Supermarktblog

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Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

5 Supermarkt-Mythen: Stimmt’s, dass wir immer gegen den Uhrzeigersinn einkaufen?

| 12 Lesermeinungen

Der klassische Supermarkt beginnt stets mit der Obst- und Gemüseabteilung? Die teuren Produkte sind im Regal in Augenhöhe platziert? Und die Kassenbänder werden immer kürzer? Das Supermarktblog klärt, was dran ist am weit verbreiteten Halbwissen über die Strategien der Läden, ihre Kunden beim Einkauf zu lenken.

Haben Sie sich auch so ein tolles Supermarkt-Halbwissen aus diversen Medien zurechtdestilliert und glauben, Sie wüssten, wie der Laden läuft – also: wie wir beim Einkaufen beeinflusst werden? Dann lesen Sie doch mal, was Claudia Horbert dazu sagt. Sie ist Leiterin des Fachbereichs Ladenplanung beim EHI Retail Institute in Köln, wo im Auftrag der Supermärkte geforscht wird, wie wir einkaufen, und beschäftigt sich hauptberuflich damit, wie die Märkte funktionieren.

Fürs Supermarktblog erklärt sie freundlicherweise, was dran ist an den populären Mythen.

* * *

Mythos 1: Supermärkte sind immer so gebaut, dass man gegen den Uhrzeigersinn durch den Markt geführt wird.
Das sagt die Expertin: „Das ist kein Mythos, es gibt aber auch keinen Zwang, es genau so zu machen. Herausgestellt hat sich aber, dass Menschen den Lauf gegen den Uhrzeigersinn bevorzugen und dabei die Aufmerksamkeit nach außen gerichtet ist. Daher gibt es im Lebensmittelhandel sehr oft die Kundenführung mit Zugang und Umlauf von links. Sehr wichtig ist vor allem die Führung im Markt. Die Kunden werden so geleitet, dass sie auch in den hinteren Bereich kommen, wo in der Regel die Bedienung für Fleisch, Käse und Fisch angesiedelt ist. Es gibt auch Märkte, bei denen diese Theken in der Mitte wie Stände eingebaut sind – das ist jedoch sehr kostenintensiv und wird deshalb seltener umgesetzt.
Die äußeren Gänge und der Mittelgang sind im Supermarkt am meisten frequentiert. Im SB-Warenhaus gibt es einen Hauptgang, der zuletzt immer breiter geworden ist, und über den die übrigen Gänge erschlossen werden.“

Mythos 2: Die Kassenbänder werden immer kürzer.
Das sagt die Expertin: „Das ist richtig. So soll der Kassiervorgang beschleunigt werden. Man muss sich die Kasse als eine Art Nadelöhr vorstellen. Das Bezahlen ist sehr zeitintensiv und es wird immer versucht, dort Zeit einzusparen. Tatsächlich kommen daher auch die SB-Kassen: um Kunden mit kleineren Einkäufen die Möglichkeit zu geben, schneller zu bezahlen. Und selbst wenn manche länger brauchen, haben sie das Gefühl, dass es schneller geht – weil sie etwas zu tun haben und nicht nur in der Schlange warten.“

Bild zu: 5 Supermarkt-Mythen: Stimmt's, dass wir immer gegen den Uhrzeigersinn einkaufen?
Bitte räumen Sie jetzt ein. Schneller! Der nächste Kunde wartet schon, und ganz bestimmt nicht gerne

Mythos 3: Ein Trick der Supermärkte ist es, die teuren Produkte im Regal immer in Augenhöhe zu platzieren. Wer günstiger einkaufen will, muss sich bücken und ganz unten nachschauen.
Das sagt die Expertin: „Tendenziell ist die etwas teurere Ware tatsächlich immer in Blick- und Griffhöhe einsortiert, unten in der ‚Bückzone‘ stehen dann die preiswerteren Artikel. Als ‚Trick‘ würde ich das aber nicht bezeichnen. Ich halte es für legitim, bestimmte Waren eher ins Blickfeld der Kunden zu rücken – die Markenartikelindustrie macht es mit der Werbung ja ganz ähnlich. Und das Regal ist quasi das Marketinginstrument des Handels.“

Mythos 4: Den Discountern ist’s egal, wo die Waren stehen – die Kunden kommen sowieso nur wegen der niedrigen Preise.
Das sagt die Expertin: „Auch bei Aldi und Lidl ist die Abfolge von Waren und Produktgruppen in den jeweiligen Märkten identisch, damit die Kunden sich orientieren können. Der Einkauf im Discount ist immer mit Schnelligkeit und Zeitersparnis verbunden. Eigentlich ist das auch eine Art ‚Convenience‘. Der Discounter bietet seinen Kunden einen Service, indem er ihnen hilft, Zeit zu sparen.“

Mythos 5: Der klassische Supermarkt beginnt für den Kunden mit der Obst- und Gemüseabteilung.
Das sagt die Expertin: „Die Obst- und Gemüseabteilung ist in den vergangenen Jahren tendenziell immer größer geworden und die Präsentation ist an die auf dem Wochenmarkt angelehnt. Trotzdem ist diese Anordnung nicht unumstritten, denn wenn Sie erst die Erdbeeren in den Einkaufswagen legen und nachher noch Platz für die Dosen brauchen, ist das weniger praktisch. Es gab Überlegungen, die Anordnung zu drehen – das hat sich aber nicht durchgesetzt. Vor allem, weil es den Märkten darum geht, die Kunden von Anfang an emotional zu ‚fangen‘ – und das geht besonders gut mit frischen Waren. Es gab durchaus schon Versuche, daran etwas zu ändern. Davon hat sich aber keiner durchgesetzt. Offensichtlich scheinen die Kunden zu erwarten, dass es mit Obst und Gemüse losgeht.“

Foto: Supermarktblog

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12 Lesermeinungen

  1. CaoKy60 sagt:

    Also vier von den fuenf...
    Also vier von den fuenf „Mythen“ sind „Fakten“ :). – Zu Fakt I: das kommt wohl daher, dass die meisten Menschen Rechtshaender sind, und daher nach rechts abbiegen. Und auf der Strasse in D (ungleich Japan) herrscht ja auch Rechtsverkehr. – Ein wichtiger Fakt V, kein Mythos: die besonders oft und schnell gebrauchten, nuetzlichen aber schlichten Dinge des taeglichen Lebens – Milch, Brot, etc., stehen immer ganz HINTEN im Supermarkt, damit die Kunden auf dem Weg dorthin durch den ganzen Markt muessen, und vielleicht doch das Eine oder Andere kaufen, was gar nicht auf der (mentalen) Einkaufsliste stand. Umgekehrt (Fakt VI) kommen die „Verlockungsangebote“ wie Suessigkeiten ganz nach vorne an die Kasse, damit sie noch gekauft werden, vielleicht auf Wunsch der Kinder, waehrend man an der Kasse wartet. Fakt VII ist auch dass aus Kontrollgruenden die Zigaretten ganz nahe an der Kasse verkauft werden, damit die groesstmoeglichste Aufsicht darauf herrscht. – Fakt VIII: Das gesellige Trinken des Biers in kleineren Maennergruppen aus den frisch im Markt erstandenen EUR 0.49 PET Flaschen VOR dem Supermarkt ist in D erlaubt/geduldet, in den USA koennte man dafuer („public consumption of alcohol“) gleich mal auf die Polizeiwache mitgenommen werden. Und Fakt IX: wer in D einen Supermarkt pluendern will (Berlin 1. Mai), muss niemals damit rechnen, von den Marktbesitzern mit Gewehr und scharfer Munition daran gehindert zu werden (LA, Rodney King Riots, 1991).

  2. Tipperia sagt:

    Dem ist an sich nichts...
    Dem ist an sich nichts hinzuzufügen. Längst nicht jede Massnahme ist ein Trick, wird aber oft als solche gesehen. Ich denke, ganz falsch wäre es, den Kunden zu unterschätzen. Die machen sich nämlich sehr wohl Gedanken…ich helfe ihnen gerne dabei.  😉

  3. Hildegard sagt:

    Ein interessanter Artikel, der...
    Ein interessanter Artikel, der allerdings die Einkaufs-Wagen bzw. -Körbe außer Acht lässt. — An alles bzw. alle scheint die Marktleitung gedacht zu haben. Sei es das Kindereinkaufautos, der Einkaufswagen mit Babyschale oder der Einkaufs-Rollstuhl .. der Rubel muss rollen. Und was ist mit Einkaufskörben? Nicht selten, dass der Marktführer gänzlich darauf verzichtet. Wie oft habe ich mich darüber gewundert, oder besser gesagt geärgert, wenn ich wegen zwei Joghurts, einer Schlangengurke (im Moment verzichte ich auf Gurken) und ein paar Scheiben Käse irgendeine Obstkiste ausräumen musste. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist, lieber Marktleiter, warum also keine Körbe?

  4. Logisch wäre: Alle leicht...
    Logisch wäre: Alle leicht verderblichen Waren nach vorne. Alles was nicht auf Vorrat eingekauft werden kann. Zudem diejenigen Dinge welche der arbeitende Mensch zur Mittagspause holt. Darüberhinaus werden für Großeinkäufe genau diejenigen die richtige Strategie fahren die ausreichend Parkplätze bereitstellen und außerhalb der normalen Arbeistzeiten geöffnet haben. Wenn durchschnittlich von 9-18 Uhr gearbeitet wird, wer kann dann in dieser Zeit gleichzeitig einkaufen? Sinnvoll wäre also wenn dann durchschnittlich von 18-9 Uhr eingekauft werden könnte. Denn kaum einer kann in der Mittagspause mal schnell den Weg vom Büro in den Supermarkt, von dort zum heimischen Kühlschrank und wieder zurück absolvieren. Feste Ladensöffnungszeiten sind allenfalls was für Rentner und Arbeitslose.

  5. bettelbaron sagt:

    Den noch immer...
    Den noch immer faszinierendsten Blick in die Hirne der consumer engineers, den ich diesen doch ziemlich lahmen Ausführungen bevorzuge, liefert
    Harun Farocki, Die Schöpfer der Einkaufswelten, D 2001, 75 min.
    Ein sehr kluger Film, der Kommentar und Konsequenz ganz dem Betrachter überläßt.

  6. Raffy Ryff sagt:

    @Hildegard: mein Supermarkt um...
    @Hildegard: mein Supermarkt um die Ecke bietet Einkaufskörbe in Herzform für Singles auf der Suche (nach Joghurt und Partner)… @ bettelbaron: Da haben sich die Hirne der consumer engineers aber gewaltig angestrengt!

  7. pschader sagt:

    @Raffy Ryff: Davon hätte ich...
    @Raffy Ryff: Davon hätte ich wahnsinnig gerne ein Bild!

  8. Klaus Krebs sagt:

    Es ist nicht immer ein Trick....
    Es ist nicht immer ein Trick. Die Tatsche, dass der Obst- und Gemüsesebereich zunimmt, hängt auch mit veränderten Ernährungsgewohnheiten zusammen. Die Präsentation im Eingangsbereich ist wiederum ein „Trick“, da sich der erste Eindruck relativ lange auf das Gesamtimage übertragen lässt.
    Das ist auch der Hintergrund, weshalb viele Supermärkte jeden Abend ihr Obst wegwerfen. Der Gesantumsatz ist messbar höher, wenn im Eingangbereich nur frisches Obst liegt und lohnt sicht trotz des Totalverlustes des Altobstes.
    Manche der Supermärkte in Berlin geben zumindest dieses Obt an sozial Einrichtungen ab,
    In dem Fall ist beiden geholfen: den Bedürftigen und dem Umsatz. Also hat mancher „Trick“ auch sein moralisch Gutes.

  9. Raffy Ryff sagt:

    @Peer Schader: ich hab das...
    @Peer Schader: ich hab das Bild in meinem fb account abgelegt. Ich hoffe es lässt sich anschauen: https://www.facebook.com/raffy.ryff

  10. pschader sagt:

    @Raffy Ryff: Für mich leider...
    @Raffy Ryff: Für mich leider nicht. Aber per Mail an peer.schader [at] supermarktblog.com würd’s ankommen.

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