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Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

Schlecker-Pleite: Modern und fair – war das zuviel verlangt?

| 7 Lesermeinungen

Mit einem riesigen Modernisierungsprogramm wollte Schlecker nach vielen Versäumnissen endlich zur Konkurrenz aufschließen, wo die Auswahl größer, die Gänge breiter und die Preise niedriger sind. Jetzt ist die Drogeriemarktkette insolvent. Aus Kundensicht gab es zuletzt kaum noch einen Grund, dort einzukaufen.

Irgendwo in den Blumenbeeten vor dem Hauptsitz der Drogeriekette Schlecker in Ehingen an der Donau hat jemand einen Magneten vergraben, der Ärger anzieht. Und der hat in den vergangenen Monaten ganz hervorragend funktioniert – im Gegensatz zu dem Geschäft in den Filialen.

Erst gab es Berichte, Schlecker suche erstmals in seiner Firmengeschichte nach externen Investoren suchen. Es fand sich nur keiner. Dann wurde bekannt, dass das Familienunternehmen die Modernisierung seiner Filialen vorübergehend stoppen würde. Dazu kam der Ärger um einen Pressesprecher, der Schlecker-Kunden in einem öffentlich gewordenen Schreiben generell ein schlichtes Gemüt bescheinigte. Es folgten Meldungen über Regallücken, ausgerechnet im so wichtigen Vorweihnachtsgeschäft. Und gerade wurde bekannt, dass nach hunderten Filialen, die bereits geschlossen wurden, noch einmal mehrere hundert folgen würden.

Seit Freitagmittag ist es nun offiziell: Schlecker, einst mächtiges Drogerie-Imperium mit über 10.000 Läden in ganz Deutschland, ist insolvent (siehe faz.net).

Bild zu: Schlecker-Pleite: Modern und fair – war das zuviel verlangt?

Und während die wirtschaftliche Analyse dieses Niedergangs kompliziert sein mag, ist sie aus Kundensicht relativ einfach: Zuletzt gab es nämlich nur noch einen einzigen Grund, überhaupt bei Schlecker einzukaufen. Nämlich: weil halt zufällig einer in der Nähe war und keine Zeit, zur Konkurrenz zu gehen.

Das sind nicht die besten Voraussetzungen für ein Unternehmen, das zuletzt mit aller Kraft daran arbeitete, sein Filialnetz zu verkleinern.

Schlecker hat versucht, diesen Nachteil mit einem Modernisierungsprogramm aufzufangen, das den Komplettumbau sämtlicher Läden zum Ziel hatte, und gleichzeitig den Ruf des Unternehmens korrigieren musste, der nach den Skandalen wegen des ausbeuterischen Umgangs mit Mitarbeitern arg gelitten hatte. Nur glaubwürdig war dieser Wandel nicht. Zwar zahlt Schlecker seinen Mitarbeitern inzwischen Tariflöhne. Und die neuen Filialen sehen wirklich freundlicher aus als die alten – wobei die Sortimentsvielfalt dran glauben musste, um mehr Platz in den Läden zu schaffen.

Vor allem hat der Konzern aber zu keinem Zeitpunkt glaubhaft vermitteln können, dass Schlecker wirklich günstig ist. Auch nicht mit Rabattaktionen wie der aktuellen, bei der Babyartikel im Preis herabgesetzt sind („Alles für mein Baby, jede Woche günstiger“), die aber vor allem wegen ihrer unfreiwilligen Komik auffällt, weil aus der Ferne erstmal nur die Worte „Baby günstiger“ zu lesen sind.

Trotz Pleite sollen alle Läden geöffnet und die Arbeitsplätze erhalten bleiben, heißt es. Und natürlich ist das für jeden wünschenswert, der bei Schlecker sein Geld verdient.

Die Frage ist nur, welche Existenzberechtigung ein Geschäftsmodell hat, das dadurch die Pleite riskiert, dass es seine Mitarbeiter fair bezahlt, moderne Filialen betreibt und mit wettbewerbsadäquaten Preisen plant.

Foto: Supermarktblog

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7 Lesermeinungen

  1. Uli sagt:

    Lag der Blogpost schon in der...
    Lag der Blogpost schon in der Schublade so wie es vorgefertigte Meldungen beim Tod berühmter Persönlichkeiten gibt? 😉

  2. pschader sagt:

    @Uli: Nö, ausnahmsweise war...
    @Uli: Nö, ausnahmsweise war ich mal schnell.

  3. PeRiBa sagt:

    Wenn von Schlecker berichtet...
    Wenn von Schlecker berichtet wird, werden immer nur die beiden größten Konkurrenten DM und Rossmann erwähnt.
    Hier im Hamburger Raum gibt es außerdem die Drogeriekette Budnikowsky, die immerhin auch schon mit fast 160 Filialen vertreten ist.
    Sicherlich gibt es in den anderen Ballungsräumen auch weitere kleinere Ketten als Konkurrenz zu Schlecker.

  4. westernworld sagt:

    <p>an schlecker kann man sehen...
    an schlecker kann man sehen was passiert wenn die kunden nicht nur die wahl zwischen gleichartigen übeln wie auf dem telekommunikationsmarkt, sondern eine echte alternative haben.
    bin gespannt ob sich die guten sitten bei dm erhalten jetzt wo der konkurrenzdruck nachläßt. dass das schleckerkonzept nicht aufgehen konnte zeigt ja schon das bei uns geflügelte wort „und ist der buff auch noch so klein ein schlecker der paßt immer rein!“
    @PeRiBa also hier im raum stuttgart gibt es fast nur schlecker und dm vereinzelt einen müller und rossmann kenn ich nur einen im umkreis von 40km.
    ps:der drogeriemarkt müller hat ja auch ein konzept bei dem ich mich immer wieder frage ob das aufgehen kann. halb parfümerie, halb schreibwarenladen halb mediamarkt. obwohl es in kleineren städten sicherlich eine wichtige funktion erfüllt.

  5. Ein Laden, der nur dann...
    Ein Laden, der nur dann konkurrenzfähig ist, wenn er keine Konkurrenz hat.
    Schon witzig, dass der steinzeitkapitalistische Schlecker damit viel mit den einstigen DDR-Steinzeitkommunisten gemein hat. Deren (Wirtschafts)-System ist auch sofort umgekippt, als die Konkurrenz nahe genug herangerückt war; sprich nachdem die Mauer sie nicht mehr davon abgehalten hat.
    Davor hieß es auch für Trabi und Co.: Funktioniert doch und ist halt billiger…..
    😉

  6. Daniel sagt:

    Ich glaube der Artikel greift...
    Ich glaube der Artikel greift etwas zu kurz. Schlecker ist nicht daran gescheitert, dass sie ihren Mitarbeitern Tariflöhne zahlen oder versuchen Ihre Läden zeitgemäß zu gestalten.
    Rein wirtschaftlich sind sie vor allem wohl an 2 Dingen gescheitert:
    1. Der „Wandel“ den Schlecker immer gross propagiert hat ist wohl bei kaum einem Kunden in der Realität angekommen. Ich kenne keine Filiale an der sich mehr geändert hätte als dass der Schriftzug an der Tür durch das neue, schickere schlecker-Logo aus dem Bild oben ersetzt wurde. Logisch, dass scih weder am kaufverhalten noch am Image was ändert, wenn sich faktisch an Läden und Sortiment auch nix ändert.
    2. Die Läden sind zu großen Teilen klein und in schlechter Lage. In solchen Läden wäre der geplante „Wandel“ selbst mit unbegrenzten Geldmittel kaum möglich gewesen. Man hat zu wenig Platz und zu wenig Kundschaft für ein grosses, attraktives Sortiment wie es eben Rossmann und dm in den 1A-Lagen bieten.

  7. pschader sagt:

    @Daniel: Ja, das mit den...
    @Daniel: Ja, das mit den vielen Läden war zwar einerseits der Vorteil für Schlecker, weil quasi jeder einen in der Nachbarschaft hatte. Vor allem bedeutet das aber natürlich auch: kleiner Laden, geringer Umsatz, hohe Personalkosten. Und da macht es natürlich schon was aus, Tarif zu zahlen. Und vielleicht waren die Läden in Ihrer Umgebung noch nicht soweit, aber: die neuen sahen schon deutlich anders aus als die alten. Der Renovierungsprozess ist eben nur langsam vorangekommen – und hat auch wieder hoher Investitionen bedurft.

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