Stützen der Gesellschaft

Stützen der Gesellschaft

Leben, Bildung, Torten und sozialunverträgliches Spätableben unter Stuck und Kronleuchtern.

Es gibt keine falsche FDP in der richtigen Oligarchie

Diesen Beitrag widme ich aus Gründen dem Rottach-Egerner Lokalprominenten und einzigartigen Justizentgeher Alexander Schalck-Golodkowski

Vor etwas mehr als 27 Jahren marschierte die Deutsche Demokratische Republik in den Westen ein, wie wir wissen, mit dem Schlachtruf „Wir sind das Volk, und wenn die D-Mark nicht kommt, kommen wir zu ihr“. Die deutschen, demokratischen Republikbewohner entschieden sich also ganz bewusst für die Freuden der im Westen herrschenden Oligarchie, die sie aus den TV-Geräten kannten, traten als Bundesländer beim und übernahmen dann langsam, aber zäh selbst die Schlüsselposten der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Gelegenheit verzichtete man auch aus guten Gründen darauf, die ganze Veranstaltung als „Demokratisch“ zu bezeichnen. Als Republikaner sind wir gebunden, als Menschen dagegen hübsch ungleich und egal, wer seitdem an der Regierung war: Unsereins in den guten Lagen ging es jedesmal etwas besser. Regierungen kamen und gingen, Sparpakete wurden beschlossen, aber an den oligarchischen Grundfesten hat niemand je gerüttelt. Das hier ist so eine Oligarchenvilla, allerdings in Brescia, wo die Mille Miglia startet.

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Dieses Nichtrütteln kann man betreiben wie Rot-Grün, indem man Börsen bis zum NEMAX-Crash liberalisiert und dennoch nichts fürchten muss, weil durch HartzIV genug Geld da ist, die Folgen zu dämpfen. Man kann es wie die Merkel-Kabinette machen, denen es gelang, aus einer fundamentalen und wirklich teuren Anlagekrise der Reichen für genau diese Reichen einen Immobilienboom zu schaffen, und die Börsen wieder hochzupäppeln – mit ein paar brutalen Nebenwirkungen für Resteuropa in der sog. „Finanzkrise“, aber Oligarchie ist für die Leibeigenen nun mal aus Prinzip kein Zuckerschlecken. Im Grundgesetz mag etwas anderes stehen, ja gar etwas von Gleichheit, aber die Krisen treffen immer nur Leute, die man gar nicht kennt, und der Aufschwung kommt stets oben an. Keine Ahnung, wie die das in Berlin machen, aber ich kann bestätigen: Es funktioniert. Wie ein perfekt gewarteter Motor eines Oldtimers, bei dem ein Multimillionär keine Kosten scheut, wenn es um Gunstbeweise für Freunde geht.

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Und da spielt es auch keine Rolle, ob die FDP etwas zu melden hat, oder nur Geldnot meldet. So wie sie das nach ihrem Ende als Partei im Bundestag tun muss, weil es da – Ältere werden sich vielleicht erinnern – ein paar praktische Probleme mit der Oligarchieumsetzung gab. Einen vom Geheimdienst transportieren Teppich, eine Dirndlbemerkung eines alten Herrn, einen Ausflug in die römische Dekadenz, eine Hotelier-Parteispende, einen Putsch angesichts des drohenden Niedergangs und eine Leihstimmenkampagne, die nach hinten los ging, sowie Konkurrenz durch die AfD. Es war eine schlechte Zeit für eine Partei, die sich offen wie keine andere zu den wahren Zielen unserer oligarchischen Gesellschaftsordnung bekannte. Aber Ehrlichkeit wird nicht belohnt, und auch so mancher Leser wird gegen meine Interpretation der jüngeren Geschichte protestieren. Oh, schauen Sie mal, ein seltener O.M. mit Startnummer Eins, ganz vorne bei der Mille Miglia.

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Was wollte ich… ach so. Ja. Das sind, werden Sie sagen, bei der FDP doch alte Geschichten. Die Partei hat jetzt Zeit, sich als neue Kraft des Liberalismus zu formieren. Sie hat eine herbe Niederlage kassiert, und jetzt weiss sie, was sie nie wieder tun darf. Sie hat die Gelegenheit, bundespolitisch einen Schnitt zu machen und einen Neuanfang zu schaffen. Weg von der Partei der Besserverdienenden, was ohnehin, wenn ich das hinzufügen darf, ein idiotischer Begriff ist. Wer meint, besser verdienen zu müssen, um in der Oligarchie mitspielen zu können, hat das System nicht begriffen: Geld verdienen kann jeder. Es geht doch wirklich nur um den Besitz, für den man nichts tut, der sich einfach irgendwie einstellt. Nur so geht Oligarchie, das Emporkommen von Ver-Dienenden nennt man Ochlokratie. Aber wie auch immer, der Liberalismus liegt wohl etwas brach, und da wäre es doch fein, wenn nun mit neuem Geist und viel Demut von der FDP bewiesen wird, dass man gelernt hat. Und hat nicht der neue Parteichef gerade seine Mitglieder zum Notopfer aufgerufen? Vielleicht geht denen jetzt ein Licht auf, wie wichtig Solidarität ist. Hoch. Die. Internationale. Solidarität. Schauen Sie, noch ein knallroter O.M.. So einer kostete letztes Jahr bei einer Bonhams-Auktion 2 Millionen US-Dollar.

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Die O.M.s dürfen wegen ihrer frühen Siege bei der Mille Miglia vorne voraus fahren. Das Exemplar mit der Startnummer Eins ist oft dabei, es gehört einem vermögenden Hamburger. Da hat man also die wartenden, angespannten Massen, und dann rauscht so ein roter Wagen heran. Da sind die Italiener natürlich begeistert, so begeistert, wie es viele meiner Bekannten gerade über die FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger sind. Denn die hat in den Jahren der letzten Koalition dafür gesorgt, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht mehr kam. Zurecht, wo doch das Vefassungsgericht diese von SPD und CDU beschlossene Massnahme als verfassungswidrig verurteilte. An diese Frau erinnert man sich wieder gerne. Gleichzeitig ist die SPD mit ihrem neuerlichen Ja zum neuen Versuch der Verfassungwidrigkeit und zum TTIP auf dem besten Weg, dort zu landen, wo FDP und ihre griechischen Kollegen von der PASOK schon sind. Beschliessen kann man viel, aber wie soll man mit der Beliebtheit eines betrunkenen Robbenbabytotschägers gewählt werden? Auch Sie wollen jetzt vermutlich nicht das Gesicht von Sigmar Gabriel sehen, daher kommt hier nochmal der O.M. mit der Startnummer Eins, frisch zurück aus Rom, wo die späte Dekadenz zuhause ist.

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Und mit dem Mann auf dem Beifahrersitz.

Den kennen Sie übrigens.

Zwar steht in der Startliste hinter seinem Namen ein CH für Schweiz, aber da arbeitet er nur, wie auch manch andere. Er ist Deutscher. Deutscher Ex-Politiker. Und Ex-Parteichef. Es gibt auch keinen Anlass, warum ein Ex-Politiker nicht hier mitfahren sollte, im Auto eines wohlhabenden Hamburgers. Besonders, wo er doch jetzt beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos arbeitet, und nicht mehr zum Wohl der Bundesoligarchie Deutschland. Sein Name ist Philipp Rösler, und hier braust er im O.M. besser durch Italien als weiland die FDP durch der Krise. Vielleicht erinnert sich noch mancher an den Wahlabend mit diesem Herrn: Gar kein Vergleich zu diesen schönen Bildern, wo er gelöst und heiter durch Italien fährt. Seine Änderungen am Armutsbericht als Wirtschaftsminister begründete er damit, dass es Deutschland so gut wie nie zuvor gehe. Und nachdem die Teilnahme hier – wenn man einen derartigen Wagen nicht selbst kaufen muss – immer noch 7000 Euro plus Mehrwertsteuer für das Zweierteam kostet, muss man ihm Recht geben: Diesem Deutschland der Oligarchen geht es blendend. Wrummmm, donnert der Motor, und grinsend fliegt einer vorbei, den viele angesichts der lieben, liberalen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger schon vergessen haben. Aber er selbst hat ein feines Wochenende in Italien.

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Und zwar exakt an jenem Wochenende, da der neue Parteichef die Mitglieder um Geld für die ramponierte Partei anbetteln musste. Da hat so eine Sause durch das schönste Land der Welt in einem Millionenautos für ein paar tausend hart verdiente Euro schon eine gewisse Grösse für so einen jungen, talentierten Mann wie Herrn Rösler. Das ist nicht das demütige Bitten einer Partei, die Geschäftsstellen schliessen muss: Das ist die ganz grosse Geste. Italien geht es dreckig, aber der Mann, der als Vizekanzler der führenden Oligarchie die Sparzwänge mit getragen hat, fährt ganz vorne mit, grinst über die Windschutzscheibe und nimmt die Huldigungen der Italiener entgegen. Ganz klein steht sein Name auf dem Auto, er ist so schnell vorbei, da merkt keiner, welcher Verantwortliche und Austeritätsprediger da kommt, vorbeisaust und in einer Wolke aus Staub und blauen Abgasen verschwindet: Es geht ihm gut. Das Leben ist schön. Die Oligarchie sorgt für ihre Helfer. Und für die Abgase für den Rest. Im Hintergrund sehen Sie einen Stand der Neofaschisten, die in dieser Krise in Italien und angesichts der Zwänge aus Deutschland bestens gedeihen.

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Rösler macht keinen Hehl aus seinem Treiben, das steht auch im Manager Magazin. Da ist kein Falsch und keine Täuschung wie bei Heiko Maas, der auf Geheiss von Gabriel umfallen musste. Da ist kein hündisches Ankriechen eines geprügelten Köters wie beim SPD-Parteikonvent. Rösler gibt Vollgas, kein Blick zurück, die Strasse ist frei für ihn, und genau so muss man sich auch seine Partei vorstellen, die jetzt wieder Morgenluft ahnt. Ein paar alte Einzelkämpfer für Bürgerrechte wie Gerhart Baum, und ganz viele Junge, die auch mal sehen wollen, was alles geht. Schnell wollen sie sein, so schnell, dass die Zuschauer gar nicht begreifen, was da wirklich auf sie zu kommt. Der lächelnde, gut versorgte Mann, der die Probleme anderen überlässt und Spass mit seinen Privilegien hat: Das, sage ich als Profiteur der Oligarchie, war die FDP. Ob das neue Leitbild der Partei nun der alte, ehrenwerte Herr Baum ist, oder die Aussicht auf so ein Leben – diese Entscheidung ist einfach, wenn meine Analyse der Gesellschaftsform stimmt.

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Wer aber meint, dass es etwas unpassend ist, wenn so einer mit seiner Vorgeschichte so auftritt, sollte er nach meiner Auffassung vielleicht doch etwas mehr tun, als nur alle vier Jahre sein Kreuzerl machen und hoffen, dass die FDP etwas gelernt hat. Mir persönlich ist es egal. Es gibt keine falsche FDP in einer richtigen Oligarchie. Ich kenne das Spiel, die Startnummer Eins und deren Fahrer, und ich achte stets in zarter Fürsorge um den Seelenfrieden der Leser darauf, dass die wirklich fragwürdigen Motive normalerweise nicht den Weg in die Zeitung finden.