Zur Sicherheit

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Von den Alpen bis zum Hindukusch, von der Kieler Förde bis in den Golf von Aden: Die Kräfte der Bundeswehr sind längst über den halben Globus

Entente Cordiale

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Eine bemerkenswerte Meldung aus Paris über "Kritik aus Frankreich an deutscher Verteidigungspolitik", die wir hier dokumentieren: ...

Eine bemerkenswerte Meldung aus Paris über „Kritik aus Frankreich an deutscher Verteidigungspolitik“, die wir hier dokumentieren:

 Rüstungsbeauftragter plädiert für Kooperation mit Großbritannien = Paris, 15. Februar (AFP) – Ein ranghoher Vertreter des französischen Verteidigungsministeriums hat die deutsche Verteidigungspolitik scharf kritisiert. „Hat Deutschland den politischen Willen, das Stadium eines verstärkten Roten Kreuzes zu überschreiten?“, fragte Laurent Collet-Billon, der französische Generalbeauftragte für Rüstung, bei einer Konferenz am Dienstag in Paris. Es stelle sich die Frage, ob in Deutschland der politische Wille zu einer Verteidigung bestehe. Daran zweifle er momentan. Als Beispiel führte Collet-Billon Deutschlands Ablehnung einer Beteiligung am Einsatz in Libyen an. Collet-Billon plädierte indes für eine französisch-britische Zusammenarbeit. Dabei habe er keine Bedenken, denn beide Länder würden die selben Grundsätze und Visionen teilen, sagte er.
Frankreich und Großbritannien bestreiten demnach schon heute zusammen 60 Prozent der Verteidigungsausgaben der Europäischen Union. Die beiden Länder würden die Ziele und die Regeln definieren, „die anderen Länder stimmen zu oder sie stimmen nicht zu“, sagte er.
Am Freitag findet in Paris ein Gipfeltreffen zwischen Frankreich und Großbritannien statt. Die beiden Länder schlossen bereits 2010 einen Vertrag, der eine Zusammenarbeit in der Rüstungspolitik vorsieht.

Eine Anmerkung: Natürlich ließe sich die Polemik zu Libyen leicht erwidern, indem man auf die abrupten Zickzackmanöver der Regierung Sarkozy in Sachen Afghanistan verweist. Aber wichtig ist nicht so sehr die tagespolitische Begründung, die der französische Rüstungsbeamte anführt, sondern grundsätzlich die französische Hinwendung zu dem angelsächsischen Partner, verbunden mit der Grundaussage über die gemeinsamen Grundsätze und Visionen.


20 Lesermeinungen

  1. detlef.weise sagt:

    ...zitat: "...der politische...
    …zitat: „…der politische Wille zu einer Verteidigung bestehe. Daran zweifle … Als Beispiel führte Collet-Billon Deutschlands Ablehnung einer Beteiligung am Einsatz in Libyen…“
    .
    angriff oder verteidigung? das ist die frage, die frankreich deutschland beantworten sollte. das beispiel libyen paßt bestens.
    d.weise

  2. Zaungast sagt:

    Gemeinsam ist beiden Staaten...
    Gemeinsam ist beiden Staaten die realitätsverweigernde Nichtakzeptanz des Verlustes einstiger Hegemonialmacht. Welche gemeinsamen Grundsätze und Visionen darüber hinaus noch geteilt werden, würde mich mal interessieren. Doch, ja, eine weitere Gemeinsamkeit gibt es noch: In Zukunft werden die Verteidigungsetats sowohl in F als auch in GB drastisch sinken müssen. Die überschuldeten Haushalte lassen gar nichts anderes zu.

  3. T.I.M. sagt:

    "Es stelle sich die Frage, ob...
    „Es stelle sich die Frage, ob in Deutschland der politische Wille zu einer Verteidigung bestehe.“ Hat er wirklich nach „Verteidigung“ gefragt? Gegen wen? Wo? Am Hindukusch? Die wirkliche, und tatsaechlich gerechtfertigte, Frage ist doch die danach, ob Deutschland bereit ist, in Kriegen nicht nur mitzuspielen, sondern sie auch konsequent zu fuehren. Davon abgesehen, dass natuerlich kein Kanzler/Verteidigungsminister staendig Gefallene melden moechte, hat Deutschland hier ganz klar auch ein „Verfassungsproblem“, auch wenn das Bundesverfassungsgericht am Beispiel Kosovo gezeigt hat, dass das Verbot von Angriffskriegen im GG wohl eher ein zahnloser Tiger ist.

  4. wolfowitz sagt:

    GB und F haben gemeinsam, daß...
    GB und F haben gemeinsam, daß sie Ex-Kolonialmächte sind, sich zu Recht (GB) oder weniger (F) als Sieger des 2. Weltkriegs fühlen, beide Atommächte sind, sich immer noch als Weltmacht fühlen, ein unbefangenes Verhältnis zu ihrer Nation und ihrer Armee haben und mindestens doppelt so viel von ihrem BSP für Verteidigung ausgeben wie Deutschland.
    Deutschland dagegen hat die Bundeswehr, die im Kalten Krieg die größte konventionelle Armee im NATO-Europa war, bis auf einen kümmerlichen Rest abgerüstet.
    Gerade die zu ihrer klassischen Kernaufgabe Landesverteidigung gehörenden „richtigen“ und schweren Waffensysteme (Luftwaffe, Flugabwehr, verbundene Waffen) wurden systematisch ausgedünnt und der Rest verfallen gelassen.
    Die geschah mehr aus Überzeugung, als um Geld zu sparen.
    Pazifismus ist Staatsreligion, auch jenseits von Rot-Grün. Man schämt sich seiner Geschichte, seiner staatlichen Symbole und vor allem verachtet man alles Militärische. Militärische Schwäche und Wehrlosigkeit gelten als Tugend, auch in der Union. Selbst sie ist vom Geist der „Grünen“ erfaßt worden.
    Man sieht diese Peinlichkeiten beim Afghanistan-Einsatz, wo die Bundeswehr als politisch korrekter Weltverbesserungs-Verein auftreten soll statt als Armee. Auf Kosten der Effizienz des Einsatzes und der Sicherheit der Soldaten.
    Die Analyse von GB und F trifft zu, daß Deutschland an Verteidigung und einem schlagkräftigen Militär überhaupt nicht mehr interessiert ist. Und daher als Partner für ernsthafte Projekte nicht mehr in Frage kommt.
    Was allerdings das tatsächliche Desinteresse an Landesverteidigung und militärischer Stärke mit dem Libyen-Einsatz zu tun haben soll, erschließt sich nicht.
    Wo war die Bedrohung der nationalen Sicherheit oder die Gefährdung vitaler nationaler Interessen?
    Der „(„humanitäre“?) liberale Interventionismus“ des französischen Starphilosophen DHL, der erst F und GB und dann erst über Frau Clinton die USA erfaßte, ist kein triftiger Grund, gegen ein Land Krieg zu führen. Die Tatsache, daß einem ein Herrscher nicht besonders sympathisch ist, genügt nicht als Rechtfertigung. Dann wäre die ganze Welt nur noch ein Schlachtfeld.
    Libyen war ein zumindest unnötiger Angriffskrieg. Vielleicht auch eine interessante, wenig riskante Einsatzübung (schwacher, wehrloser Gegner) und wegen des hohen Verbrauchs an teuren Präzisionswaffen ein Bombengeschäft für die Rüstungsindustrie.
    Deutschlands Nichtteilnahme war wahrscheinlich richtig.
    Das einzige ernsthafte Argument für eine Teilnahme wäre die NATO-Diplomatie gewesen: also das Vermeiden des Rufes eines Drückebergers und unsicheren Kantonisten.
    Leider sind wir das tatsächlich.
    Bei einem unvermeidlichen und berechtigten „richtigen“ Einsatz hat Deutschland (ich irre mich gerne) kaum große, moderne, gut ausgebildete und ausgerüstete Kräfte zu bieten. Das ist nicht Schuld der Soldaten (sie tun, was sie können), sondern der Politik.

  5. Chapeau, Herr @"Wolfowitz",...
    Chapeau, Herr @“Wolfowitz“, mit Ihrem vorzüglichen Beitrag werden Sie nicht nur mir aus der Seele sprechen.
    .
    Drei Ergänzungen erlaube ich mir hinzuzufügen:
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    Erstens:
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    Deutschland wird mit seinen knapp 82 Millionen Einwohnern seine Streitkräfte auf 185.000 Mann (resp. Frauen, pardon) reduzieren.
    .
    Das kann nur verantworten, wer der Meinung ist, Deutschland sei ausschließlich von Freunden „umzingelt“.
    .
    Dumm nur, daß sich der Grad der Freundschaft, die Absichten der Nachbarn ändern können.
    .
    Zweitens:
    .
    Solange sich ein Parlament in Sachen Auslandseinsatz mit Soldatenzahlen in einer Größenordnung von einigen Hundert befaßt, solange Abgeordnete angesichts von Soldatenzahlen <5.000 das Wort "Strategie" in den Mund nehmen, ein Verteidigungsminister den Abzug resp. Rückzug von Bundeswehrsoldaten in dieser Größenordnung als die "schwierigste aller strategischen Aufgabenstellungen" bezeichnet, solange für Planung und Durchführung solcher Operationen gleich mehrere Jahre(!) veranschlagt werden, solange kann man nur konstatieren, daß sich hier die Maßstäbe in einem als skurril zu bezeichnenden Ausmaß verschoben haben.
    .
    Mit solchen Aufgaben befaßten sich in der Vergangenheit militärische Planer bestenfalls unterhalb der Ebene einer Armee, die Kommandierenden Generale oder Oberbefehlshaber gar nicht.
    .
    "Vergangenheit" kennzeichnet die Zeit, zu der die Bundeswehr - im Begriff, endgültig auf Zwergenmaß zu schrumpfen - jegliche Traditionslinien leugnet, abgebrochen hat.
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    Drittens:
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    De Maiziére hat soeben in bester Vasallenmanier Petraeus dafür, daß er "die Wende in Afghanistan" (sic!!) erreicht habe, das Bundesverdienstkreuz verliehen.
    .
    Das höchst zivile Bundesverdienstkreuz ist für soldatische Taten eines früheren Generals wohl kaum eine angebrachte Auszeichnung.
    .
    Da sollte es schon ein anständiger militärischer Orden sein - aber über so etwas verfügt ein deutscher Verteidigungsminister heutzutage nicht, da "gesellschaftlich" verpönt und außerdem, "bei unserer Geschichte"...
    .
    Und dem jeglicher Tradition entbehrenden und immer noch neuen "Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit" sieht man nur zu deutlich an, daß es an irgendeinem frontfernen Schreibtisch entworfen wurde. Politisch korrekt. Talmi. Völlig ungeeignet für die Auszeichnung eines ausländischen Truppenführers.

  6. @ Wolfowitz,
    stimme Ihrer...

    @ Wolfowitz,
    stimme Ihrer Analyse ebenfalls in weiten Teilen zu. Besonders Ihre Ausführungen zum „Pazifismus als Staatsreligion“ sind außerordentlich treffend. Zum Thema „humanitäre Intervention“ gestatten Sie mir ein paar Ergänzungen:
    Im Jahr 2001 wurde von einer internationalen Kommission (Internationale Kommission zu Intervention und Staatensouveränität, ICISS) mit dem Prinzip der Schutzverantwortung – „Responsibility to Protect“ (RtoP) – ein neues Konzept zur Verhinderung von Massenverbrechen entwickelt. Das Ziel: Staatliche Souveränität und Menschenrechtsschutz sollten mit einander in Einklang gebracht, die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft zur Verhinderung schwerster Menschenrechtsverletzungen festgeschrieben werden. Vier Jahre später wurde das Konzept der Schutzverantwortung auf dem Milleniums-Gipfeltreffen der Vereinten Nationen von ausnahmslos allen Mitgliedsstaaten im Jahr 2005 anerkannt. Insgesamt ist mit der RtoR die Idee der humanitären Intervention weiterentwickelt worden.
    Die Nachteile liegen auf der Hand: Einschränkung staatlicher Souveränität und des Prinzips der Nichteinmischung, Missbrauch, Überdehnung der Kräfte. Gleichwohl darf staatliche Souveränität nicht zu einer „licence to kill“ mutieren.
    @L.Osmers,
    Ihre Ausführungen zum Thema Auszeichnung des General Petraeus treffen ins Schwarze: Ein Land, das ein Ehrenmal für gefallene Soldaten in einer Kaserne „versteckt“ und dabei Erkennungsmarken als sinnstiftende Zeichen verwendet, ist in diesem Punkt nicht mehr ernst zu nehmen. Deshalb konnte man auch nur noch fassungslos zuschauen, als vor wenigen Monaten ein sehr schwer verwundeter Portepeeunteroffizier von Herrn Burda mit dem „Bambi“ ausgezeichnet wurde. Eine Auszeichnung, die der Schlagersänger Heino deshalb zurückgab, weil Herr Bushido sie auch erhalten hatte. Einfach schrecklich!

  7. Kooperationen mit Frankreich...
    Kooperationen mit Frankreich sind in der Vergangenheit meist schief gegangen, weil die Franzosen aus dem Projekt ausgestiegen sind, und es alleine entwickelt haben.
    Die Briten und Franzosen haben vor einiger Zeit ein gemeinsames Drohnenprojekt gestartet. Eine Finanzierung haben die bis heute nicht unter Dach und Fach.

  8. wolfowitz sagt:

    @Politikverdruss,
    danke für...

    @Politikverdruss,
    danke für Ihren Beitrag.
    Die „responsibility to protect“ mag in extremen Fällen (Rote Khmer in Kambodscha) angebracht sein.
    Sie ist ist aber längst zu einem Instrument „liberaler“ Medien und Politiker degeneriert, wo es ihnen gefällt einen „regime change“ zu inszenieren. Wobei sich in den meisten Fällen zeigt, daß sich die Neuschöpfung selbständig macht und nicht die ihr zugedachte Marionettenrolle erfüllt. Siehe arabischer „Frühling“.
    Es ist nicht im Sinne der Bundesrepublik, sein Militär vorwiegend auf solche „selbstlosen“ Aufgaben als kostenlose Verfügungstruppe der UN zuzuschneiden. Das Kosten-Nutzenverhältnis leichter, hochmobiler, international kurzfristig einsetzbarer Verbände ist sehr schlecht, wenn man ihre Fähigkeit zur Landesverteidigung Deutschlands betrachtet.
    Bei knappen Kassen muß die Priorität lauten: Maximale Kernkompetenz „Landesverteidigung“ pro eingesetzten Euro. „Nice to have“-Ziele oder gar „wars of choice“ müssen unterbleiben.
    Dies dürfte auch der Akzeptanz der Bundeswehr und damit ihrem künftigen Zugang zu Finanzen gut tun.

  9. ThiloS sagt:

    Interessant ist doch, dass die...
    Interessant ist doch, dass die Franzosen das erst jetzt merken. Es scheint unserem Nachbarn erst jetzt aufzufallen, dass die bundesdeutsche Gesellschaft die Bundeswehr gar nicht will, von der BW als „Schule der Nation“ ganz zu schweigen.
    Man mag das nun bedauern, dies und den damit einhergehenden Verlust militärischer Traditionen, gepolitisch gesehen genügt uns jedoch tatsächlich eine Bundeswehr auf dem Status einer besseren Polizeitruppe mit Flugabwehrgeschützen. Die Bundeswehr wird niemals mehr irgendeinen Feldzug im Alleingang starten, Deutschland niemals mehr nur als „Solist“ angegriffen werden (oder Angreifer sein), sondern immer nur als Teil eines Bündnissystems.
    Von daher ist es auch nur folgerichtig, daß sich Frankreich eher an England als an uns anlehnt, wir sind und werden einfach der Juniorpartner bleiben und in den ganz harten Fällen mit dem Scheckbuch statt der Panzerfaust kämpfen. Nicht die schlechteste aller Alternativen…

  10. ... dass der derzeitige...
    … dass der derzeitige Aussenminister mit seiner UN-Lybien-Aktion Deutschland als unsicheren Kantonisten geoutet hat (und sich und seine Kanzlerin als Blindgänger) ist nicht eben neu. Dass diese Republik kein Mammutkreuz mit Lorbeerbäumen auf Selbstfahrlafette hat, mit dem man Repräsentanten fremder Mächte angemessen dekorieren könnte, wirkt dagegen entschuldbar.
    .
    Neu ist ebenfalls nicht, dass Frankreich unter Bündnis versteht, dass die Deutschen zahlen und die Franzosen den Vorteil davon haben. Dies ist im frnzösichen Verständnis nichts weiter als die Realpolitik einer Siegermacht.
    .
    … angenommen, es knickt und falzt die us-economy und schon der nächste potus muss denGorbatschow machen und seinen treuen Verbündeten erklären, dass weitere Unterstützung nun nicht mehr im amerikanischen Interesse liegt, dann haben diese treuen Verbündeten ein Problem. Ein grosses Problem, wenn wir dann einmal nach Taiwan oder Israel schauen. Wir in Europa brauchen dann einen neuen grossen Bruder, denn alleine kann Europa nicht so recht überzeugend die Weltmacht geben, eine Macht, die überall und jederzeit Truppen landen oder mit dem Atomschlag drohen kann. Als Schutzmacht bleiben dann die Russen und die Chinesen, wobei die Chinesen den Vorteil haben, weiter weg zu sein. Deutschland kann sich dem einen wie dem andern andienen, ein kalter Winter, und de Entscheidung für Russland ist gefallen, egal was Frankreich, England und die entente cordiale reincarnee dazu meinen. Das wissen die Franzosen und die Engländer, sie wissen auch, das die Russen das wissen und darauf hinarbeiten, und deshalb verhallten sich eben entsprechend.

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