Guten Morgen, wir verhandeln gerade die Rechtssache EU-Kommission gegen Plastiktüte. Setzen Sie sich bitte leise hin und stören nicht.
Die Klage:
Meiner Mandantin, der Plastiktüte, wird vorgeworfen, in nicht mehr hinzunehmendem Maße die Umwelt zu verunreinigen und durch eine unkontrollierte Verbreitung unter anderem für den Tod unzähliger Meeressäuger verantwortlich zu sein. Die Klägerin führt folgende Punkte an:
Jeder EU-Durchschnittsbürger benutze im Jahr 500 Exemplare meiner Mandantin, und zwar meistens nur einmal. 2008 seien von ihr deshalb europaweit 3,4 Millionen Tonnen produziert worden.
Als Problem wird vor allem gesehen, dass meine Mandantin sich oft nicht korrekt entsorgen lasse, sich stattdessen selbstständig mache und in der Landschaft herumhänge, obwohl es hunderte von Jahren dauern könne bis sie dort verrottet sei.
Dazu wird angeführt, meine Mandantin treibe sich zu häufig im Mittelmeer herum, und zwar in Gestalt von 250 Milliarden Plastikpartikeln, rund 500 Tonnen, die Tiere zugrunde gehen ließen, wenn sie sie verschluckten.
Meine Mandantin räumt ein, dass es zu einem gewissen Fehlverhalten gekommen ist, sie gibt jedoch zu bedenken, dass sie sich ihren Umgang oft nicht aussuchen kann.
Die Klägerin ist ihrerseits noch unschlüssig, ob sie ein komplettes Verbot oder eine Besteuerung meiner Mandantin durchsetzen will. Um diesbezüglich zu einer Entscheidung zu gelangen, hatte die Klägerin einen Fragebogen auf ihre Website gestellt, in dem sich EU-Bürger und Vertreter der Verpackungsindustrie bis Anfang August zu dem Sachverhalt äußern konnten. Wir beantragen allerdings, die Ergebnisse nicht für die Verhandlung zuzulassen, da der Fragebogen für normalsterbliche Menschen völlig unverständlich formuliert war. Darüber hinaus wird beantragt, dass die Klägerin sich endlich einen Webdesigner für ihren Internetauftritt suchen soll, weil es eine Zumutung ist, sich in dessen 80er-Jahre-Layout zurechtzufinden.
Die Verteidigung:
Bei aller Bereitschaft meiner Mandantin, eine Mitschuld an dem Missstand anzuerkennen, möchte ich darauf verweisen, dass sich die angeführten Probleme bereits durch eine korrekte Handhabung eindämmen lassen. Schon jetzt lässt sich meine Mandantin hervorragend mehrere Male verwenden – um Altglas wegzubringen, als Sitzunterlage im Park oder für den Transport von Geburtstagsgeschenken, Weinflaschen und nicht flüssigen Sonderabfällen, die im Keller gefunden wurden.
Es gibt Fälle, in denen meine Mandantin sogar als Ersatzaktenkoffer benutzt wird, und solche, in denen finanziell weniger üppig augestattete Bürger ihr vollständiges Hab und Gut in ihr transportieren. Es existiert sozusagen eine gesellschaftsübergreifende Anerkennung ihrer Nützlichkeit.
Womöglich könnte auf ein Verbot verzichtet werden, wenn es sich durchsetzen ließe, dass generell weniger Exemplare verbraucht werden und es zur Pflicht gemacht würde, meine Mandantin künftig nicht mehr aus gewöhnlichem Polyethylen herzustellen, sondern beispielsweise aus leichter recycelbarem Zuckerrohr, wie es von einzelnen Unternehmen bereits praktiziert wird. Eine Nutzung sollte ohnehin nur erfolgen, wenn ein Rückgriff auf festes Taschenwerk gerade nicht praktikabel ist.
Sollte die Klägerin aber so in Fahrt sein, dass sie unbedingt auf Verbote drängt, gäbe es einige Alternativen, die ich dem Gericht vorzuschlagen hätte.
Durchsichtige Plastikstreifen in Papiertüten einzukleben, um es dem Kassenpersonal im Supermarkt zu ersparen, besagte Tüte eigentätig zu öffnen und deren Inhalt zu begutachten, sollte verboten werden.
132 Gummibärchen (nachgezählt) in 15 Tütchen zu verpacken, um diese dann noch einmal in einer größeren Tüte verschwinden zu lassen, sollte noch viel früher verboten werden.
Und Gemüse in Plastikschalen zu legen, die wiederum in Plastik gehüllt werden, anstatt alles einfach lose im Regal zu deponieren, müsste längst schon verboten sein.
Meine Mandantin bittet darum, diese irritierenden Ungleichheiten hinsichtlich der Plastikvermeidung für die Urteilsfindung zu berücksichtigen.
Das Urteil:
Wird vom hohen Gericht der Kommentatoren gesprochen. Da tritt es gerade zusammen! Was mag es entscheiden?
Fotos: Supermarktblog
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Verteidigung stattgegegen!...
Verteidigung stattgegegen! Freispruch mit Auflagen an die Angeklagte.
Ich möchte auch nicht auf Tüten verzichten. Ich sammele sie in einem genialen Tütensammler, den es mal bei IKEA gab. Flaschenmüllentsorgung ist die meistverwendete Einsatzform. Auch liegen einige Exemplare im Auto und eines steckt immer in der linken, sonst völlig unnötigen Gesäßtasche. So habe ich immer eine Transportmöglichkeit parat, falls ich mal meine geliebte Reisenthel-Carry-Bag vergessen habe. Ich komme deshalb auch mit wenig Neukauf von Tüten aus. Und wenn es denn doch mal sein soll, dann am liebsten die kompostierbaren.
Das Verfahren gegen die Angeklagte ist also völlig unnötig – wie so vieles, wenn die Leut nur vernünftiger wären …
Vielleicht hilft ja ein Blick...
Vielleicht hilft ja ein Blick in’s Ausland:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/italien-abschied-von-der-plastiktuete-stoff-statt-plastik-1.1042377
Für mich hat es die ZEIT neulich auf den Punkt gebracht:
https://www.zeit.de/2011/36/Finanzkrise-Demokratie/komplettansicht
„Eine Demokratie, die sich darauf beschränkt, Rauchverbote in Gaststätten zu erlassen oder die Helmpflicht von Radfahrern zu diskutieren, also dem gegenseitigen Gängelungsverhalten der Bürger nachzugeben, aber die eine große Macht, die alle gängelt, nicht beherrschen kann, ist das Papier nicht wert, auf dem ihre Verfassung gedruckt wird.“
Vor der Plastiktüte sollte die EU ganz dringend andere Dinge regulieren!
Wir verwenden die...
Wir verwenden die Plastiktüten als Abfalltüten. Ob wir dazu nun eigens gekaufte oder bereits vorhandene Plastiktüten verwenden, kann doch eigentlich keinen Unterschied machen, oder?
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Was mich viel mehr ärgert: ich habe den Eindruck, dass die Tüten dünner geworden sind. Mir sind beim REWE auf der Luegalle in Düsseldorf in den letzten Monaten drei Tüten gerissen, was an der Kasse jeweils ein Riesenärger für alle Beteiligten war. Folge für mich war daraus, dass ich bei REWE keine Bioprodukte oder „Feine Welt“-Produkte mehr kaufe – denn wenn die schon an der Tütendicke einen Zehntelcent Material sparen, muss ich doch erst recht davon ausgehen, dass bei höherpreisigen Produkten überall gespart wird.
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Sorry wegen des leichten Off-Topic-Post; das war in der letzten Zeit einer der größeren Aufreger für mich.
Thomas Berger
Freispruch! - Aber...
Freispruch! – Aber Plastiktueten sollten immer etwas kosten, damit sie so sparsam (wieder) verwendet werden wie moeglich. In Rumaenien war das unheimlich effektiv: seit Plastiktueten selbst unter 10 Eurocent kosten, ist die vorherige Plastiktuetenmuellflut fast vollstaendig (!) verschwunden. Das sollte, falls es noch immer nicht der Fall ist, in allen Mittelmeeranrainerstaaten so gehandhabt werden. Ueber einen Plastiktuetenpfand (!) sollte man sich aber nicht unterhalten! – Der Grund fuer die Mini-Gummibaerchenpackung ist eben, dass fuer Kindergeburtstage oder Halloween (trick or treat) u.a. kleine Tuetchen gebraucht werden, die man nicht einzeln verkaufen will. Deshalb gibt es auch 6-Pack Joghurtgebinde, oder Bierflaschen im 6-Pack, statt in einer 2 Liter PET Flasche (die man wieder einmal in Rumaenien gut kaufen kann).
500 Stück pro Person pro...
500 Stück pro Person pro Jahr?! Wahnsinn! Ich selbst hab‘ praktisch immer Transportbehältnisse dabei, sodaß ich persönlich wohl eine ganze Zehnerdimension vom Durchschnitt streichen kann. Andererseits muss dann irgendein Tütendepp 950 Stück einsacken, um den Durchschnitt zu halten. <-;< . Die kostenlose Abgabe von Tüten könnte ruhig untersagt werden, zur Vermeidung von Eincent-Pseudopreisen gern auch ein Mindestpreis oder vielleicht auch eine höhere Bepfandung vorgegeben werden. . 500 Tüten pro Jahr und Person?! Ein Wahnsinn!
Ist doch ganz einfach.
A -...
Ist doch ganz einfach.
A – Der Plastiktütenirrsinn
1. Jede Standard P-Tüte sollte künftig mindestens 1 Euro kosten.
2. Jeder Markt muss – z.B. für 99ct eine günstigere gleichgrosse Stofftüte anbieten.
Resultat: P-Tütenverkauf geht gegen Null.
B – Verpackungsirrsinn bei Lebensmitteln
1. Plastikverpackungen werden, wenn man sie vermeiden könnte indem man z.B. Wachspapier verwendet, mit einer „P-Steuer“ belegt, die mindestens 10% vom Verkaufspreis beträgt.
Resultat: Der Wettbewerb unter den Anbietern wird das Problem schnell erledigen. Und wenn z.B. Luxusanbieter meinen sie müssten ihren Kunden „den P-Irrsinn gönnen“, dann gerne. Die Steuereinnahmen kann die Allgemeinheit gut vertragen.
Ich bin sicher das die Industrie sich ganz schnell – schneller als wir alle glauben – neue und originelle Lösungen ausdenken wird, bzw. schon parat hat.
Ein solches Gesetz würde ich innerhalöb von einem halben Jahr aktivieren, damit max. Druck entsteht.
Nachtrag
Zum Beispiel...
Nachtrag
Zum Beispiel „Gummibärchen in den Minitütchen:
Generell sollte man solche Hersteller meiden. Mitunter sollte man auch daraufhin arbeiten, dass derartige Verpackungsorgien steuerliche „besonders berücksichtigt werden, denn es macht Null,0 Sinn die Rohstoffe auf diesem Weg zu vernichten.
Zu SB-Brötchen und SB-Metzger + Co.:
Diese „Lebensmittel“ sind in der Regel mehr eine „geschmackliche Zumutung der besonderen Art“, statt eine Leckerei.
Ähnlich sieht es mit „Einheitsbratwurst“, knorpeligem Hackfleisch oder „Zähsteaks“ „aus der Schutzgas-Klarsicht-Plastik-Verpackung mit ExtraHaltbarkeit“ aus.
Die „SB H-Brötchen“ schmecken eher nach Pappe und blenden sich somit nahtlos in die Geschmackswelt der SB-H-Metzgerprodukte aus der „Fleisch-Wühltheke“ ein.
Überall die gleichen „Lebensmittelmassen“. Vielfalt ade.
Preislich schiessen die SB-ler erst die Bäcker und Metzger vorort weg, um dann preislich anzuziehen. Das ist Irrsinn, denn dieser Trend bringt unsere Lebensqualität nach unten, statt sie zu verbessern.
Nachdem die guten alten Bäcker-Brötchen immer mehr verschwinden oder immer mehr „stauben“, d.h. mehr aus Luft statt Mehl bestehen, verschwinden auch immer mehr Metzgereien gegen den Preisdruck der SB-ler.
Eine gescheite Bratwurst zu finden, die z.B. keinen Knorpel hat, ist fast unmöglich geworden, zumindest in unserer Gegend.
Und – Was bleibt uns Städtern dann in spätestens 5-10 Jahren?
Genau – Die dollen SB-Bäckereien und Super-Mega-Metzger – Beide dann quasi alleine im Markt, Beide marktbeherrschend und Beide spätestens dann Preisbestimmend, die uns dann mehr Masse statt Klasse anbieten. Muss dann noch die Qualität stimmen, wenn man den Markt quasi kontrolliert?
Meine persönliche Einschätzung dazu lautet: Schade – Echt Schade!
H-altbare Grüsse
(Bin kein Bäcker oder Metzger, sondern habe dazu nur eine persönliche Meinung:-))
P.S.: In unseren Vorort, einer grösseren Stadt, gab es einmal
Früher: 4 Bäcker und 3 Metzger und 1 Konditor. Und …..
Heute: 1,5 Bäcker + 0 Metzger und 0 Konditor.
FREISPRUCH!
Sitzt die...
FREISPRUCH!
Sitzt die EU-Kommission nicht in Belgien? Im wilden Westen Europas? Wo die Tüten bis vor kurzem noch gratis waren?
Die KommissarInnen wollen sich doch nicht etwa ins eigene Bein schießen?
(Und was ist eigentlich „Pfand“ oder „Feinstaub“?)
@b
Unser Wirtschaftssystem...
@b
Unser Wirtschaftssystem als solches ist für Sie aber noch in Ordnung? Was soll dann dieses Geschimpfe über ganz normale Marktmechanismen?
Wenn der Bäcker vor Ort nicht imstande ist, seinen spezifischen Wettbewerbsvorteil an den Kunden zu verkaufen, dann verschwindet er eben. Ich kauf lieber beim SB-Bäcker, weil ich auch deren Sachen mag und ich mich da nicht mit anderen Menschen beim Bestellen herumschlagen muss, die womöglich noch ein Schwätzchen mit mir halten wollen. Beim SB-Bäcker geht alles ratz fatz und bei uns werden die fast nur von als reinlich bekannten Tamilen betrieben. Besser auf jeden Fall als die Rotznase von Auszubildender beim „Handwerksbäcker“.
Ich will weiterhin die...
Ich will weiterhin die Einkaufstüte und die hygienischen Verpackungen haben.
Das meiste davon kann man ja nocheinmal, oft mehrmals nutzen, ehe man es in der Wertstoffsammlung entsorgt.
Die Brüsseler und deutschen Bürokraten sollten sich besser um die Verwaltungsvereinfachung und Gesetzesvermeidung bzw -simplifizierung kümmern. Davon hätten wir Bürger mehr.