Supermarktblog

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Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

Der Messereport: Transformers-Kassen übernehmen die Macht

| 8 Lesermeinungen

Ende Februar trafen sich in Düsseldorf bei der EuroCIS Hersteller und Profibenutzer von Supermarkttechnik, um sich darüber auszutauschen, was es für tolle neue Pfandflaschenautomaten, SB-Kassen und Automatikwaagen gibt. Das Supermarktblog stellt Trends vor, die auch Normalkunden bald beim Einkaufen begegnen könnten.

Ende Februar trafen sich in Düsseldorf Hersteller und Profibenutzer von Supermarkttechnik, um sich darüber auszutauschen, was es für tolle neue Pfandflaschenautomaten, Kassenbelegdrucker und Bargeldverwaltungssysteme gibt. Die EuroCIS ist eine Art Mischung aus Star-Trek-Convention und Heizdeckenverkaufsveranstaltung, nur viel professioneller und mit langweiligeren Kostümen. In Gesprächen fallen dort sehr nerdige (und völlig ernst gemeinte) Sätze wie „Das SB-Wiegen im Handel erfährt gerade eine Renaissance“. Das meiste ist aber tatsächlich nur für Leute interessant, die auf der – von uns aus gesehen – falschen Seite der Kasse stehen (bzw. sitzen).

An manchen technischen Entwicklungen lässt sich allerdings prima ablesen, mit welchen Apparaturen Sie und ich künftig beim Einkaufen konfrontiert werden könnten. Deshalb folgt jetzt: der Supermarktblog-Messereport!

Preisschilder

Das Praktische an elektronischen Preisschildern ist, dass die Mitarbeiter im Markt nicht mehr ständig abgelaufene Papierpreise aus den Regalleisten rausfitzeln müssen, um die neuen reinzufitzeln, sondern alles schön am Computer geändert werden kann.

Das Unpraktische an elektronischen Preisschildern ist, dass sie völlig unlesbar sind.

Es sei denn, man stellt sich genau so davor, dass das Deckenlicht in einem ganz bestimmten Winkel gebrochen wird, auf die Plastikverpackung im Regal daneben reflektiert und von dort zurückgespiegelt wird, um einen kurzen Lesbarkeitsmoment zu erzeugen. Ein finnischer Hersteller hat nun das Unmögliche möglich gemacht: elektronische Preisschilder, die gleichzeitig lesbar sind und so dünn wie Papier (Bild 2). Nimm das, superneues Ipad!

Bild zu: Der Messereport: Transformers-Kassen übernehmen die Macht

Kassen

Laufende Kosten kennt jeder. Aber haben Sie schon mal was von laufenden Kassen gehört? Ganz so weit hat der amerikanische Hersteller NCR seine Selbstbedienungskassen zwar noch nicht entwickelt. Aber das kann nicht mehr lange dauern. Ein in Düsseldorf vorgestelltes Modell ist nur scheinbar eine gewöhnliche SB-Kasse, an der Kunden ihre Einkäufe selbst scannen und bezahlen. Wenn’s mal etwas schneller gehen muss, lässt sich nämlich die Ablagefläche hochklappen, der Bildschirm umdrehen, dann setzt sich ein Mitarbeiter dahinter – und, schwupps, wird ganz normal mit Bedienung abkassiert (Bild 3).

Inwiefern diese Transformers-Kasse sich nach Schichtende auch selbst zusammenklappt, mit der Stechkarte abmeldet und im Kombi nachhause fährt, wird von NCR aber hartnäckig unter Verschluss gehalten.

Regelmäßige Supermarktblog-Leser kennen ihn schon: den Tunnelscanner, der von Wincor Nixdorf konsequent „360-Scan-Portal“ genannt wird, was nicht nur ein bisschen albern klingt, sondern vor allem bei Kennern der RTL-2-Serie „Stargate“ zu missverständlicher Handhabung führen könnte. Modern ist die Automatikkasse deshalb, weil man den kompletten Einkauf aufs Band kippen kann ohne stundenlang irgendwelche Strichcodes zurechtlegen zu müssen (Bild 1). Die sucht sich das Gerät nämlich selbst und scannt aus allen Rohren. Das Bezahlen geht deshalb unfassbar schnell. So schnell, dass kein Mensch mit dem Einpacken hinterherkommt und die Leute in der Schlange dahinter wieder genauso lange warten müssen wie vorher.

Schön ist auch: Wenn der Tunnelscanner mal ein Produkt nicht erkennt, macht er automatisch ein Foto davon. Wer clever ist, erledigt auf diese Weise gleich seine Passfotos, muss sich dann aber beeilen, weil automatisch ein Mitarbeiter gerufen wird, um zu helfen.

Bild zu: Der Messereport: Transformers-Kassen übernehmen die Macht

Waagen

Hätten Sie’s gewusst? Das SB-Wiegen im Handel erfährt gerade eine Renaissance. Man wiegt sein Obst und Gemüse also wieder selbst. (Vor allem, wenn man nachher am Tunnelscanner steht und darauf verzichten will, ein kleines Fotoalbum mit nicht erkannten Äpfeln, Birnen und Kiwis mit nachhause zu nehmen.)

Praktischerweise gibt es inzwischen nicht nur Waagen, die dank eingebauter Kamera erkennen, was auf ihnen liegt und entsprechende Vorschläge machen. (In einigen Real-Filialen sind die Geräte schon länger im Einsatz.) Noch leichter wird’s, wenn man direkt neben dem Obst auf die elektronische Preistafel drückt, die den richtigen Kilopreis zur Waage rüberfunkt und das Klebeschildchen ausdruckt (Bild 4). Das gibt’s auch mit Bedienung (auf die Spitzenhintergrundmusik achten) und – „That is so cool!“ – als Scan-Version, wie dieser fantastische Film zeigt.

Die Zeit, die Kunden sparen, wenn sie nicht nach der richtigen Obstnummerntaste suchen müssen, ist allerdings schon anderweitig verplant: um die Werbung anzusehen, die künftig über Bildschirme an Waagen und Bedientheken flimmert. Damit Sie ja keine Sekunde daran zweifeln müssen, was Sie als nächstes in den Einkaufswagen legen.

Fotos: Supermarktblog

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In der Ursprungsversion dieses Eintrags wurde der amerikanische Hersteller NCR von mir versehentlich als japanischer Hersteller NEC verkleidet. Das ist natürlich Unfug. Entschuldigung.


8 Lesermeinungen

  1. CaoKy60 sagt:

    Wann gibt es denn werbende...
    Wann gibt es denn werbende Kassen, die nach dem Auto-scan die Kunden auf Basis ihres Einkaufs fragen, „Darf ich Ihnen zum Kaffee noch eine frische Milch auf das Band legen lassen?“ Oder „Wollen Sie neben Mars auch mal KitKat probieren?“ Und eine vom Scannen freigestellte Mitarbeiterin eilt dann zum entsprechenden Regal; fuer Aktionen mit bestimmten Produkten liegt dann z.B. auch das KitKat gleich in Kassennaehe. In den USA bekommt man ja jetzt schon Coupons mit dem Kassenbon aufgedruckt, die Preisnachlaesse fuer Produkte anbieten, die sich aus dem Gekauften ergeben. – Und die Anti-Raucher Lobby erzwingt, dass die Kasse laut mahnend ausruft, „Wollen Sie denn nicht endlich mit dem Rauchen aufhoeren und laenger leben? Sie wissen doch, alle Raucher werden sterben!“ wenn Tabakprodukte erworben werden sollen. Bei Weinkaeufen wird gefragt, „Bist Du schon 16?“.

  2. Jens sagt:

    That is so cool!
    Mit der Waage...

    That is so cool!
    Mit der Waage muss ich dann also nicht mehr die Nummer für das Obst / Gemüse drücken (Dauer ca. 2 – 5 Sek), sondern wieder eine Frucht aus der Tüte nehmen, so unter den Scanner halten, dass dieser sie erkennt, diese wieder in die Tüte legen (wird spannend, wie viele diese Frucht dann „vergessen“ und erst nach dem wiegen wieder in die Tüte packen) und zu Hause dann zumindest bei manchen Sorten ein bisher nicht vorhandenes Ettiket entfernen vor dem Verzehr. Das ist doch mal eine so nützliche Innovation wie die optischen Scannerwaagen bei real, die brauchen ja auch nur eine gefühlte Ewigkeit, bis man am Ende dann eh wieder selbst auswählen muss, was darauf liegt. Aber die kann man immerhin umgehen: Das richtige Obst / Gemüse auf dem Bildschirm raussuchen, bevor man es darauf legt, dann überspringt die Waage das scannen.

  3. PeRiBa sagt:

    @CaoKy60
    Diese Coupon-Aktion...

    @CaoKy60
    Diese Coupon-Aktion hatten wir schon bei EDEKA. Hat sich nicht wirklich bewährt. Gab es z.B. für Kerrygold Butter – bei Kauf der ungesalzenen Butter gab es einen Coupon für die gesalzene dazu.
    Selbst gewogen wird übrigens noch bei Famila. Bleibt aber auch bei den neuen schicken Selbstwiegestationen die Frage aller Fragen: Wo dittsche ich einen verdruckten Kleber hin??
    Und obwohl schon älter, kurz- und weitsichtig, habe ich bei den automatischen Preisschildern, die es schon bei EDEKA gibt keine Erkennungsprobleme.

  4. CaoKy60 sagt:

    @PeRiBa: Tja, wer ungesalzene...
    @PeRiBa: Tja, wer ungesalzene Butter kauft, wird wohl selten auch die gesalzene haben wollen ;-). So ein Probieranreiz kann in der Tat daneben gehen. – Lustiges Couponerlebnis in den USA: „Limit 2 coupons per visit.“ Wer also 5 Coupons gesammelt hat, die auf ein Schaelchen Katzenfutter 10 Cent Rabatt gewaehren, kann nicht beim naechstenmal 5 Schaelchen kaufen und dann auf 5x Rabatt hoffen. Wer dies optimieren moechte, muss 2 Schaelchen kaufen, um die Kasse herum wieder in den Markt gehen, zum naechsten Einkauf — und dann nochmal fuer das letzte Schaelchen. Oder halt bei jedem Individualeinkauf immer nur 2 Schaelchen mitnehmen. Aber in dem Blog hier wurde ja schon angesprochen, dass die US-Art der Sonderangebote (besonders „3 for the price of 2“) in D nicht ankommt.

  5. Hamburger sagt:

    Viele sehen das hier etwas...
    Viele sehen das hier etwas belustigt, aber wenn die automatischen Kassen mal funktionieren, dann ist das eine wesentliche Kostenersparnis: Eine Kassiererin kann ca. 1000-1200€ je Stunden abkassieren, hängt von Schnelligkeit und Durchschnittsbon ab. Wenn man dann betrachtet, daß viele Märket sechsstellige Umsätze die Woche machen, dann weiß man, was man da sparen kann und der deutsche Billigfreund kann wieder ein paar Cent sparen!

  6. PeRiBa sagt:

    @CaoKy60
    Ich stelle mir die...

    @CaoKy60
    Ich stelle mir die Entwicklung von Rabattaktionen immer vor wie das Brainstorming in der „08/15-Bank“ aus dem Werbespot. ;o) Gute Ideen werden meist komplett zerredet und man nimmt immer das Billigste.
    Rabattaktionen sollen ja nicht im eigentlichen Sinne dem Kunden eine Vorteil bringen, sondern dem Händler mehr Umsatz. Passiert mir immer beiden CDs im MediaMarkt. (Ja – ich kaufe noch CDs. Ich brauche das haptische Gefühl von „Meins“ und erhalte so die Musikindustrie im Alleingang). Drei CDs vom Grabbeltisch und dann noch mal bei den Neuheiten „nur gucken, nicht anfassen“; das geht nie gut.

  7. Die Zeitersparnis durch das...
    Die Zeitersparnis durch das Selbstabwiegen von O+G sehe ich nicht, so wie es in dem Video von DIGI hervorgehoben wird. Für den Kunden dauert es sicher länger wenn er selbst zu einer Waage gehen muss, das Obst dort abwiegen muss, den Aufkleber auf die Tüte kleben muss und sich erst dann an der Kasse anstellen kann. Eine durchschnittlich begabte Kassenkraft kennt zumindest die gängigsten Nummern für O+G auswendig und hat die Ware in Nullkommanix abgewogen.
    Das abwiegen in der Abteilung ist nur praktisch, wenn man plant den Kassiervorgang komplett auf Selbtscanning umzustellen. Denn dann wird die Wartezeit an der Kasse für den Kunden geringer, da die Zeit für das Wiegen in den Laden verlagert wird. Insgesamt spart der Kunde also nichts an Zeit beim Kauf. Nur die gefühlte Zeit wird kleiner.

  8. DaW sagt:

    Das verlinkte...
    Das verlinkte DIGI-Self-Service-Video ist ja mal selten dämlich:
    „That is so cool! I thought we had to go over to the counter.“ – „Well, not anymore. Now it’s self-service.“
    Davon abgesehen, dass „self-service“ ungefähr genauso innovativ ist wie Videorekorder, hat Jens (14. März) natürlich sehr recht mit seiner Anmerkung. Ein weiteres Beispiel völlig überflüssiger Technik, die das Leben einfacher machen soll, aber im Grunde nur dazu führt, dass man sich ständig aufregt. (Ein anderes gutes Beispiel sind Bewegunsmelder an Wasserhähnen.)
    Was passiert eigentlich, wenn der Scanner das Obst nicht erkennt? Muss man das dann selbst irgendwo einstellen (also letztlich doch wieder einen Knopf/Buttom drücken) oder kann das Obst schlicht nicht verkauft werden und wird entsorgt?
    @ Hamburger, 15. März:
    Das mag sein. Zurzeit sind automatische Kassen aber ziemlich unpraktisch. Ich bin durchaus mit Computern aufgewachsen und habe keine Probleme mit dem Fahrkartenkauf an Automaten. Aber bei Selbstbedienungskassen stelle ich mich immer doof an – und nicht nur ich, die arme Person, die die Selbstbedienungskassen überwachen muss, hetzt dauerhaft von Kasse zu Kasse, von Problem zu Problem.
    In Polen breitet sich in großen Supermärkten (Tesco, Carrefour) ein anderes Prinzip an (personalbesetzten) Kassen aus: Die Quengelware wird quer vor mehrere Kassen gestellt und so eine gemeinsame Warteschlange für all diese Kassen gebildet. Am Beginn der Schlange steht dann ein Bildschirm mit Lautsprecher, der dauerhaft verkündet, an welche Kasse die jeweils erste Person gebeten wird. Das funktioniert erstaunlich gut und hat die in Polen üblichen ewig langen Wartezeiten an Supermarktkassen zumindest subjektiv enorm verkürzt – allein, weil man während des Wartens ständig in Bewegung ist.

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