Wer im Jesuitenpalast sitzt, sollte nicht mit Ministranten werfen.
Der Stoff kostet über 700 Euro für den laufenden Meter. Und mit diesem Stoff angetan, setzen sie sich ins Flugzeug nach Indien, gehen zu armen, schmächtigen Knaben, und die dürfen den Damast für ein Foto auch mal berühren. Das mitgereiste Team macht ein Bild davon.
Das ist nicht der Limburger Bischof, wie man vielleicht meinen sollte, sondern die Herbstausgabe meines Leib- und Magenmagazins World of Interiors, das fünf Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise wieder wirklich ekelhafte Werbung bekommt. Werbung mit 24 Karat vergoldeten Betten und was der Frau des Banksters, der seine Boni mit deutschen Kommunalanleihen, Verschmutzungsrechten oder anderen dreckigen Methoden verdient, sonst noch gefallen mag. Das ist kein Skandal, sondern das, was man sich in meinen Kreisen hält, und wäre da nicht dieser Tebartz-van Elst und sein Trip nach Indien gewesen, würde einem so eine Bilderserie mit den aktuellen Stofftrends in Goa gar nicht sonderlich auffallen.
Wir haben auch Verteidigungsminister, die dieses Land vor ausländischen, organisierten Räubern schützen sollten, was man am Horn von Afrika auch tut, aber sonst eher nicht und so werfen sie meist amerikanischen Firmen 500 Millionen für eine untaugliche Drohne hin. Zudem habe ich noch nicht gehört, dass ein Bischofssitz etwa fliegen und bei Bedarf auch die eigenen Bürger ausspähen könnte; das mag mancher vielleicht bedauern, ist aber ein klarer Vorteil. Es gibt in der gleichen Preisklasse der Drohne auch ein Berliner Stadtschloss und eine Elbphilharmonie, die dem Staat anfänglich nur ganz wenig kosten sollten, und gegen die sich ein Planschbecken für ein paar Goldfische ausnimmt wie wie also naja wie so ein kleines Becken sich eben ausnimmt neben einer monströsen Schlossfälschung im Spree-Kalkutta und ein Konzertgebäude in einer armen Stadt, die ihre kulturelle Blüte auch schon ein paar Jahrhunderte hinter sich hat. Dass wegen solcher Fälle irgendwelche Kanzler oder Bürgermeister zurücktreten mussten, wäre mir neu. Nach Rom sind sie auch nicht geflogen, und den Wähler haben sie auch nicht um Gnade angewinselt.
Natürlich mögen es Wähler und Kirchenvolk nicht, wenn jemand für Möbel 204.000 Euro ausgibt, aber denen fehlt in den Fertighäusern und Dreispännern halt die Übersicht über die Realitäten: Wenn man ein halbwegs gut erhaltenes Paar Kommoden von Abraham Roentgen kaufen will, womit man früher gerade mal ein Vorzimmer einer Zimmerflucht halbvoll bekam, muss man heute schon mindestens diese Summe zu zahlen bereit sein; oft allerdings auch deutlich mehr, womit eindeutig belegt ist, dass Tebartz-van Elst gar nicht vor hat, wirklich in die Fussstapfen von anderen Bischöfen zu treten, die nun wirklich ein Problem mit der Ausgabenkontrolle hatten.
Limburger Schäfchen sei an dieser Stelle eine Exkursion ins Fränkische geraten: Schon in Aschaffenburg steht das erste Schloss eines Bischofs, gegen das die Limburger Hütte wirklich bescheiden und billig ist. Der Erbauer von Schloss Johannisburg mit seinen vier Renaissanceflügeln war der Mainzer Erzbischof Johann Schweikhard von Kronberg, und seine Mainzer Untertanen bekamen ihn von da an singend und lachend weniger zu Gesicht, weil er das Leben im Schloss fern seines bescheidenen Bischofsitzes klar bevorzugte. 10 Jahre nach Baubeginn war das Prestigeobjekt fertig, und Kronberg liess zu diesem Anlass eine Gedenkmünze prägen, auf der das Schloss und er selbst zu bestaunen war. Schockiert? Das, liebe Leser, ist gute katholische Tradition. Nicht wegen ein paar Millionen nach Rom fliegen.
Dergleichen ist auch von den vier Bischöfen im nahe gelegenen Würzburg nicht bekannt, die über Jahrzehnte das Vermögen des Bistums vor allem in die neu gebaute Residenz steckten. Dazu muss man wissen, dass die Bischöfe schon ein üppiges Schloss auf dem Hügel über Würzburg hatten, sich dann aber nochmal ein weiteres Schloss mit Park an den Stadtrand bauen liessen (und noch eines weiter draussen als Sommerresidenz, aber das ist winzig und der Park kaum grösser als die Innenstadt von Limburg). Das ganze, skandalträchtige Bauvolumen in Limburg hätte spielend allein im Treppenhaus der Residenz genug Platz, und dann würde darin immer noch das Deckengemälde und der Stuck und die Vergoldungen und die Figuren und die Kronleuchter und der Marmor und die handgeschmiedeten Eisengitter und die mundgeblasenen Gläser und der Park und die Hofkirche und vieles, vieles mehr fehlen.
Kommt man aus Würzburg, ist Limburg nachgerade ein Schock der Askese. Fährt man statt dessen weiter nach Pommersfelden, so findet man dort Schloss Weissenstein, dessen Geschichte an Aschaffenburg erinnert: Es ist die Geschichte eines Bischofs, der nicht so gern seine Schafe hütete und statt dessen lieber grosse Politik machte, gern auch aus einem Schloss nach neuester französischer Mode. Mit einem gigantischen Treppenhaus, das damals, im frühen 18. Jahrhundert, in Deutschland seinesgleichen suchte. Der Bischof, Lothar Franz von Schönborn, hatte zwar schon ein paar Schlösser, und gerade erst eines bauen lassen, das ihm zu schlicht war, aber auch das alte Schloss Pommersfelden erschien ihm wie eine “Räuberhöhle”. Zu der Zeit konnte er seine Stimme bei der Kaiserwahl gewinnbringend verkaufen, und mit diesen Mitteln, die im Gegensatz zu den freundlichen Zuwendungen der BMW-Besitzer für die Partei der Kanzlerin wirklich den Titel “Bestechung” verdienen, wurde dann Weissenstein errichtet. Teilweise. Teilweise später auch mir Krediten, und als der Bauherr starb, mussten seine Erben erst mal Teile der zusammengerafften Gemäldegalerie verkaufen, um die Schulden zu bezahlen. “Den Bauwurmb” hatte Schönborn nach Eigenaussage, und wenn man das in historische Relationen setzt, dann hat Tebartz-van Elst allenfalls ein Baubakterium.
Ich kann allen Besuchern nur die Grotte in Pommersfelden ans Herz legen, die ist das gebaute Libellum in defensionem Tebarci-van Elsti Eposcopi et sua 15000-Euro-Badewännchen. Ich bin mir sicher, würde der Bischof den alten Schönborn und die heutige Londoner Bankstergattin durch seine Räume führen, würden die sich nachher goldklimpernd für die Führung durch den blitzsauberen Stall bedanken und fragen, wo eigentlich die Pferde gerade sind. Und wo hier das Haupthaus ist.
Das ist nämlich das Furchtbare an der Bescheidenheit: Fängt man einmal damit an, wird das von einem immer erwartet. Schönborn und seine Kollegen waren nie bescheiden, wenn sie ihre Stimmen bei der Wahl verkauften, und wenn sie Geld brauchten, erhöhten sie eben die Steuern, oder schmolzen Kirchenschätze ein. Die Bankster waren nie bescheiden, wenn sie ihre durch Betrug aufgeblähten Bilanzen mit Geldern der Staaten fütterten, sie sangen “Deutschland über alles” und liessen Frau Merkel die Steuer für Rettungsfonds abzweigen, oder verkaufen nur für sie selbst lukrative Produkte. Das hat vor 300 Jahren funktioniert, es geht heute auch noch, wenn man es richtig anpackt. Die Lappalien, für die nun Tebartz-van Elst Bedauern zeigen muss, sind nicht mehr als Standard im internationalen Immobiliengeschäft. Wer sich keine Reise zu den fränkischen Bischofsschlössern mehr leisten kann, der kaufe wenigstens die World of Interiors: Arme Kinder aus Goa zeigen Stoffe so teuer wie ein Jahreslohn Kinderarbeit, gezahlt in Nähereien für Billigkleidung.
Also: Wer im Jesuitenpalast sitzt (wie ich das im Übrigen gerade tue, es ist ja nicht so, dass ich die Baukunst der Kirche nicht zu schätzen wüsste, sehr solide und nach 4 Jahrhunderten tun einem die Kosten auch nicht mehr weh, die andere aufbringen mussten), sollte sowieso nicht mit Ministranten werfen. Der Rest in den Hütten aber auch nicht, wenn sie sich in den Hütten weiterhin behandeln lassen wie die Leibeigenen, die ihre Vorfahren gewesen sind.
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