   Der Oberstleutnant hat sein afghanisches Pendant zu dem
Ministertermin mitgebracht. Die beiden befehligen zusammen eine 700
Mann starke Truppe. Sie stehen für die neue Afghanistan-Strategie:
die Ausbildung der afghanischen Armee auch im Einsatz, im Gefecht.
Seit August setzt die Bundeswehr das sogenannte Partnering um, das
irgendwann einmal zur Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die
Afghanen führen soll. „Der Schlüssel zum Erfolg ist die
Gemeinsamkeit“, sagt Guttenberg.

   Mehrere Scharfschützen sind auf der Anhöhe postiert, ein
Schützenpanzer Marder zielt ins Tal. Ein 200 Meter entferntes Dorf
ist mit Panzerfahrzeugen abgeriegelt. Die Sicherheitsvorkehrungen
sind extrem, Guttenbergs Leibwächter nervöser als beim letzten Besuch
im Kampfgebiet. Die Soldaten sind deutlich lockerer. Zu einem springt
Guttenberg auf den Panzer. „Meldung im neuen Lebensalter, Herr
Minister“, sagt der Soldat. Es ist sein Geburtstag.

   Guttenberg spricht den Soldaten Mut zu. Der Minister ist aber auch
hier, um keine politischen Entscheidungen vom „grünen Tisch“ in
Berlin zu treffen. Schon nächsten Monat will er einen
Fortschrittsbericht über den Afghanistan-Einsatz vorlegen, im Januar
soll der Bundestag über die Verlängerung um weitere zwölf Monate
entscheiden. „Da muss man auch vor Ort gewesen sein. Da reicht der
heimische Schreibtisch sicher nicht aus“, sagt er.

   Guttenberg hat sich vorgenommen, die Truppe alle zwei Monate zu
besuchen. Jetzt ist er ein Jahr im Amt und zum sechsten Mal am
Hindukusch. Er hat sein Versprechen eingehalten. Diesmal hat er einen
Wahnsinnstrip auf sich genommen, um den Abstecher zum Abschluss
seiner Asien-Reise zu ermöglichen. Sein Reiseprotokoll umfasste 25
Stunden. Um sechs Uhr morgens startete er im mongolischen Ulan Bator,
auf dem Plan standen 12 Stunden im Flugzeug, fünf Stunden in
deutschen und amerikanischen Hubschraubern und insgesamt sieben
Zwischenstopps in Nordafghanistan und Usbekistan. Gegen Mitternacht
deutscher Zeit wollte er laut Planung wieder zu Hause sein.

 Und hier noch die afghanische Variante:

KABUL (PAN): Dozens of Taliban militants were killed and more than 100 surrendered to security forces in northern Afghanistan over the past two months, an official said on Thursday. General Daud Daud, commander of the 303rd Pamir Police Headquarters, said more than 100 Taliban, including their commanders, had joined the peace process as a result of efforts by the High Peace Council and counterinsurgency operations. He told a press conference in Kabul the surrendering fighters were Afghan nationals and those killed in operations were Al Qaeda members and foreigners, mostly from Middle Eastern countries. The general said a joint operation involving Afghan soldiers, police and International Security Assistance Forces (ISAF) personnel was successfully underway in the north. The offensive would continue until all northern provinces were cleared of militants, he assured. The provinces where the operation is ongoing include Takhar, Kunduz, Sar-i-Pul, Faryab and Baghlan. Gen. Duad claimed many areas and highways had been cleared of militants during the operation, which resulted in a 30 percent decrease in rebel attacks.


11 Lesermeinungen

  1. KU sagt:

    @ LOsmers

    Durch diesen Post...
    @ LOsmers
    Durch diesen Post wirken Sie so unfassbar intelligent, wahnsinn!
    Wie gekonnt sie den Begriff Terminus einsetzen, es ist ein wahrer Genuss!
    Ihren Kommentaren nach zu urteilen, scheinen Sie eine recht verquere Meinung, begründet auf einige wild durcheinandergewürfelte Informationsfetzen, zu vertreten.
    Das kopieren von Zitaten und Einfügen einiger eher gestelzt wirkender Fremdworte macht noch keinen Interlektuellen.

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