Mit seinem „Super-Samstag“ hat Lidl im vergangenen Jahr einen furchtbaren Trend gesetzt: die Mediamarktisierung der Discounterwerbung. Während sich die großen Elektronikketten gerade von der Sonderangebotsbrüllerei verabschieden (siehe FAZ.NET), schreien nun also die Discounter ihre Kunden an, dass sie gefälligst in den Laden kommen sollen, um ausgewählte Schnäppchen abzugreifen – aber nur an ganz bestimmten Aktionstagen, solange der Vorrat reicht, wenn sie sich ganz arg beeilen und beim Einkaufen gelbe Socken tragen.
Bei Lidl hat das so gut funktioniert, dass auch die Konkurrenz sich dazu animiert fühlte, solche Aktionen zu erfinden.
Weil dabei schnell die Übersicht verloren geht, erklärt das Supermarktblog, woran Sie erkennen, welcher Aktionswochentag gerade ist. Am Ende stehen noch ein paar Vorschläge, wie auch der bisher vernachlässigte Dienstag, der Mittwoch und der Donnerstag zu etwas Sonderangebotsruhm kommen könnten.
„Super-Samstag“
Wo gibt’s das? Bei Lidl, an regulären Samstagen.
Wichtigstes Merkmal? Wöchentlich werden zwei wechselnde Markenprodukte zu stark rabattierten Preisen angeboten und im Radio beschrien. Jeder Spot wiederholt bis zu dreimal, um welche Produkte es sich handelt und zu welchem Preis sie angeboten werden („Falls Sie’s nicht glauben können, noch einmal“), je nach Sender mehrmals stündlich. Falls Sie’s nicht glauben können, noch einmal: zwei Produkte, stark rabattiert, permanent wiederholt! Die Kampagne funktioniert ein bisschen wie die Überredungskunst fernöstlicher Teppichverkäufer: Ehe man sich versieht, sitzt man zuhause und hat einen lebenslangen Vorrat Saftschorle, Kinderjoghurt und mittelscharfen Senf eingekauft. (Beispielspot anhören.)
„Super-Wochenende“
Wo gibt’s das? Bei Netto (ohne Hund), Donnerstag bis Samstag.
Wichtigstes Merkmal? Undurchschaubares Produkt-Sammelsurium, das vor allem per Handzettel beworben wird, weil es zu lange dauern würde, im Radio nacheinander die herabgesetzten Preise für Schweinerollbraten, Delikatess-Schinkenwürfel, Herren-Boots, Spitzpaprika, Pralinen mit Pfefferminzfüllung, Schmelzkäsezubereitung, Mild-&-Elegant-Kaffee, Mandeltorte und Jubiläumskorn aufzusagen. Im Hörfunk werden stattdessen Einzelprodukte zur früheren Erkennungsmelodie der „Rudi-Carrell-Show“ besungen („Lass dich überraschen“). Der Zusammenhang ist unklar. (Beispielspot anhören.)
„Framstag“
Wo gibt’s das? Bei Penny, freitags ab 18 Uhr und samstags.
Wichtigstes Merkmal? Die Discokugel im Logo. Keine Ahnung, was die da soll. Immerhin passt das prima zur ominösen neuen Werbekampagne des Rewe-Discounters. Mit dem „Framstag“ wagt sich Penny sogar ins Fernsehen: Im Spot steigt eine hochschwangere Dame mit einsetzenden Wehen ins Taxi und will „Erstmal zu Penny“, um dort 4 Kilo Kartoffeln für 49 Cent zu kaufen. Was sonst? (Fernsehspot ansehen.)
„Montags-Alarm“
Wo gibt’s das? Bei Lidl, immer am Montag natürlich.
Wichtigstes Merkmal? Der „Montags-Alarm“ funktioniert eigentlich genau wie der „Super-Samstag“, bloß dass in den Radiospots noch lauter geschrien und dazu ein penetranter Alarmton eingespielt wird, der sich wie das Signal einer bevorstehenden Atomkraftwerkabschaltung anhört. Vermutlich weckt Lidl damit unterschwellig das Bedürfnis der Kunden, sich den Keller mit Lebensmittelvorräten vollzustellen, damit während eines Ernstfalls nicht eingekauft werden muss, weil die Dosenpfirsiche aufgebraucht sind. (Beispielspot anhören.)
Um die Woche vollständig mit Aktionstagen vollpflastern zu können, sollten die Discounter auch die folgenden Vorschläge berücksichtigen:
Den „Dinkel-Dienstag“ – mit großzügigen Rabatten auf alle verdauungsanregenden Bio-Lebensmittel.
Den „Mettwoch“ – an dem Aushilfsmitarbeiter mit Stefan-Raab-Masken hackbestrichene Brötchen aus der filialeigenen Backstation zur Verkostung anbieten.
Und natürlich den „Primadonnastag“ – an dem in den Läden statt Angebotsdurchsagen Operettenmusik läuft, um ein gehobeneres Kundenklientel anzusprechen.
Weshalb sich Aldi als einziger großer Discounter aus der Aktionstage-Erfinderei raushält und warum lautstark beworbene Preisaktionen auch ziemlichen Schaden anrichten können, steht im nächsten Supermarktblog-Eintrag.
Abbildungen: Lidl, Penny, Netto
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In den Radiosendern, die ich...
In den Radiosendern, die ich höre, kommen solche Spots nicht. Da kommt überhaupt keine Reklame, außer für eigene kommende Sendungen.
Wen also solche Reklameanbrüllereien stören, möge diese Sender meiden.
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Ansonsten kauf ich, wenn ich was brauche und nicht wenn mich jemand anschreit.
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„Disco-unter“: Eins rauf mit Mappe. Darauf muss man erstmal kommen. Nicht schlecht.
Aldi hat so etwas vermutlich...
Aldi hat so etwas vermutlich nicht nötig, zumindest vermute ich das, nachdem ich bei einigen „Heute-gibt-es-Kleinkinderklamotten“ Massenschlägereien mitten im Getümmel dabei sein durfte. Da ist der Parkplatz um 7.30 Uhr voll und um spätestens 7.45 Uhr gibt es die ersten Einkaufswagenrempeleien vor dem noch bis 8.00 Uhr verschlossenen Eingang.
Wenn da jeder Kunde seinen normalen Einkauf auch gleich bei Aldi und nicht bei der Konkurrenz erledigt bringt das Aldi vermutlich mehr als Sauerkraut 10 Cent billiger.
Ist doch klar, warum Aldi...
Ist doch klar, warum Aldi nicht mitmacht – weil Aldi grundsätzlich sowieso nicht in Hörfunk und Fernsehen wirbt, sondern ausschließlich in Zeitungen. Aldi schreit sowieso nicht, sagt nichtmal „nur [soundsoviel Euro]“, führt auch keine wechselnden Lebensmittelsonderangebote und in gedruckten Anzeigen lässt sich ja sowieso schlecht schreien, dröhnen, wiederholen und hupen. Deshalb wird seitens Aldi nicht derart belästigt.
@Rozi: Das ist aber nicht der...
@Rozi: Das ist aber nicht der Punkt.
Ich finde die Offerten lol,...
Ich finde die Offerten lol, ähm, toll. Und listig, ähm, lustig. Vergeht kein Tag, wo ich mich nicht köstlich über die belustigenden Sprüche amüsiere.
Zumindest regen diese nicht nur den Appetit, sondern auch die Kreativität an. Meine auf jeden Fall.
Karstadt, zum Beispiel, lädt die Kunden zu einem Karstadtbummel ein, während „Sinn/Leffers“ mit überSinnlichen Preisen auf sich aufmerksam macht. Bei dm ist Montags dAmENTAG – günstiger als an den anderen Tagen, sind Tampons, Binden und Slipeinlagen.
Lidl findet, dass es sich lohnt, und Praktiker lockt mit 20 Prozent. Zum Gourmeating lädt Tengelmann ein, die Fleischtheke soll angeblich die beste sein (könnte man mein´). Na ja, wenigstens stimmt der Reim. Und genau diesen kann man sich auf Aldi machen, wenn „Aldi informiert“ mit tollen Sachen. Ob man diese braucht, steht auf einem anderen Blatt, einem das noch niemand gesehen hat.
Es heißt übrigens "eine...
Es heißt übrigens „eine gehobenere Kundenklientel“ am Ende. Die Klientel ist nämlich weiblich.
Toll. Jetzt habe ich Appetit...
Toll. Jetzt habe ich Appetit auf Dosenpfirsiche.
Bei Aldi sprechen drei Punkte...
Bei Aldi sprechen drei Punkte dagegen:
– Aldi ist dezenter und weniger marktschreierisch: Stichwort „Aldi informiert“
– Aldi setzt normalerweise nicht auf 1-Tages-Preissenkungen, das widersrpäche ihrer Firmenkultur
– Aldi kann derzeit keine Schlagzeilen gebrauchen. Sie haben gerade eine bislang noch zurückhaltende „Aldi erhöht schweigsam die Preise“-Medienresonanz. Sofern Aldi jetzt einen auf lauthals billig macht, wird die „Aldi wird teurer“-Melodie vielfach verstärkt. Aldi muss erst einmal mit leisen Preissenkungen Argumente schaffen, um diesem potentiellen Mediengau widerstehen zu können (nach dem Motto, „die einen Preise steigen leise, die anderen Preise sinken leise“), bevor sie wieder die Schlagzeilen suchen würden.
Framstag finde ich super. Auch...
Framstag finde ich super. Auch die Werbung Erstmal zu Penny ist super und lustig.
Was ist denn Netto ohne Hund?...
Was ist denn Netto ohne Hund? Sowas wie Aldi ohne Katze?