Vom Sommer dieses Jahres will die Bundeswehr sich in Nordafghanistan noch etwas robuster aufstellen. Ein Zug des Jägerbataillons 292 (Donaueschingen) solle „ab Mitte dieses Jahres“ mit dem neuen „Mutterschiff der Infanterie“, dem Gepanzerten Transportfahrzeug Boxer, eingesetzt werden, meldet das Heer. Bewaffnet mit schwerem Maschinengewehr oder der 40-Millimeter-Granatmaschinenwaffe wird der Boxer zweifellos die Durchschlagkräftigkeit der Task Force (auf Bundeswehrdeutsch: Ausbildungs- und Schutzbataillon) erhöhen, denn die alten Fuchs-Transportpanzer haben nur das herkömmliche Maschinengewehr.
Außerdem verspricht der Boxer ein neues, erhöhtes Schutzniveau. Das sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kern des neuen Vorgehens darin besteht, dass die Soldaten sich mehr exponieren und mithin verletzlicher machen. Nur so konnten die Erfolge bei Kundus und in Baghlan erreicht werden, wo die Isaf-Truppen die Initiative wiedergewonnen haben nicht mehr (zumindest nicht mehr überall) auf „Indianerland“ bewegen. Auch das Partnering mit den afghanischen Sicherheitskräften birgt Risiken – dass diese Gefährdung nicht nur abstrakt ist, hat der Anschlag vom 18. Februar auf dem Außenposten OP North gezeigt. Und: Neue Gefechtsfahrzeuge scheinen das feindliche Feuer geradezu auf sich zu ziehen.
Was damals am 18. Februar etwas unterging: Am selben Tag fand ein Feuergefecht acht Kilometer nordwestlich von Kundus statt, wo eine deutsche Patrouille des Ausbildungs- und Schutzbataillons Kunduz bei Dunkelheit (gegen 21:15 Uhr) mit Handfeuerwaffen und Panzerabwehrhandwaffen beschossen wurde. Ein Schützenpanzer Marder wurde durch einen Treffer von einer Panzerabwehrhandwaffe in Brand geschossen und fiel aus. Vier deutsche Soldaten wurden verwundet, wie das Einsatzführungskommando meldete. Soweit wir sehen, ist das das erste Mal, dass ein Marder durch eine Panzerfaust in Brand geschossen wurde – bislang gab es schon mal Fahrwerkausfall nach IED-Anschlag. Dazu stellen sich ein paar Fragen: Verfügen die Aufständischen über wirkungsstärkere Panzerabwehrwaffen als bisher? Wie konnten sie bei Nacht treffen? War das ein (Un-)Glücksschuss oder zeigt sich eine qualitätive Entwicklung beim Gegner?
Nun scheinen ja wenigstens Sie...
Nun scheinen ja wenigstens Sie zu einer Art sachlichen Berichterstattung zurück gekehrt zu sein. Was macht jetzt wohl die Kollegenschar, die bisher mit Guttenberg-Bashing beschäftigt war ? Ach so, jetzt ist ja Carneval, na dann !
Aber halt, der Maiziere hat den Staatssekretär entlassen, unglaublicher Vorgang, solch einen verdienten Mann, und zum Anhören desselben war ja wohl noch keine Zeit. Hoffentlich ist das alles Wort für Wort vor mehreren Zeugen dokumentiert, damit der nächste Untersuchungsausschuß was zu lesen hat. Und jetzt hat er auch natürlich einen, bei dem er alle Fehler der BW-Reform abladen kann.
Hei, FAZ-Redaktion, weg mit den Kamellen und auf ihn mit Gebrüll.
Gutteberg? Der zitierte...
Gutteberg? Der zitierte allenfalls falsch, der begann nicht gleich bei der Geburt zu lügen, wie das die Natur vom Weibsvolk ist.
https://image-upload.de/image/qQ0U2t/297004a656.jpg
@@
Das eigentlich interessante...
@@
Das eigentlich interessante Frage wäre doch weniger die „reformierte“ Bewaffnung der Truppe, natürlich das Bessere ist immer der Feind des Guten, sondern wie funktioniert eigentlich die Logistik des Gegners? Nach so vielen Jahren des Einsatzes der allied forces-ISAF- müßten doch im Zusammenarbeit mit den afghanischen Kräften
die Versorgungskanäle endlich ausgetrocknet sein. Wer liefert im Hintergrund nach?
Hier muß doch ein massives Interesse vorliegen mit den nötigen finanziellen Ressoourcen ausgestattet sein . Ohne die USA, zeitweilig, oder die später der UdSSR im Rücken, hätte Mao tse Tung den Guerillakrieg gegen die Japaner und dann gegen die Kuomintag des Tschiang kai Chek auf die Dauer nicht durch-stehen können.
..
Böhmenfürst@: Die Krise, in der die BW hängt, ist mit dem Rücktritt des bisherigen Vtg-Min. nicht gelöst, auch nicht mit dem Schnellschuß aus der Hüfte, der Ablösung des Staatssekr. Otremba. Der tiefere Grund lässt sich mit Revirements und Rücktritten nicht beseitigen. Dieser hängt ursächlich mit der ungeheuren Staatsschuld zusammen, die alle, ich „betone“ alle Regierungen der letzten Jahrzehnte kumulieren liessen. Aber das ist ein anderes Kapitel. Insofern wird die Lösung des komplexen Problems nicht einfacher durch diese Erkenntnis (sofern sie zutreffen sollte).
@ Plindos:
Ihre Frage nach...
@ Plindos:
Ihre Frage nach der Logistik des Gegners ist in der Tat eine der Schlüsselfragen. Wieso gelingt es nach fast zehnjähriger Kriegsdauer nicht, die Versorgung der Taliban mit Waffen, Munition und den Sprengstoff für ihre IED’s (Improvised Explosive Devices) zu unterbinden? Wie gleichen die Taliban ihre personellen Verluste wieder aus?
Festzustellen ist zunächst, daß ungeachtet aller Anstrengungen von USA und ISAF die sicherheitspolitische Lage in Afghanistan sich seit 2003/2004 kontinuierlich und z.T. dramatisch verschlechtert hat, wenn man die Entwicklung der Zahl der Sprengstoffanschläge und der Feuergefechte als auch ihre regionale Verteilung zugrunde legt, die aufgrund der Veröffentlichungen von Wikileaks relativ genau bekannt sind
Eine Untersuchung der Basisfaktoren von Zeit, Raum, Zeit und Kräften erklärt die Gründe für diese Entwicklung. Nützlich ist zunächst der Blick auf einen vergleichbaren Konflikt, Frankreichs Krieg gegen die Aufständischen in Algerien (1954-1962), wo ähnliche Bedingungen herrschten wie in Afghanistan. Es kam darauf an, die Aufständischen zu besiegen und die mit Frankreich kooperierende Bevölkerung vor deren Rache zu beschützen. Das gelang auf die Dauer nicht, trotz eines Kräfteeinsatzes von 400 000 französischen Soldaten, verstärkt durch 200 000 Algerier.
Um in Afghanistan nicht nur die großen Städte, sondern auch die Fläche zu kontrollieren, die Bevölkerung wirksam zu schützen und die wichtigsten Nachschubwege zu kontrollieren, brauchte man unter den Bedingungen eines Guerilla-Krieges und unter Berücksichtigung der Größe Afghanistans , seiner Geographie und seiner Infrastruktur etwa die doppelte Truppenstärke wie in Algerien. (Vgl. dazu Hartmut Eisenhans in „Was uns Algerien lehrt“ in WeltTrends, Zeitschrift für Internationale Politik Nr.75, November/Dezember 2010, S. 41). Die Zuführung von Boxern, Mardern oder selbst Leoparden kann die Situation vor Ort punktuell etwas verbessern. Für die Gesamtlage ist das aber bedeutungslos. Die Tatsache, daß im September 2009 in Sichtweite des Feldlagers in Kundus von den Taliban zwei Tanklaster gekapert wurden und der Kommandeur vor Ort als einziges Gegenmittel auf einen Jagdbomber-Einsatz zurückgriff, spricht Bände, wie auch der von Löwenstein erwähnte Angriff am 18.2. auf eine Marderpatrouille 8 km von Kundus entfernt.
Festzuhalten ist: der Nachschub für die Taliban ist kaum wirksam zu behindern, während umgekehrt der Nachschub für die ISAF nur deswegen einigermaßen funktioniert, weil sich angrenzende Stämme den „Schutz“ der Verbindungswege von den USA bezahlen läßt. Auch die finanzielle Unterstützung Pakistans in Milliardenhöhe kann man zu diesen „logistischen“ Kosten rechnen.
.
Benötigt werden rund 100 000 t im Monat; Lufttransport trägt mit ca. 20 000 t dazu beio. Der Rest muß mit LKW/Tanklastern herbeigeschaft werden. AFG ist ein logistischer Alptraum: Kein Seehafen, keine Binnenschiffahrt, keine Eisenbahn, ein unzureichedes Straßennetz, schwieriges gebirgiges Gelände, vor allem im Winter, wenige für Großraumtransporter nutzbare Flughäfen.
Soviel zu den in einer zunächst nur militärischen Lagebeurteilung zu berücksichtigenden Basisfaktoren RAUM und KRÄFTE.
Auch der Faktor ZEIT und die Dauer des Konflikts wirken sich nicht zugunsten der ISAF aus.
Die Taliban sind im Vorteil. Sie denken in anderen Zeiträumen als der Westen. Die Errichtung eines Weltkalifats, von dem sie träumen, ist ein Jahrhhundertprojekt.. Das wissen die Taliban. Sie haben Zeit. Sie können in Ruhe abwarten. Solange sie die starke Volksgruppe der Pashtunen hinter sich haben, brauchen sie auch einen Aufstand der Bevölkerung nicht zu befürchten.
Genau umgekehrt ist es für USA und ISAF. Sie stehen unter dem Druck der öffentlichen Meinung in ihren Ländern und einem sich angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage verschärfendem Kostendruck.: je länger der Konflikt dauert, je größer die Kosten und je bescheidener die dabei erzielten Fortschritte sind, um so mehr schwindet bei den eigenen Bevölkerungen die Unterstützung des Engagements in Afghanistan. Wie lange halten demokratisch gewählte Regierungen das aus? Die inzwischen genannten Zahlen für den Beginn der Verringerung der Truppenpräsenz (2011) und die Übertragung der Verantwortung für die Sicherheit an die Afghanen (2014) sprechen eine deutliche Sprache, auch wenn erkennbar Präsident Obama den Schwerpunkt auf den Abzug im Jahre 2014 legt, während seine Generäle betonen, daß es sich nur um den Beginn des Abzuges handelt.
.
Alles spricht zur Zeit dafür, daß die Opportunitätskosten dieses Krieges noch gar nicht berücksichtigt sind. Eigentlich hätten die Europäer allen Grund, sich um den Konflikt in Libyen zu kümmern. Aber einstweilen müssen wir den Ereignissen dort fast hilflos zusehen, weil unsere Kräfte und Mittel in Afghanistan und anderswo gebunden sind. Speziell in Deutschland wurde sogar die Berichterstattung über die epochalen Veränderungen im „islamischen Krisengürtel“ vor unserer Haustür durch die Diskussion über zu Guttenberg fast völlig verdrängt.
.
Der „Parlamentsarmee“ Bundeswehr mangelt es offensichtlich an Abgeordneten, die die zivile Kontrolle der Streitkräfte nicht so weit treiben, daß das strategische Denken in den Streitkräften verkümmert, von Auftragstaktik ganz zu schweigen. Wenn die Tätigkeit als Fraktionsvorsitzender im Bundestag ausreicht als Qualifikation für den Posten des Verteidigungsministers („kennt sich als Fraktionsvorsitzender in allen politischen Fragen aus“), dann darf man an die Qualität der Sicherheits- und Verteidigungspolitik keine allzu großem Ansprüche stellen.
Sorry, Plindos, wenn die Antwort etwas zu ausführlich geraten ist. Aber die Zuführung des einen oder anderen gepanzerten Fahrzeuges ist bestenfalls ein herumkurieren an lokalen Symptomen. Ihre Frage zielte auf den Kern. Indessen ist Afghanistan „ein weites Feld“ (Fontane in Effi Briest).
Falls Sie – oder sonst jemand – Interesse an einem Vortrag zu dem Thema „Afghanistan – ein sinnloser Krieg?“ haben(einige der obigen Gedanken sind sozusagen ein Eigenplagiat) , kann ihn bei mir anfordern: hupbonn@aol.com
Ziemlich kurzfristige...
Ziemlich kurzfristige Perspektive. Angenommen, unsere Schutzmacht kann sich die Weltmacht nicht mehr leisten, was dann?
.
Ich denke, in Bejing stellt man diese Überlegung auch an. So wie es aussieht (Währung / Aufrüstung) hat man dort, im Gegensatz zu Europa und zur Berliner Republik, auch schin Vorstellungen, wie es dann weiter gehen könnte.
.
Vor Jahren schon soll ein Afghane geäußert haben, Wenn ihr die Amerikaner verjagt, werden ihr die Chinesen im Land haben.
@ Attila Schmelzle: Eine ganze...
@ Attila Schmelzle: Eine ganze Menge Afghanen würden auf diese Art von „Schutz“ vermutlich gern verzichten. Siehe den folgenden Artikel aus der NY Times vom 2. März Und was heißt „angenommen“? Die USA können sich ihre wahnwitzigen Ausgaben für die Rüstung heute schon nicht mehr leisten. Die Bürger der USA könnten einem leid tun. Leider sind in Zeiten der Globalisierung auch die Europäer – wie schon beim Untergang von Lehmann Brothers – vom nächsten Crash betroffen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des Buches von US Nobelpreis-träger Stiglitz „Free Fall“.
Betroffen sind wir im übrigen auch von der Art und Weise, wie die USA Krieg führen. Es entbehrt nicht der Pikanterie, daß aus der Meldung nicht hervorgeht, wer die tödlichen Schüsse aus dem Hubschrauber abgegeben hat. Es heißt nur sybillinisch: „foreign-led troops“ und „NATO helicopter gunners“. Und der Gefreite Manning, der das Video über die Taktik von US-Hubschrauber-Piloten an die Öffentlichkeit brachte, sitzt seit zehn Monaten in Einzelhaft wegen „aiding and abetting the enemy“, also Landesverrat
NEW YORK TIMES
.Nine Afghan Boys Collecting Firewood Killed by NATO HelicoptersBy ALISSA J. RUBIN and SANGAR RAHIMI
Published: March 2, 2011
KABUL, Afghanistan — Nine boys collecting firewood to heat their homes in the eastern Afghanistan mountains were killed by NATO helicopter gunners who mistook them for insurgents, according to a statement on Wednesday by NATO, which apologized for the mistake.
The New York Times
.The boys, who were 9 to 15 years old, were attacked on Tuesday in what amounted to one of the war’s worst cases of mistaken killings by foreign-led forces. The victims included two sets of brothers. A 10th boy survived.
The NATO statement, which included an unusual personal apology by the commander of the NATO forces in Afghanistan, Gen. David H. Petraeus, said the boys had been misidentified as the attackers of a NATO base earlier in the day. News of the attack enraged Afghans and led to an anti-American demonstration on Wednesday in the village of Nanglam, where the boys were from. The only survivor, Hemad, 11, said his mother had told him to go out with other boys to collect firewood because “the weather is very cold now.”
“We were almost done collecting the wood when suddenly we saw the helicopters come,” said Hemad, who, like many Afghans, has only one name. “There were two of them. The helicopters hovered over us, scanned us and we saw a green flash from the helicopters. Then they flew back high up, and in a second round they hovered over us and started shooting. They fired a rocket which landed on a tree. The tree branches fell over me and shrapnel hit my right hand and my side.”
The tree, Hemad said, saved his life by covering him so that he could not be seen by the helicopters, which, he said, “shot the boys one after another.”
General Petraeus pledged to investigate the attack and to take disciplinary action if appropriate.
“We are deeply sorry for this tragedy and apologize to the members of the Afghan government, the people of Afghanistan and, most importantly, the surviving family members of those killed by our actions,” he said. “These deaths should have never happened.”
It was the third instance in two weeks in which the Afghan government has accused NATO of killing civilians. NATO strongly disputes one of those reports, but another — the killing of an Afghan Army soldier and his family in Nangarhar Province on Feb. 20 — was also described as an accident.
The attack on the boys occurred high in the mountains outside Nanglam in the Pech Valley of Kunar Province. American troops are preparing to close their bases in the valley in the next several weeks, in part because their presence has vexed the villagers, who would prefer to be left alone. The area is poor, and the only major road was built to service Forward Operating Base Blessing, according to local residents.
A rocket attack on the base on Tuesday led to a helicopter search for the insurgents responsible, the NATO statement said. The base is surrounded by mountains and is the frequent target of Taliban fighters, who shoot down on it from the rocky heights.
The helicopters “returned fire at the assessed point of origin with indirect and aerial fire,” the NATO statement said. “Regrettably there appears to have been an error in the handoff between identifying the location of the insurgents and the attack helicopters that carried out subsequent operations.”
Hallo Herr Löwenstein, wie...
Hallo Herr Löwenstein, wie immer gut informiert und treffsicher, hintergründig halt.
Hinsichtlich des Kommentars von 17:18 Uhr:
„Es gibt keine unantastbaren Moralgesetze, aber es gibt unantastbare Spielregeln.“ Copy and paste, im Original von Hans Kraisheimer!
. . der Kommentar war schon...
. . der Kommentar war schon vom 4. März 2011 . . und so etwas wird freigegeben?
@Plindos: das ist eine gute...
@Plindos: das ist eine gute Frage. Schätzungsweise haben Fraktionen aus den Nachbarländern ein Interesse an den Taliban. Die besser einschätzen zu können wäre schonmal nicht schlecht…
@Attila Schmelzle: im Prinzip...
@Attila Schmelzle: im Prinzip sehe ich das auch so, daß die Arme der Amerikaner sich drastisch verkürzen werden und die Chinesen sich mehr um die Lage vor ihrer Haustür kümmern werden. Allerdings wird das mMn alles in den nächsten Jahrzehnten sehr ruckartig passieren, wobei jederzeit mit einem weiteren Wegbrechen des bisher Bekannten zu rechnen ist. Ich könnte mir aber auch vorstellen, daß es den Chinesen relativ egal ist, was in Afghanistan und Pakistan passiert, so wie sie ja auch keine Eile haben, in Nordkorea irgendetwas zu ändern.