Nachrichtliche Notiz: Die Staatsanwaltschaft Gera hat jetzt mitgeteilt, dass sie wegen des Schusswaffenunfalls im OP North im vergangenen Dezember Anklage erhebt. Anbei die kurze Mitteilung:
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage. Gegen den 21 jährigen Soldaten, der am 17.12.2010 in Afghanistan unbeabsichtigt einen Kameraden mit seiner Dienstwaffe tötete, erhob die Staatsanwaltschaft Gera mit Anklageschrift vom 24.05.2011 Anklage vor dem Landgericht Gera wegen Ungehorsams im besonders schweren Fall und fahrlässiger Tötung.
(Durch eine technische Panne ist diese Notiz zeitweilig nicht zugänglich gewesen. Vielen Dank an die Nutzer für den Hinweis. löw.)
ist wirklich erschreckend, wie...
ist wirklich erschreckend, wie lange die StAnwsch braucht, um eine Anklageschrift zu fertigen. mal sehen, wann es zum Prizess kommt. Für alle Beteiligten unerträglich!
Dieses nun schon fast ein...
Dieses nun schon fast ein halbes Jahr zurückliegende, tragische „besondere Vorkommnis“Fall erregte Auifsehen,weil zunächst Berichte kursierten, ein Soldat sei durch einen Schuß ums Leben gekommen, der sich aus seiner eigenen Waffe beim Waffenreinigen gelöst hätte.
Nun kommt also die strafgerichtliche Aufarbeitung vor dem Landgericht Gera – nicht etwa „nur“ wegen fahrlässiger Tötung, um die es sich hier wohl zweifelsfrei handelt, sondern in erster Linie wegen Ungehorsams in einem besonders schweren Fall (§ 19 Abs. 3 Nr. 2) – der Täter hat durch seinen Ungehorsam fahrlässig den Tod eines anderen verursacht.
Zweifellos hat der Soldat gegen die zentrale Dienstvorschrift 3/15 verstoßen, die den Umgang mit der Pistole regelt. Deren Nummer 201 legt unter „Grundsätze“ fest, daß die Pistole stets so zu handhaben ist „dass niemand unbeabsichtigt gefährdet wird.“ Im Abschnitt „Bedienung“ ist unter Nr. 612 verboten, auf Personen zu zielen oder „spielerisch“ mit der Waffe umzugehen. Aber ist das zugleich strafbarer Ungehorsam?
Ist die ZDv 3/15 ein Befehl, bzw. sind alle militärischen Vorschriften bindende Befehle, deren Nichtbeachtung die Bestrafung wegen militärischen Ungehorsams auslöst? Die Staatsanwalt Gera hat mit ihrer Anklage das zuständige Landgericht mit der schon zu Kaisers Zeiten strittigen Frage nach dem Befehlscharakter einer Dienstvorschrift konfrontiert
Befehle, das lernt jeder Rekrut in der Grundausbildung, sind Anweisungen eines Vorgesetzten zu einem bestimmten Verhalten, die vom Untergebenen „nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen sind“, § 11 Abs. 1 SG. D e r Vorgesetzte weiß, daß er für s e i n e Befehle die Verantwortung trägt und sie durchzusetzen hat, § 10 Abs.5 SG.
Nach diesen Kriterien ist klar, daß die meisten Vorschriften in der Bundeswehr keinen Befehlscharakter haben können. Man denke etwa an die vielen Gesetzestexte, die als „Dv’s“ veröffentlicht werden. Die ZDv „Politische Bildung“ (10/1) wird als klassischer Fall für eine Vorschrift angeführt, die man unmöglich als „bindenden Befehl“ bezeichnen kann.
Man darf gespannt sein, ob das Landgericht Gera einen Beitrag zur Dogmatik des Wehrstrafrechts leistet und die Frage beantwortet, ob Dienstvorschriften bindende Befehle sind (oder doch bindende Befehle enthalten können), und ob es zugleich festlegt, wer ggf. der zuständige Vorgesetzte ist, der den Befehl der DV durchzusetzen hat, und wie ein allgemeines Ge- oder öfter Verbot „unverzüglich“ auszuführen ist usw.
Stephan Löwenstein wird uns über den Ausgang des Verfahrens, der an sich nicht zu den Kernbereichen der Sicherheitspolitik gehört, sicherlich unterrichten.
PS. Warum mich das interessiert? In der Grundausbildung (1957 bei der 4./Luftwaffenausbildungsregiment 1) in Uetersen) erzählte uns ein Oberleutnant Homberg, Dienstvorschriften seien „bindende Befehle“ – wie schon der Name „Vorschrift“ verdeutliche. Als ich das bezweifelte, erhielt ich den ehrenvollen Auftrag, meine abweichende Auffassung in einer schriftlichen Ausarbeitung zu begründen. Ich habe dabei viel über den Umgang der Bw mit abweichenden Meinungen gelernt.
@ Löwenstein: meine...
@ Löwenstein: meine mitternächtlichen Reflexionen zu der Frage, gegen welchen bindenden Befehl denn hier verstoßen wurde, wer ggf. für die Einhaltung des Befehls bzw. der ZDv 3/15 (insbes. Ziff. 201 und 612) verantwortlich war, sind einem Fehler zum Opfer gefallen. Das System hat sich entschuldigt. Kann passieren. Win a few, lose a few.
@ THWH: in der Tat. Die Staatsanwaltschaft nimmt sich ein halbes Jahr. Der Soldat muß – mit Recht – die Vorschrift wie jeden Befehl „unverzüglich“ ausführen.
Bin gespannt, was in dem Urteil zur Dienstaufsicht gesagt wird.
"Wir entschuldigen uns, aber...
„Wir entschuldigen uns, aber bei Ihrem letzten Request ist ein Fehler aufgetreten.
Entweder ist die Seite offline oder ein nicht behandelter Fehler ist aufgetreten. Wir bedauern das aber haben den Fehler geloggt. Versuchen Sie es bitte zu einem späteren Zeitpunkt erneut und informieren Sie ggf. den Administrator der Seite.“
Ob mein zweiter Beítrag mit einer Stellungnahme zu
THWH noch erscheint?
Auch wenn es gffls. für mache...
Auch wenn es gffls. für mache immer noch komisch klingen sollte: Gut, dass weiterhin rechtstaatlich verfahren wird. Alles andere wäre höchst kritisch.
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Und genaugenommen sind andere Staaten möglicherweise schon viel weiter als wir.
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Gerade heute früh erst stießen wir nochmals auf die bekannte Seite https://www.breakingthesilence.org.il/testimonies/database die das demokratische Recht auf freie Meinungsäußerung und Berichterstattung nutzt – wenn man so will nach Art einer öffentlichen Selbsthilfegruppe – um immerhin wenigstens im Nachhinein betroffenen Soldaten Gelegenheit zu geben, sich belastende Ereignisse, die sie während ihres Dienstes erlebt haben (resp. erlebt zu haben glauben) befreienderweise öffentlich von der Seele zu reden.
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Und wann wir wohl die erst solche Seite aus-in Deutschland haben werden (müssen?)? Wer sich ihrer wohl demnächst annehmen könnte? Denn recht eigentlich gehörten auch solche Pages/Domains zum zivilisatorischen Fortschritt wohlverstanden unverzichtbar dazu, oder nicht?