Es ist nicht das erste Mal, dass Soldaten der Bundeswehr darüber schimpfen, dass festgenommene Drahtzieher und Anführer der Aufständischen in Afghanistan bald schon wieder frei herumlaufen – und womöglich wieder an Kampfhandlungen teilnehmen. Ungewöhnlich ist aber, dass ein solcher Vorgang unter Nennung von Ross und Reiter offen kommuniziert wird – noch dazu vom sonst eher mundfaulen Spezialkräftekommando (KSK) der Bundeswehr. Deren Darstellung in nüchternen Worten:
Afghanische Sicherheitskräfte haben mit Unterstützung der als Task Force 47 im Regionalkommando Nord eingesetzten Spezialkräfte der Bundeswehr am 6. März 2011 im Distrikt Chahar Darrah, ca. 10 km westlich der Stadt Kunduz, den Mohammed Naim festgenommen. Mohammed Naim steht im dringenden Verdacht, am 2. April 2010 auf Seiten der regierungsfeindlichen Kräfte an den Angriffen auf eine deutsche ISAF Patrouille beteiligt gewesen zu sein, bei denen drei Soldaten der Bundeswehr getötet und weitere schwer verletzt worden waren. Nach seiner Festnahme durch die afghanische Polizei wurde Mohammed Naim auf der Grundlage eines Haftbefehls an die für die Strafverfolgung zuständigen afghanischen Behörden nach Kabul überstellt. Nach den vorliegenden Informationen hat Mohammed Naim seine Anwesenheit bei den Gefechten am 2. April 2010 eingeräumt, sich aber nicht weiter zu den Einzelheiten geäußert. Mangels hinreichender Beweise für eine unmittelbare Tatbeteiligung soll er Anfang Juni 2011 von der ermittelnden Staatsanwaltschaft wieder freigelassen worden sein.
Die Task Force 47 unterstützt im Rahmen des Partnering-Konzeptes von ISAF den Aufbau einer spezialisierten Einheit der afghanischen Polizei in der Provinz Kunduz und ist im Jahr 2011 in gemeinsamer Operationsführung mit dieser Einheit wiederholt erfolgreich gegen die Netzwerke der regierungsfeindlichen Kräfte vorgegangen. Dabei wurden durch die afghanische Polizei weitere Personen festgesetzt, die als Drahtzieher und Hintermänner für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Anschlägen gegen ISAF und die afghanische Staatsgewalt verantwortlich gemacht werden, sowie mehrfach Waffen- und Munitionsverstecke der gegnerischen Kräfte ausgehoben. Die jeweilige gemeinsame Operationsplanung erfolgt dabei grundsätzlich auf der Grundlage eines Durchsuchungs- oder Haftbefehls, den ein afghanischer Staatsanwalt aufgrund der ihm vorliegenden Erweislage ausstellt. Die Festnahme der Verdächtigen sowie die anschließenden Ermittlungen erfolgen ausschließlich durch afghanische Strafverfolgungsbehörden. Der erhebliche Verfolgungsdruck, dem die gegnerischen Kräfte durch die gemeinsame Operationsführung von ISAF und den afghanischen Sicherheitskräften seit Mitte 2010 ausgesetzt waren, hat deren Handlungsfähigkeit erkennbar eingeschränkt und zu einer Stabilisierung der Sicherheitslage in Afghanistan insgesamt und auch in den nördlichen Provinzen beigetragen.
Dazu ein paar Anmerkungen und Gedanken:
1. Es ist ganz gewiss frustrierend und empörend für die Soldaten, die erhebliche Risiken eingehen, um solche Männer zu schnappen, wenn die bald wieder laufengelassen werden. Und es ist gut, dass die Bundeswehr diese Empörung in nüchtern-nachrichtlicher Form einmal artikuliert. Und es ist gut, dass das Ministerium dem Raum gibt. Übrigens hat die „Bild“-Zeitung die Geschichte zuerst gebracht, dort findet sich auch ein Foto, auf dem angeblich Mohammed Naim beim Entgegennehmen von Glückwünschen nach dem Karfreitagsgefecht zu sehen ist.
2. Dass die Sache nicht einfach und dem dahinterstehenden Problem nicht mit einer schwarz-weiß-Lösung zu begegnen ist, wissen die Militärs ebenfalls. Denn wenn man solche Leute selbst in Gewahrsam nehmen wollte, käme man sofort zu Lösungen wie Baghram – Abu Ghraib – Guantanamo. Da ist das Folgeproblem schon programmiert. Ganz abgesehen von Aufwand und Kosten.
3. Diese Folgeprobleme hat man nicht, wenn man feindliche Kämpfer gezielt tötet. Wir halten dieses Kriegsmittel in bestimmten Fällen für legitim, inzwischen gibt es dazu auch eine völkerrechtliche Grundlage (die allerdings nicht ganz unumstritten ist). Aber ein Mittel für alle Fälle ist das gewiss nicht. Also wird man am Ende weiter mit den Afghanen zusammenarbeiten müssen; im Grunde ist dieses Problem eine Spielart des Problems beim „Partnering“. Auf die Afghanen muss gegebenenfalls Druck ausgeübt werden, damit sie in die richtige Richtung marschieren. Dafür mögen solche Publikationen einmal hilfreich sein.
4. Schließlich: Die verschiedenen Dienste arbeiten (das sagten uns jedenfalls Leute, denen wir vertrauen) sehr sorgfältig, ehe jemand als Zielperson benannt wird. Denoch ist eine gewisse Zurückhaltung bei der Beurteilung dieses Vorgangs angebracht. Die erste Reaktion ist natürlich: Dieser Kerl aus Mangel an Beweisen freigelassen, da lachen ja die Hühner. Aber grundsätzlich wollen wir doch eine afghanische Justiz, die tatsächlich untersucht, abwägt, Beweise würdigt. Wie das hier gelaufen ist, das wissen wir einfach nicht. (Aus afghanischer Warte sieht vielleicht auch manches deutsche Urteil seltsam aus, etwa die Entschädigung für den Kindsmörder Gäfgen).
5. Einen identifizierten Talib als „Mörder“ zu titulieren, wie es (mit dem Vorbehalt „mutmaßlich“) auch der Bundeswehrverband tut, halten wir noch aus einem anderen Grund für verfehlt. Es war ein Fortschritt, der den Soldaten Rechtssicherheit verschaffte, dass die Kämpfe in Afghanistan durch Regierung und Gerichte als Krieg (bewaffneter Konflikt) gewertet wurden. (Das habe ich anfangs anders gesehen, muss aber eingestehen, dass ich da falsch lag.) Dann kann man aber auch die feindlichen Kämpfer, auch wenn sie nicht Kombattanten nach altem Völkerrecht sind und sich bekanntlich auch hinterlistiger oder perfider Mittel bedienen, nicht mehr schlicht als Kriminelle auffassen. Meuchelschüsse sind dann ein Gefecht und ein Sprengstoffanschlag ist ein Angriff.
Noch ein Exkurs zu dem kürzlich durch Taliban abgeschossenen Hubschrauber. Die Bundesregierung hat hierzu das Parlament von ihrer Auffassung unterrichtet:
Der Abschuss des Hubschraubers wird als „Zufallstreffer“ – nach derzeitigem Kenntnisstand durch eine Panzerabwehrhandwaffe (Rocket Propelled Grenade / RPG) – bewertet. Eine „erhöhte Schlagkraft“ oder „neue Fähigkeit“ zur Bekämpfung von Luftfahrzeugen – wie teilweise in den Medien gemeldet – kann daraus nicht abgeleitet werden.
Nun denn, dann hätten wir das ja auch geklärt.
das wird nichts nützen, wenn...
das wird nichts nützen, wenn man solche Leute an „die Afghanen“ überstellt, die müßten schon von den NATO-Leuten festgesetzt werden.
..dann hätten wir das ja auch...
..dann hätten wir das ja auch geklärt?
US Quellen zufolge wurde die CH-47 Opfer einer geschickt aufgestellten Falle.
Erst gab es die – falsche – Information, in einem bestimmten Gebäude hielten sich hochrangige Talibanführer auf. Das schien den Einsatz eines großen Hubschraubers (CH-47 Chibnook) mit 30 Navy Seals zu rechtfertigen, die – des schnellen und überraschenden Zugriffs wegen – auf dem Dach des Gebäudes in bebautem Gelände landete. In der Nähe (150 m?) waren getarnt eine oder mehrere RPG (Ручной Противотанковый Гранатомёт) in Stellung gebracht, wirksame Reichweite 500m, Gewicht des Gefechtskopfes 2-4 kg, die zwar per Hand oder von der Schulter abgefeuert werden kann, aber mit einer einfachen Lafette sehr viel zielgenauer ist. Unter diesen Umständen einen mit geringer Geschwindigkeit abhebenden Hubschrauber (Länge 30 m, Höhe 5 m) zu verfehlen, dürfte schwierig sein. Die Sache mit dem Zufallstreffer klingt für mich wie Pfeifen im Walde.
Bedrohlich ist die RPG natürlich nur für Luftfahrzeuge in Bodennähe, die entweder stehen oder sich sehr langsam bewegen. Aber auch das schränkt die taktischen Optionen insbesondere der Hubschauber ein.
Die rechtlichen Betrachtungen von Stephan Löwenstein zeigen das ganze Dilemma dieses und auch anderer Interventionseinsätze (wie Libyen). Wenn in Afghanistan Krieg geführt wird (oder ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt) was sollen dann staatsanwaltliche Ermittlungen, solange nicht geschützte Personen zu Tode kommen? Irgendwann werden sich übrigens auch die Deutschen daran gewöhnen müssen, die Verantwortung für die eigenen Gefangenen zu übernehmen.
Es wird völkerrechtlich...
Es wird völkerrechtlich zwischen legalen und illegalen Kombattanten unterschieden (Hobe/ Kimmich S.513f.) Zu den illegalen Kombattanten gehören z.B. irreguläre Streitkräfte, Milizen oder auch Aufständische. Nur die legalen Kombattanten unterliegen der Haager Landkriegsordnung (HLKO) und der Kriegsgefangenkonvention des Genfer Abkommens( GAIV). Sie genießen den Kriegsgefangenenstatus, der eine gerichtliche Verfolgung nicht zulässt. Den Taliban haben die USA den Kombattantenstatus aber nicht zugestanden. Sie werden daher nach Kriegsrecht behandelt. Im Falle einer gerichtlichen Verfolgung richtet sich das Verfahren nach dem Genfer Abkommen (Art 64f, GA IV). Daraus ergibt sich für mich, dass man Begriffe aus dem Strafrecht verwendet und die militärischen Aktionen der Taliban auch nicht mit militärischen Begriffen beschreibt.
Ein wenig verwirrend, das sehe ich auch so.
@Hr. Hagena
Eine RPG von...
@Hr. Hagena
Eine RPG von Lafette auf ein bewegtes Ziel abzufeuern ist unmöglich.
Die Lafette für die RPG die sie beschreiben ist eine improvisierte Lafette zur maximierung der relativen Kampfentfernung auf feststehende Ziele. Der Chinook jedoch ist recht schnell und sehr wendig während die Lafette die Ausrichtgeschwindigkeit und die Vorhaltedistanz sehr beeinträchtigt.
Diese RPG, und es war ohne zweifel „nur“ eine RPG, wurde 100% von der Schulter geschossen. Wäre es keine RPG gewesen hätten die frühwarnsysteme wie es bei der CH-47D üblich ist alarm geschlagen. Einen RPG Gefechtskopf erkennen diese jedoch nicht. Ein solcher Treffer ist auch nicht neu. In Mogadischu haben die Islamisten ebenfalls mit RPG´s 2 Black Hawks herunter geholt und einen Little Bird schwer beschädigt. Helikopter die noch wendiger und schneller sind als die CH. Jedoch ist die moderne Technik nicht auf die Abwehr und früherkennung solch banaler veralteter Waffensysteme wie der RPG ausgelegt. Der Pilot könnte diese höchstens optisch aufklären, wozu aber nur bruchteile von einer Sekunde zur verfügung stehen.
Was die Einsätze der BW betrifft, sei es ISAF oder die ständigen EvakOp die totgeschwiegen werden, so bedarf es Gesetzen, die den Soldaten auch eine Chance lassen eine Situation militärisch korrekt zu lösen.
2002 zu beginn des 1 Ktg. ISAF gab es die ersten RoE die von den US-Truppen 1 zu 1 übernommen wurden. Nach ersten Zwischenfällen wurden diese vom EinsFüKdo, damals noch in Koblenz, überarbeitet. Der Einfluss der Politik war darin so groß, dass sogar die Grundrechte der Soldaten, das Recht auf Notwehr, eingeschänkt wurden. Die blose Angst, Soldaten der BW könnten ein Gefecht führen und dabei auch noch als „Sieger“ hervorgehen untersagte den Soldaten bei Beschuss in den Gegenangriff über zu gehen wie es für Kampftruppen üblich und am effektivsten gewesen wäre. Diese RoE die zum Glück und mit wirken von BrgG Schwenker recht schnell wieder überarbeitet wurden zeigt das unverständniss der Politik für das was da passiert. 100te Geschichten von Kameraden die sich verteidigten und dafür mehr oder weniger bestraft wurden könnte ich ihnen hier präsentieren mit Daten, Namen und Fakten jedoch unterschrieb ich wie alle anderen Soldaten dieses nett formulierte Schreiben zur Geheimhaltung auch über das DZE hinaus.
Was unseren Soldaten seitens der Regierung physisch und psychisch angetan wurde ist mit nichts zu rechtfertigen.
Selbst die anerkennung von Kriegstraums als Wehrdienstschädigung dauerte eine Ewigkeit. Bilder die sich in die Seele der jungen Männer einbrennen und Situationen die sie über Jahre nachts wach werden lassen werden belohnt mit verfahren und vertuschung.
Eine Rechtsgrundlage und eine eigene Gerichtbarkeit muss geschaffen werden! Deutsches Recht in einem Land wie AFG oder in anderen Krisennationen anzuwenden ist absolut realitätsfern! Diese Männer und Frauen befinden sich in einem Ausnahmezustand und müssen Tag täglich um ihr Leben und um das ihrer Kameraden bangen. Es besteht rund um die Uhr eine erhöhte Gefahr für Leib, Leben und die Gesundheit… und wenn ich mich recht entsinne sind das die drei höchsten Rechtsgüter die wir kennen…also schützen wir sie doch auch bei den deutschen Bürgern in Uniform, denn die sind bestimmt keine besseren und keine schlechteren Menschen als wir alle.
Genaugenommen kann keiner diese Situationen beschreiben oder darüber entscheiden, der nicht selbst breits ähnliches erlebt hat. Es ist nicht vergleichbar mit der Angst die man hat wenn man einen Autounfall hat… es ist nicht wie die Panik die bei einem Brand ausbricht… es ist eine permanente, unterschwellige Angst die ständig unterdrückt wird. Die Angst zuhause passiert etwas und man ist nicht da um zu helfen…die Angst einem selbst passiert etwas und die angehörigen stehen alleine da…die Angst einen Fehler zu machen der Menschenleben kostet…die Angst einen Kameraden zu verlieren… die kleinsten Sorgen werden sogar zu Ängsten…was wenn die Frau oder der Mann in der Heimat sich einen neuen sucht? man ist ja nie zuhause… solche Dinge zähren an einem…sie fressen immer an der Psyche und machen einen immer mehr fertig.
Und dann knallt es… ein Bus explodiert oder ein Dingo gerät in eine Sprengfalle…eine CH wird abgeschossen… man ist bei der QRF und als einer der ersten vor Or… Die Ängste sind alle fort wenn man das erstemal einen Kameraden in einen Leichensack verpackt…man funktioniert…man sichert das Gelände…Sperrt Strassen…erteilt Befehle die nötig sind und alles um einen herrum funktioniert weil es einstudiert ist…geübt bis zum erbrechen.
Doch irgendwann liegt man in seinem Typ 2 Zelt mit seinen Kameraden auf dem Feldbett und „kommt runter“… Die Bilder schiessen einem in den Kopf und man beginnt zu verarbeiten soweit das überhaupt möglich ist…man realisiert was da geschehen ist und was man selbst getan hat. Man überlegt ob man was hätte besser machen können…ob man fehler gemacht hat.. dazu kommen noch all die Gedanken die man ohnehin schon immer mit sich rumträgt..die Gedanken an zuhause…die ganzen Ängste kommen wieder hoch… und dann noch eine neue Angst… was wenn ich nun dafür auch noch bestraft werde wie es bei Kamerad XY der Fall war.
Sehen sie das als Fair an? Ist es Fair unsere Jungs da nach deutschem Recht zu behandeln und zu verurteilen? Dann wird die Linke oder Bamm sicher gerne ihre Bewerbung annehmen!
@Exkontingent:
Sie haben eine...
@Exkontingent:
Sie haben eine Frage an mich gerichtet und ich will versuchen, sie zu beantworten.
Wer die Geschehnisse in Afghanistan so wie ich nur aus den Medien kennt, die dazu noch je nach politischer Orientierung unterschiedliche Interessen verfolgen, der hat in den seltensten Fällen ein vollständiges und objektives Bild. Allerdings sind mir keine Fälle bekannt bekannt geworden, wo ein deutscher Soldat in Afghanistan wegen irrtümlicher Annahme einer Notwehrsituation bestraft worden ist, wie Sie andeuten.
.Jedoch muß auch mit aller Deutlichkeit gesagt werden, daß deutsches Strafrecht natürlich für alle deutschen Soldaten gilt. Zum deutschen Strafrecht gehören die allgemeinen Regeln des Völkerrechts und seit 2002 auch das Völkerstrafgesetzbuch, das die bis dahin in einzelnen Abkommen oder Konventionen geregelten Straftatbestände zusammenfaßt und in einzelnen Fällen ergänzt. Die Anwendung dieses Strafrechts ist keine Frage der „Fairness“; wohl aber kann bei bestimmten Regelungen gefragt werden, ob insbesondere die Bestimmungen, die sich auf die Verursachung von Kollateralschäden beziehen (nicht nur Leben und Gesundheit von geschützten Personen, sondern beispielsweise auch im Bereich der Umwelt), mit unserem Rechtsempfinden vereinbar sind. Daneben muß man fragen, ob diese Regelungen im Truppenalltag unter Konfliktbedingungen praktikabel sind. Diese Frage muß man für einen großen Bereich dessen, was im Völkerstrafgesetzbuch als Verursachung von Kollateralschäden geregelt ist, verneinen. Wenn die deutsche Justiz über ein halbes Jahr braucht, um zu entscheiden, ob der von Oberst Klein angeforderte (nicht befohlene) Bombenangriff auf die Tanklaster von Kundus ein Kriegsverbrechen war, dann kann man von einem Offizier nicht verlangen, daß er – noch dazu in unsicherer Nachrichtenlage – eine solche Frage in kürzester Frist entscheidet, ohne bei einer zweifelhaften Entscheidung ein monatelanges Verfahren wegen Kriegsverbrechens befürchten zu müssen. Das gilt natürlich erst recht für Unteroffiziere.
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Ein besonderer Aspekt dabei ist, daß das für Deutsche Soldaten geltende Völkerstrafrecht, das auf dem sogenannten Statut von Rom (1999) beruht, nur für die Staaten gilt, die dieses Statut ratifiziert haben. Die USA haben das nicht getan. Das ist zweifellos ein Ärgernis.
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Ein weiteres Ärgernis ist die von @Politikverdruss ewähnte Unterscheidung zwischen „legalen“ und „illegalen“ Kombattanten, die vor allem von den USA gemacht wird. Diese Theorie ermöglicht es den Amerikanern, etwa die Gefangenen in Guantanomo praktisch rechtlos zu stellen. Sie haben weder die Rechte eines Strafgefangenen noch das Recht, als Kriegsgefangene behandelt zu werden.
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Was Ihre Ausführungen zur RPG7 betrifft, empfehle ich Ihnen zwei Links, die auch das Problem der anti-Tankwaffe RPG 7 gegen tieffliegende Hubschrauber, vor allem in der Start- und Landephase, behandeln
https://www.airpower.at/news04/1103_rpg_heli/index.html
https://www.fas.org/man/dod-101/sys/land/row/rpg-7.pdf
Mir sind gleich mehrere Fälle...
Mir sind gleich mehrere Fälle bekannt, in denen deutsche Soldaten für ihr Verhalten bestraft wurden, wenn auch letztlich nicht Verurteilt.
Die Verwaltungsmaschinerie der Deutschen ist atemberaubend langsam und der Mensch der in der Uniform steckt wird zur Nebensache.
Ob Zivilist, Komatant Taliban oder regulärer Soldat…wer eine Waffe in AFG trägt muss davon ausgehen dass auch Waffen gegen ihn gerichtet werden. Daher kann ich es nicht verstehen, warum ein OFw der einen bewaffneten Zivilisten, mit M16 im Anschlag, erschießt, sofort vom Einsatz abgelöst wird, eine Beförderungssperre bekommt, aus der Kampfeinheit in eine Versorgungseinheit versetzt wird und sich über ein Jahr mit den Gerichten und Anschuldigungen auseinandersetzen muss. Die Jahre die er beim Psychologen verbringen muss um die Bilder dessen was er tat verarbeiten zu können mal ganz bei seite gelassen.
Ich war selbst Uffz m.P. beim FschJgSpezZg und mehrmals bei ISAF und anderen Operationen beteiligt. Je höher der Dienstgrad, je mehr Verantwortung und je mehr Soltaten man unter seinem Befehl hat desto mehr steigt die Angst auch Strafrechtlich Fehler zu machen. Zugegeben ist die Tätigkeit der DSO zu welcher die FschJgSpez gehören eine auf Kampf spezialisierte und man kommt schneller und eher mit dem Strafrecht in Konflikt. Wenn aber selbst diese Truppenteile keine Handlungssicherheit haben wie geht es erst der Basis? den Nachschiebern oder den Funkern? Soldaten für die das Gefecht noch mehr eine Ausnahmesituation ist. Diese Soldaten brauchen Handlungssicherheit. Sie müssen wissen, dass ihr Land und die Gesetzte auf ihrer Seite sind. Man kann die Schussabgabe und das Feuern auf ein Ziel nicht mir der Schussabgabe auf deutschem Boden vergleichen. Putativnotwehr ist in den Einsätzen nicht nur häufiger sondern sogar sehr wahrscheinlich (siehe den Beschuss eines priv. Fahrzeugs beim Checkpiont, Oder die Erschießung eines „Schrottsammlers“ vor Warehouse). Man reagiert empfindlicher auf potentielle Gefahr, deutet situationen völlig anders als man das in Deutschland tun würde. Da kommt es eben einmal vor, dass ein Mann in der Dämmerung erschossen wird, weil er sich dem Checkpoint mit einem Eisenrohr nähert das wegen der schlechten Sicht als Waffe gedeutet wird, zudem reagieren die Einheimischen nur sehr vage auf die zurufe auf englisch und dank Dari auf gebrochenem afgahnisch. Was sollten diese Soldaten in so einer Situation tun? warten bis der Mann nahe genug ist um sich in die Luft zu sprengen? Selbe Situation mit dem Fahrzeug das sich dem Checkpoint nähert und sämtliche Schilder, Warnhinweise und Warnschüsse ignoriert. Sollten sie warten bis das Fz. im Checkpoint ist und explodiert? beides Fälle von Putativnotwehr und beide male waren die Soldaten betroffen von Verfahren, Vorwürfen und Ermittlungen. Dies führt dazu, dass die Soldaten zögern und so höhere Risiken eingehen. Die permanente Gefahr stumpft zwar ab, aber das gibt dem Soldaten den gefährlichen Spielraum über Konzequenzen nachzudenken bevor er handelt.
…
Dem Soldaten ist es im Einsatz im übrigen egal wie sie den Feind nennen… legale illegale Terroristen etc. Die trachten ihnen nach dem Leben und sie müssen sich verteidigen dürfen und sie müssen die Mittel an die Hand bekommen um ihre Missionen erfüllen zu können.
Das Problem ist der Regierung durchaus bewusst jedoch ist der öffentliche hype außerordentlich den die Änderung der Rechtslage zufolge hätte. Da ist es einfacher und bequemer die High-risk Missionen ohne Mandat in Kommandoaktionen durchzuführen. Dazu kann man die diversen EvakOp anführen ebenso wie den Einsatz der KSK am Hindukush. Search and Destroy Missionen sind bei Konflikten wie AFG einfach notwendig, auch wenn sie dem Grundgesetz entgegenstehen wäre es Wahnsinn und militärisch absolut verantwortungslos Truppen in AFG zu stationieren die nur in der Defensive agieren und nicht präventiv angreifen und Lager sowie Führungspersonen ausschalten.
…
Was den Einsatz der diversen RPG-Systeme etc. betrifft verlasse ich mich auf meine Erfahrung und nicht auf theoretische Quellen. Theoretische Quellen besagten auch, dass der Dingo Minen und Beschusssicher sei bis die Praxis das Gegenteil bewies. Glauben sie mir…die Taliban und jeder 2te Afgahne hat genug Übung und praktische Erfahrung mit diversen Waffen und kann diese sehr gezielt und effektiv einsetzen. Die militärische Überlegenheit die hierzulande gerne demonstriert wird ist der Technik und den Spezialeinheiten zu verdanken. Zahlenmäßig sind uns die Taliban weit überlegen und diese Kämpfer verfügen großteils über jahrzehntelange Kampferfahrung.
Sehr interessanter...
Sehr interessanter Artikel.
Dennoch gilt wohl auch in Afghanistan „Freispruch wegen Mangel an Beweisen“. Denn auch wenn er einräumt am 2. April 2010 bei Gefechten anwesend gewesen zu sein, gab es nunmal keine Beweise wegen eventueller Tatbeteiligung und dann muss man die Kerle wohl halt laufen lassen. Auch wenn es einem aufstößt.
Und da sich das ganze in Afghanistan abspielt, werden die Ermittlungen eben auch von diesen geführt und nicht von der NATO.
Auf der einen Seite schön zu lesen, dass es Institute wie „afgahnische Strafverfolgungsbehörden“ gibt, aber ob die nicht eh unterwandert und korrupt sind?
In solchen Ländern gab es nie Frieden, gibt es auch jetzt nicht und wird es nie geben.
Man kann eben nicht einfach mal so eben ein Regime umstürzen und denen die Demokratie aufzwingen.
Auch wenn es schön wäre, da es das System ist das wir kennen und schätzen, so sind die Menschen in diesen Ländern eben anders gestrickt und vor allem kennen sie die Form der Demokratie nicht. Wie sollen sie also diese in die Köpfe reinbekommen oder gar umsetzen?
Man kann nur hoffen, dass irgendwann einmal Ruhe einkehrt. Denn Frieden wird es dort und in anderen Teilen der Welt vermutlich nie geben.
Multum cum in omnibus rebus,...
Multum cum in omnibus rebus, tum in re militari potest fortuna. Caes.Gall.6,30,2
(Überall entscheidet sehr viel das Glück, am meisten aber im Krieg.)
..
Nachdem unser letzter, ruhmreicher Verteidigungsminister (nicht der jetzige, der vollzieht nur) quasi als Wehrkraftzersetzer fungierte und sich entspr. outete (Abschaffung der Allgem. Wehrpflicht), ist bei allem Ernst der Stunde (Finanzen) und Lage (Afgh.) ein kleiner Scherz zur Aufheiterung angebracht.
https://www.youtube.com/watch?v=Y4LxAnjV99s&feature=related
Prima, dass es noch Feinde...
Prima, dass es noch Feinde gibt!!
"Was sollten diese Soldaten in...
„Was sollten diese Soldaten in so einer Situation tun? warten bis der Mann nahe genug ist um sich in die Luft zu sprengen?“ Wenn man so wenig Durchblick hat, ist man am falschen Ort!