Zur Sicherheit

Zur Sicherheit

Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Skandal!

| 20 Lesermeinungen

Zu dem Tag der offenen Tür in Bad Reichenhall vor zwei Wochen, der auf der parlamentarischen Linken schon als neuer Bundeswehrskandal gebrandmarkt worden...

Zu dem Tag der offenen Tür in Bad Reichenhall vor zwei Wochen, der auf der parlamentarischen Linken schon als neuer Bundeswehrskandal gebrandmarkt worden ist, ein paar Anmerkungen.

1) Waffen sind kein Spielzeug. Es ist daher vernünftig und gut, dass von hoher ministerieller Warte schon vor Jahren die Weisung ergangen worden ist, dass bei Veranstaltungen der Öffentlichkeitsarbeit Waffen und Geräte ausgestellt, aber von Kindern und Jugendlichen unter 18 nicht in die Hand genommen werden dürfen.

2) In diesem Fall, den das Linksnetzwerk „Rabatz“ angeprangert hat, haben Soldaten offensichtlich versucht, dem Rechnung zu tragen, indem sie den jungen Besuchern der Veranstaltung leere Panzerfaust-Abschussvorrichtungen in die Hand gedrückt haben, durch die sie visiert haben. Das ist aber immer noch ein Waffenteil, und das Griffstück in der Hand zu halten ist für ein Kind wahrscheinlich, wie tatsächlich den Auslöser zu betätigen. Eine ungeeignete Maßnahme. (Nachtrag: Andere Bilder, hier bei den Kollegen von der „Welt“, legen nahe, dass an anderen Stationen die besagte Weisung noch deutlicher missachtet worden ist.) Die richtige Konsequenz wäre also: Rüffel, besser machen!

3) Dass da behauptet wird, den Kindern werde beigebracht, ein Dorf zusammenzuschießen, kann nur eine Unterstellung aus Unkenntnis oder Böswilligkeit sein. Denn diese Landschaften sind nicht für Tage der offenen Tür hergestellt, sondern um Soldaten im Entfernungsschätzen zu schulen mit Hilfe der Strichskala in der Optik, und genau so ist die auf den verbreiteten Bildern auch aufgebaut. Von Bundeswehrseite zu hören ist, dass in Reichenhall Wettbewerbe veranstaltet worden sind, wer am besten die Entfernung schätzt. Das ist glaubhaft. Zwischen den Häusern stehen Panzerattrappen, und die Besucher der Station hantieren auf den Fotos mit Ferngläsern und Zieloptiken.

4) Damit entfällt auch der Skandal, dass für die Modellortschaft der Name „Klein-Mitrovica“ erfunden worden ist. Mitrovica ist im wirklichen Leben der Soldaten der Ort, wo man Menschen gegen Gewalttäter schützen muss; dass das bei den Gewalttätigkeiten gegen Serben und Roma 2004 misslungen ist, war ein Versagen der Kfor-Truppe und wird auch bis heute so wahrgenommen. Es ist kein Feinddorf, das zusammengeschossen werden soll. Die Leute haben einen Bezug zu ihrem tatsächlichen Einsatz herstellen wollen. Dass da ein Soldat an irgendwelche Schandtaten der Reichenhaller Gebirgsjäger im Zweiten Weltkrieg gedacht hat, glauben wir nie und nimmer. Nun heißt es, auch seitens maßgeblicher Stellen, dass es mindestens geschmacklos gewesen sei, das Reichenhaller Modelldorf nach Mitrovica zu benennen. Warum eigentlich? Gewiss, Deutsche haben auch auf dem Balkan entsetzliche Taten verübt, auch in der Uniform der Wehrmacht. Aber 1999 sind deutsche Soldaten von einem demokratischen Parlament ins Kosovo geschickt worden, um entsetzliche Taten zu unterbinden, und sie haben das (mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg) redlich unternommen. Darauf kann die Bundeswehr stolz Bezug nehmen.

5) Ein Skandal steckt aber trotzdem in der ganzen Angelegenheit. Es sind die politischen Reaktionen. Am ärgsten der Grüne Nouripour, der gleich davon redet, dass da einer womöglich aus dem Dienst entfernt werden solle. Aber auch der Sozialdemokrat Arnold, dem Soldaten suspekt sind, die von Schusswaffen fasziniert sind. Kein schönes Bild gibt auch der Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) ab, der Schirmherr der Veranstaltung, der sogleich auf sichere Distanz gegangen ist. Wenn die Selbstschutzmaßnahme auch politisch begreiflich ist. Schließlich hat auch ein Sprecher des Heeres sich sogleich mit dem Herbeiorakeln von Disziplinarmaßnahmen zitieren lassen. Das Ganze erinnert an die Sache mit den Totenkopffotos in Afghanistan, die wegen ihrer Obszönität damals gewiss zu verurteilen und auch disziplinar zu ahnden waren, bei denen aber der eigentliche Skandal in dem schnellen Urteil des damaligen IBuK Franz Josef Jung (CDU) lag, wer so etwas tue, habe in der Bundeswehr keinen Platz.

6) Diese Gebirgsjägeraffäre ragt aber nicht nur dadurch über die Grenzen einer Provinzposse hinaus, dass sich führende Verteidigungspolitiker von Bundestagsfraktionen zu ihren Verdikten haben bewegen lassen. Dahinter steht schon die Frage, wie sich die Bundeswehr in der Öffentlichkeit präsentieren soll. Mit Pioniergerät zum Brunnenbohren? Das wäre eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, die wir doch glücklich überwunden glaubten. Es ist richtig, dass die Bundeswehr sich stolz und lebhaft präsentiert, und dass sie  auch Waffen und Gerät ausstellt. Selbst auf die Gefahr hin, dass sich davon ein junger Mensch faszinieren lässt.


20 Lesermeinungen

  1. a sagt:

    Die Bundeswehr muss aber doch...
    Die Bundeswehr muss aber doch auch zur Kenntnis nehmen, wenn nun einmal ein nicht kleiner Teil der Bevölkerung Anstoß an so etwas nimmt. Das ist vielleicht dessen Form von „Rüfffel, besser machen“, diese Art Skandalisierung. Die Unterschiede bestehen ja scheinbar nur in der Frage, wie hoch das tadelnswerte Verhalten „gehängt“ werden sollte, über die Tadelnswürdigkeit scheint ja allgemeiner Konsens zu bestehen.
    Apropos Skandal: Ich frage mich eher, warum der Herr Konrad denn da mit einer nach ihm benamsten Kaserne geehrt wurde. Das ist für mich nämlich tatsächlich ein Skandal, da braucht man sich über mißtrauische Distanz dann nicht zu wundern.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Konrad
    „Mit der Namensgebung wurde ein Mann geehrt, der hervorragend die Tugenden in seiner Person vereinigte, die den soldatischen Führer ausmachen: Hoher Persönlichkeitswert, umfassender Geist, militärisches Können und tiefe Menschlichkeit.“
    Soso. Ich würde gerne mal eine Umfrage sehen, wie viele Bürger das heute unterzeichnen würden. Ich nicht. Das sind doch wohl genau die Traditionen, an die man nicht anknüpfen wollte, oder? Schlimm genug, dass der Herr in der Bundesrepublik überhaupt weitermachen konnte.

  2. LOsmers sagt:

    @ a
    .
    "Hoher...

    @ a
    .
    „Hoher Persönlichkeitswert, umfassender Geist, militärisches Können und tiefe Menschlichkeit.“
    .
    Wüßte nicht, was an den aufgezählten Tugenden eines soldatischen Führers resp. Truppenführers auszusetzen wäre.
    .
    „Das sind doch wohl genau die Traditionen, an die man nicht anknüpfen wollte, oder?“
    .
    Dann, Verehrtester, nennen Sie mal die Alternativen. Wohl zu viel Lafontaine inhaliert („Sekundärtugenden“), oder?
    .
    Und den Hetzartikel in Wikipedia als der Weisheit letzter Schluß genommen?
    .
    „Schlimm genug, dass der Herr in der Bundesrepublik überhaupt weitermachen konnte.“
    .
    Weil er Ritterkreuzträger war?
    In die Bundeswehr ist der General Konrad allein schon aus Altersgründen nicht eingetreten.
    Was also meinen Sie mit Ihrem Satz?
    Statt „weitermachen“ hätte er sich die Kugel geben sollen? Oder was?
    .
    Was sich hier so tummelt…

  3. a sagt:

    Der knappe Wikipedia-Artikel...
    Der knappe Wikipedia-Artikel zu Konrad ist hervorragend bequellt, u. a. mit einem recht lesenswerten Artikel der ZEIT von 2005. Ich würde gerne einmal wissen, was in dieser Studie des Militärgeschichtlichen Forschungsamts in Potsdam zu Konrad steht, und ob diese denn immer noch „unter Verschluss“ ist, und wer die Weisung dafür gab. Ich sehe überhaupt keinen Anlass, diesen Herren, der so enthusiastisch für den „Führer“ Partisanen auf der Krim bekämpfte, und sich auch noch öffentlich als Antisemit hervortat, in der Bundesrepublik irgendwie zu ehren und Angehörigen der Bundeswehr damit als Vorbild zu präsentieren.
    .
    Aus dem ZEIT-Artikel:
    Schon bald nach dem Krieg war der General »wieder dabei«. Im Mai 1953 trafen sich 10000 Gebirgsjäger (»Kameraden unter’m Edelweiß«) in München zum »Tag der Treue«. In Erwartung der nahenden Wiederbewaffnung sprach man bereits zukunftsfroh von der »neuen Wehrmacht«. Konrad war der Anführer der Veteranen: »Wir hoffen, daß in der neuen Schale die gleichen Männer, die alten Soldaten stecken, die einst Kraft und Ruhm des deutschen Heeres und Stolz des deutschen Volkes waren.«
    .
    Nein danke.

  4. Ungeachtet der...
    Ungeachtet der festzustellenden undifferenzierten Betreuung der Gäste beim Tag der offenen Tür und den damit zusammenhängenden Mängeln – wie immer wird die Bundeswehr den „Schuldigen“ finden – finde ich folgendes interessant:
    Herr Nouripur ist Bw-Fachmann der Grünen im Bundestag, Oppositionspolitiker – deswegen darf, ja muss er bei jeder Gelegenheit seine Bedenken zum Besten geben; wie auch immer! – und ausgewiesener Experte, was sich durch seinen Lebensweg ja schon belegen lässt.
    Beachtenswert finde ich es dabei auch, dass auf seiner Webseite alle möglichen Personen abgebildet sind, nur eben keine Soldaten, mit denen er sich doch so viel zu befassen hat!
    Als Soldat und Historiker, der sich mit der Einbindung der Streitkräfte in die Gesellschaft und der Rolle der Medien befasst, sehe ich mit wenig Freude, wie solche unbedarften Politiker aus einem Vorfall eine Krise machen wollen und manche Medien darauf aufsatteln. Die FAZ zum Glück nicht (immer).

  5. Herr Nouripur gehört...
    Herr Nouripur gehört innerhalb der Grünen zu den Realos und nicht zu den Fundis. Ebenso hatte er bereits „Sachverstand“ aus den Reihen der Bundeswehr bei sich im Büro.

  6. Sehr geehrter Herr...
    Sehr geehrter Herr Löwenstein,
    vielen Dank für Ihren treffenden Kommentar! (https://www.faz.net/artikel/C30100/bundeswehr-skandal-30434466.html)

  7. @a: Sie stufen den Artikel in...
    @a: Sie stufen den Artikel in der „Zeit“ vom 10. November 2005 als „lesenswert“ und als hervorragende Quelle ein. Jedenfalls aber soweit der Autor Jakob Knab sich in seinen fast wortgleich im „Neuen Deutschland“ veröffentlichten Ausführungen über „Zeitlose soldatische Tugenden“ mit dem Jagdflieger Mölders befaßt („Bei der Zerstörung des Dorfes Corbera d’Ebre gaben Mölders und seine Jagdflieger den Bombern Geleitschutz“), disqualifiziert er sich als seriöser Gewährsmann, auch wenn ähnliche wahrheitswidrige und ehrverletzende Äußerungen über Mölders sich in zahlreichen Publikationen finden, die das Gutachten des MGFA für eine zitierfähige Quelle hielten.
    Die Wochenzeitschrift „Das Parlament“ (Ausgabe 43/2008) wies diese Anschuldigungen als nachweislich falsch zurück.

  8. wolfowitz sagt:

    @ThorHa: Ein interessanter...
    @ThorHa: Ein interessanter Aspekt ist, daß dieselben rot-grünen Kräfte in der Politik und vor allem in den Medien, die die Bundeswehr für grundsätzlich böse halten und daher möglichst stark schwächen wollen, lauthals nach deren Einsatz in diversen Krisenregionen Nordafrikas (Libyen, aber nicht nur) rufen. Man verachtet die Truppe, hält sie kurz, will sie dann aber schlecht vorbereitet und ausgerüstet in gefährliche Einsätze schicken.
    Dies sagt alles über die Wertschätzung gegenüber den in der Bundeswehr dienenden Soldaten.
    Die Ressourcen für diese Einsätze sollen natürlich aus dem normalen Verteidigungshaushalt stammen. Damit fehlt dann noch mehr Geld für Ausbildung und Ausrüstung. Aber auch dies ist wohl beabsichtigt: wir sind doch alle für Abrüstung.

  9. ThorHa sagt:

    @wolfowitz:
    Das von Ihnen...

    @wolfowitz:
    Das von Ihnen beschriebene Verhalten ist, was meinen Ekel auslöst. Ich könnte ja noch damit leben, dass die Eliten andere für sich sterben lassen – wenn, ja wenn sie denn denen wenigstens noch mit Respeklt und Anstand begegnen, die bereit sind, ihr Leben zu geben. Aber nicht erst seit Gorch Fock und Oberst Kleins unglücklichem Tanklasterbombadement muss ich zur Kenntnis nehmen, dass die deutschen Eliten Soldaten verachten, trotzdem benutzen und öffentlich im Stich lassen, wenn Solidarität auch nur ein Minimum an öffentlicher Kritik auf sich ziehen könnte. Weshalb ich zu dem Ergebnis gekommen bin, dass die gewählten öffentlichen Vertreter des deutschen Volkes selbst klarmachen, dass sie eine Armee weder wollen. Noch verdienen. Niemand sollte für diese Bequemlichkeitspazifisten sterben, wenn deren Gewissen sich meldet, können sie ja in den Krisenherden selbst zur Waffe greifen. Ich jedenfalls kämpfe nicht für heuchlerische Feiglinge!

  10. Anonym sagt:

    Boah lasst den Kindern doch...
    Boah lasst den Kindern doch mal den Spaß oder?
    In Deutschland muss ja alles ein Skandal sein -.- ..
    Hergott nochmal wie das mich aufregt
    Wenn die Kinder das wollen dann wollen die das auch…

Kommentare sind deaktiviert.