Was nehmen Sie alles mit, wenn Sie einkaufen gehen? Die EC-Karte natürlich. Eine Tasche vielleicht? Und den Einkaufszettel. Richtig. Die meisten Menschen sind allerdings so leichtsinnig, etwas ganz Entscheidendes zuhause zu lassen, nämlich: Verständnis. Dabei braucht es das im Supermarkt gleich haufenweise. Gerade hat Edeka an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Kunden „Verständnis“ benötigen, um zu verstehen, dass das Unternehmen die Unterschiede seiner Eigenmarken lieber nicht erklären möchte.
Und jetzt sagt Real-Unternehmenssprecher Markus Jablonski:
„Wir bitten um Verständnis, dass wir zu einzelnen Eigenmarken grundsätzlich keine Erläuterungen machen, die über die bereits sehr ausführlichen Kennzeichnungen auf den Verpackungen hinausgehen.“
Die Frage, die dieser Antwort vorausging, war dieselbe wie bei Edeka: Was rechtfertigt den Preisunterschied bei Produkten der Mittelmarke (in diesem Fall: „Real Quality“) zu denen der Billigmarke (in diesem Fall: „Tip“). Glücklicherweise ist die Verständnisportion, die Real seinen Kunden abverlangt, kleiner als bei der Konkurrenz. Denn im Gegensatz zu Edeka bemüht sich Sprecher Jablonski dann doch, einige generelle Unterschiede zu erläutern.
Erstens: Qualität
„Grundsätzlich weisen Real-Quality-Produkte eine bessere Produktqualität auf als vergleichbare Tip-Produkte“, heißt es beim Unternehmen. Weniger grundsätzlich geht’s leider nicht. Aber manchen Produkten sieht man die Qualitätsunterschiede glücklicherweise an, zum Beispiel den Lebkuchenherzen (Zartbitter, ungefüllt) in der 150-Gramm-Tüte, die rechtzeitig zu Weihnachten bereits seit Ende des Sommers im Angebot sind. Auf der „Real Quality“-Packung steht gut erkennbar: „jetzt noch schokoladiger“. Die Nährwertangaben auf der Rückseite sind identisch mit denen auf der „Tip“-Tüte, aber der Schokoladigkeitsvorzug steckt im Detail. Statt 23 Prozent Zartbitter-Schokolade („Tip“) verwendet das „Real Quality“-Produkt nämlich 25 Prozent.
„Tip“-Lebkuchenherzen ungefüllt für 0,49 Euro
„Real Quality“-Lebkuchenherzen ungefüllt für 0,79 Euro
Preisunterschied für 2 Prozentpunkte mehr Schokolade: 30 Cent
Bei den Schoko-Butterkeksen, die es in der Vollmilch-Variante sowohl von „Tip“ als auch von „Real Quality“ gibt, beide in der 125-Gramm-Packung, lohnt es sich ebenfalls, genauer hinzusehen. Die Zutatenangeben sind zwar nahezu identisch, aber die günstigeren Kekse haben bloß langweilige Kaffeetassenmuster in den Schokoüberzug gepresst und nicht, wie die teureren, unterschiedliche Segelschiffe.
„Tip“-Schoko-Butterkekse für 0,69 Euro
„Real Quality“-Schoko-Butterkekse für 0,99 Euro
Preisunterschied für schönere Motive: 30 Cent
Zweitens: Verpackung
Raten Sie erstmal: In welcher Packung Kamillentee ist mehr drin?
Natürlich: in der kleineren (und günstigeren). Aber das hat rein qualitative Gründe, erklärt Real, denn die 20 Doppelkammerbeutel zu je 1,5 Gramm Kamillentee sind bei „Real Quality“ noch einmal einzeln verpackt: „Dies dient unter anderem dem Aromaschutz, ermöglicht dem Kunden aber auch eine bessere und hygienischere Handhabung des Produktes“, erklärt Real. (Wäre natürlich schön, wenn das auch auf der Verpackung draufstünde.) Der Tee selbst scheint sich bei den Marken hingegen nicht zu unterscheiden, zumindest liefert die Verpackung keine Anhaltspunkte. In beiden Fällen steht dort – ganz ausführlich: „Zutaten: Kamille“.
25 Beutel „Tip“-Kamillentee für 0,45 Euro
20 Beutel „Real Quality“-Kamillentee für 1,29 Euro
Preisunterschied für hygienischere Handhabung 20 Papiertütchen: 84 Cent
bzw. Preisunterschied pro Beutel: 4,65 Cent
Drittens: Zusatzstoffe
Weniger Zusatzstoffe für mehr Geld – das ist doch mal ein klarer Mehrwert. Real erklärt, dass die „Real Quality“-Kondensmilch „nicht nur einen höheren Fettgehalt und eine umweltfreundlichere und wiederverschließbare Verpackung“ habe als die „Tip“-Kondensmilch, „sondern wir verzichten hier auch auf den Einsatz von Stabilisatoren und garantieren eine längere Mindesthaltbarkeit“.
Stimmt: Die „Tip“-Kondensmilch ist nur bis Mai 2012 haltbar, die von „Real Quality“ zwei Monate länger. Und der höhere Fettgehalt beläuft sich auf exakt 0,5 Prozentpunkte (8 statt 7,5).
„Tip“-Kondensmilch 7,5 Prozent Fett (340 g) für 0,44 Euro
„Real Quality“-Kondensmilch 8 Prozent Fett (170 g) für 0,59 Euro
Preisunterschied für Stabilisatorenverzicht und Haltbarkeit: 2,21 Euro pro Liter
Weil in den großen Real-Märkten so viel Platz ist, finden sich darüber hinaus haufenweise Produkte der beiden Eigenmarken, bei denen – außer der Verpackung – auf Anhieb kein Unterschied zu erkennen wäre. Manche Produkte stehen auch direkt nebeneinander, im Tiefkühlregal zum Beispiel das „Schlemmerfilet Bordelaise“, für das beide Male derselbe Fisch verwendet wird, wobei die „Real Quality“-Variante 50 Cent mehr kostet und 20 Gramm weniger beinhaltet.
Real-Sprecher Markus Jablonski sagt trotzdem: „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserer Strategie und der breiten Range an Eigenmarken-Produkten, ergänzt durch mehrere zehntausend unterschiedliche Markenartikel, die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche unserer Kunden erfüllen. Dies zeigen uns auch regelmäßige Kundenbefragungen.“
Wenn das mit den Kundenbefragungen schon so gut klappt: Ließe sich dann nicht auch mal eine Kundenbeantwortung organisieren?
Zur Auflockerung kommt zum Schluss noch ein Rätsel: Das Stollenkonfekt der Eigenmarke „Tip“ (mit Marzipanfüllung) ist aufs Kilo umgerechnet 4,72 Euro günstiger als das Stollenkonfekt der Eigenmarke „Real Quality“ (mit Bratapfelfüllung). Erkennen Sie den Qualitätsunterschied auf den ersten Blick?
Fotos: Supermarktblog
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> "Erkennen Sie den...
> „Erkennen Sie den Qualitätsunterschied auf den ersten Blick?“
> Na klar:
> Bei der Verpackung sind die Um-die-Ecke-Knick-Laschen einmal
> (beim linken Bild) an den Längsseiten. Bei der rechten Verpackung
> sind diese Um-die-Ecken-Laschen an den Schmalseiten.
Genau das habe ich auch gesehen und wollte es gerade schreiben. Komisch.
Die linke Packung kann nur von...
Die linke Packung kann nur von Tip sein! Gut, sie hat mehr Inhalt, aber die Verpackung ist schlampig geklebt. Da erkennt man den Qualitätsunterschied… außerdem hat das Real-Produkt 2% mehr Puderzucker! Und die künstlichen Aromen kommen aus deutscher Produktion….
Der disziplinierte Aufmarsch...
Der disziplinierte Aufmarsch der Stollenarmee bedurfte jahrelangen Drills und ist ebenfalls einen saftigen Aufschlag wert. Wäre ja noch schöner, wenn die Dinger einfach kreuz und quer in der Packung lägen, wenn ich sie öffne! Ordnung muss sein, auch beim Stollenkonfekt.
Immerhin gibts bei Real einen...
Immerhin gibts bei Real einen Mehrwert (oder was die dafür halten). Trotzdem fahre ich besser, wenn ich die Tip- Lebkuchenherzen kaufe, dazu eine Tafel Tip- Zartbitterschokolade für 35 ct. und zu jedem Herz ein Stück Schokolade esse. Das ist dann auch um mehr als 2% schokoladiger.
1. Ich mag keinen Stollen....
1. Ich mag keinen Stollen.
2. Wäre es wünschenswert, wenn nicht auf jeder Seite für F***book Werbung gemacht werden würde…oder bezahlen die etwa dafür?
@SirFelixRaphael: Über...
@SirFelixRaphael: Über Facebook stoßen viele neue Leser auf dieses Blog, deshalb gibt es diesen Hinweis regelmäßig. Ich glaube, es ist zumindest ein okayer Kompromiss zum klassischen Facebook-Button.
Um eine sensorische Prüfung...
Um eine sensorische Prüfung wird man bei Lebensmitteln wohl nicht herumkommen, wenn man sie wirklich beurteilen will.
Vielleicht unterscheiden die Schokoladenkekse und die Kamillentees ja wirklich im Geschmack und nicht nur in der Verpackung.
Bei den TK-Pizzen hat Realkauf die „Real Quality“-Versionen bereits wieder eingestampft. Dort war der Unterschied zu den TIP-Pizzen auch für Laien wie mich offensichtlich. (Und ja, gewichtsmäßig war da nicht viel Unterschied zu erkennen, auch nicht von der Zutatenliste)
Ein, bei der Preisgestaltung...
Ein, bei der Preisgestaltung nicht unerheblicher, Unterschied scheint mir vor allem bei „Real Quality“ die teilweise unverschämt ähnliche Verpackung im Vergleich zum Markenprodukt zu sein.
Bei einigen Artikeln muss man nämlich mehr als zweimal hinschauen ob man das Original oder die „Fälschung“ in den Einkaufswagen gelegt hat (z.B. beim „Schlemmerfilet“ oder bei Taschentüchern)
Aber das ist sicher nur Zufall 😉
Meine Frau vergleicht Tip gern...
Meine Frau vergleicht Tip gern mit Premiumprodukten, ob man den Unterschied merkt. Beim letzten Einkauf sind wir dann auch über diese Real-Marke gestolpert; sie liegt etwas höher im Regal, aber man muss sich trotzdem bücken. Zusätzlich gab es ein Sonderangebot von 10% Nachlass hierauf. Das hat sich bei zwei Produkten und einem Kopfkissen gelohnt, ansonsten waren ausgewählte Tip-Waren nach wie vor im beschriebenen Sinn besser. Der Tip-Hagebuttentee war immer schon mein kleiner Geheimtipp, ist aber dem Sortiment leider irgendwie entschwunden. Vielleicht könnten Sie aber irgendwann die Tip-Produkte mit Premiumprodukten vergleichen? Da werden wir uns wahrscheinlich noch viel mehr wundern?
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Grausen tut es mir allerdings immer beim Brot. Da gibts ein Kilo frischen Billig-Brotlaib für 1 Euro, und daneben 500 gr (Premium?)produkt für 1,40. Der Brotlaib ist am zweiten Tag angeschimmelt, das Premiumprodukt hält über eine Woche. Was soll sowas? Das doch nichts mehr mit Billigmarke zu tun, das ist reine Lebensmittelverschwendung. Beim Fleisch kann ich ja das noch ansatzweise verstehen, wenn das zähe Stück in die Styroporschale kommt. Wenn man ein Viech schon umbringt, soll ja möglichst alles verwertet=verkauft werden.
Also ich weiß nicht - die...
Also ich weiß nicht – die Konsumkritiker werden nie müde zu betonen, daß im Billigen dieselben Sachen drin oder nicht drin sind wie im Teureren. Aber ißt das Auge bei diesen Leuten nicht mehr mit? Wieso soll ich glauben, daß die Lieblosigkeit, die sich in der Verpackung äußert, bei der Herstellung des Produktes haltgemacht hat?