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Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

Aldi gibt seinen Kunden einen Korb – zumindest im Ausland

| 39 Lesermeinungen

Bei uns gibt's für Discount-Marktführer Aldi selten Notwendigkeit, sich oder seine Geschäftspraktiken zu erklären. In Großbritannien sieht die Sache etwas anders aus: Dort kommuniziert der Konzern nicht nur über eine eigene Facebook-Seite, sondern hört erstaunlicherweise auch auf das, was die "Fans" für Verbesserungsvorschläge haben.

In Deutschland gibt’s für Discount-Marktführer Aldi selten Notwendigkeit, sich oder seine Geschäftspraktiken zu erklären. (Ausnahmen gelten vielleicht nach „Spiegel“-Titelgeschichten und „Günther Jauch“-Themensendungen.) In Großbritannien, wo Aldi gerade dabei ist, kräftig Kunden dazu zu gewinnen, sieht das ein bisschen anders aus – selbst wenn nicht alle Stellungnahmen besonders ausgefeilt oder gut begründet sind. Auf einer FAQ-Seite erklärte Aldi UK zum Beispiel, warum es in den Läden Einkaufswägen gibt, aber keine Körbe:

„Einkaufswägen sind einfacher zu benutzen.“

Na klar, das weiß doch jeder, der schon einmal einen dieser nur schwer zu bedienenden Apparate in der Hand hatte: Sie müssen höchst umständlich an Griffen gehalten werden und durch den ganzen Markt getragen (!). Sie lassen sich auch nicht einfach mit dem Bauch vorwärts schubsen, um links und rechts an den Regalen seinen Einkaufszettel freihändig abzuarbeiten. Ein echter Fluch, diese Körbe.

Bild zu: Aldi gibt seinen Kunden einen Korb – zumindest im Ausland

Die etwas ausführlichere Erklärung für den Korbverzicht lautet: In den Filialen Einkaufswägen und Einkaufskörbe anzubieten, würde die Kosten in die Höhe treiben und der eigenen Preispoltik widersprechen; außerdem würden Wägen nicht so leicht geklaut. Das ist ein bisschen dürftig. Macht aber nix, seit kurzem gelten die Ausreden Gründe eh nicht mehr. Denn in den britischen Aldi-Filialen gibt es inzwischen – tataa! – Einkaufskörbe. Und zwar, weil Aldi dazu auf Facebook mit Anfragen seiner Kunden bombardiert wurde, die einfach nicht locker lassen wollten. Ende April schrieb der Konzern auf seiner Seite:

„After listening to the feedback from all of our fans on Facebook, we’re delighted to announce that baskets have been introduced into all our stores throughout the UK.“

Über 1000 „Fans“ haben unter dem Eintrag „Gefällt mir“ gedrückt, die Kommentare sind überschwänglich positiv. So einfach geht Kundenzufriedenheit.

Und bei uns? Da haben sich weder Aldi Süd noch Aldi Nord bisher überhaupt dazu durchringen können, mit ihrer Kundschaft auf Facebook in Verbindung zu treten, geschweige denn auf deren Wünsche Rücksicht zu nehmen. In Deutschland käme Aldi auch nie auf die Idee, Werbespots im Fernsehen zu zeigen. (Als Lidl vor vier Jahren damit anfing, war das eine mittelmäßige Sensation.) 

In Großbritannien allerdings kann sich der Konzern nicht so abschotten, wenn er den viel etablierteren Supermärkten Konkurrenz machen will. Die Alternativstrategie scheint zu funktionieren: Die Marktanteile der Discounter auf der Insel wachsen, weil auch viele Briten beim Einkaufen stärker aufs Geld achten. (Aldi wirbt z.B. mit dem Slogan: „Like Aldi. Like The Price.“) Sie wollen dabei aber nicht auf die Bequemlichkeiten verzichten, die sie von den Läden kennen, in denen sie bisher ihre Lebensmittel besorgt haben.

Deshalb: die Körbe.

Wie das britische Fachmagazin „The Grocer“ berichtet, gibt es noch weitere Forderungen der Facebook-Nutzer: separate Kassenschlangen für Wenigkäufer (!) und Selbstbedienungs-Kassen. Vielleicht ist der Zeitpunkt gerade günstig, um außerdem kostenlose Fußmassagen ins Gespräch zu bringen.

Selbst wenn’s an der Börse gerade nicht so läuft – eines kann sich Facebook also schon mal auf die Fahnen schreiben: ein eigentlich unverrückbares Geschäftsmodell wie das von Aldi beeinflusst zu haben. Vielleicht fangen wir auch mal mit dem Fordern an anstatt uns immer nur anschweigen zu lassen. Gibt’s Vorschläge für die große Supermarktblog-Aldi-Petition? Also: abgesehen davon, dass denen hierzulande erst noch jemand beibringen muss, wie dieses Social Media funktioniert?

Nachtrag vom 29. Mai: Auf die Frage, wie Aldi entscheidet, in welchen deutschen Filialen es Einkaufskörbe gibt und ob geplant ist, sie in allen Filialen bereitzustellen, antworten die beiden Unternehmen heute wie folgt:

Aldi Süd: „Gerne teilen wir Ihnen mit, dass über den Einsatz von Einkaufskörben individuell, je nach Situation in den einzelnen ALDI SÜD Filialen entschieden wird.“

Aldi Nord: „Einkaufskörbe, wie von Ihnen beschrieben, sind bei uns nicht im Einsatz. Auch bestehen keine Planungen dazu.“

Nachtrag vom 30. Mai: Lidl hat sich ebenfalls geäußert:

„Die Bereitstellung von Einkaufskörben ist ein zusätzlicher Service für unsere Kunden und gehört nicht zum Standard unseres Filialkonzeptes. Nur an ausgewählten Standorten mit fußläufig zu erreichenden Filialen bieten wir diese Möglichkeit, um den kleinen Einkauf für zwischendurch zu erleichtern.“

Screenshot: Supermarktblog

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39 Lesermeinungen

  1. pschader sagt:

    Hui, danke für die...
    Hui, danke für die zahlreichen Kommentare. Aldi Süd scheint da mal wieder etwas fortschrittlicher zu sein als Nord. Ich frage da morgen mal an und trag das nach.
    @CaoKy60: Soweit ich das verstanden habe, gibt’s bei Aldi UK das „£1.00 deposit system“.

  2. Ben Brander sagt:

    @CaoKy60 Ja, sowohl bei Aldi...
    @CaoKy60 Ja, sowohl bei Aldi UK als auch bei Lidl UK gibt es Münzpfand.
    @hgebhardt Trifft auf Lidl UK zu, die Aldis in Großbritannien haben allerdings in der Regel keine Kartons rumstehen.
    Auch Lidl UK hat vor Kurzem übrigens Körbe eingeführt.

  3. westernworld sagt:

    ich fall vom glauben aldi und...
    ich fall vom glauben aldi und körbe … vielleicht läßt sich dann ja auch mein persönliches einkaufstransporttopärgernis ohne das die welt untergeht abstellen.
    feststellbremsen. warum haben einkaufswagen keine verdammten feststellbremsen obwohl parkplätze nachweislich nicht mit der wasserwage gebaut werden?
    mir ist natürlich klar das es die einzelhandelskonzerne einen scheiß interessiert wie ich klar komme nachdem ich bezahlt habe, aber wenn körbe bei aldi möglich sind muß ich vielleicht auch nicht bis ans ende meiner tage mit dem vollen einkaufswagen haschmich spielen um zu verhindern das mein oder fremdfahrzeuge durch ihr unkontrolliertes wegrollen auf unebenen parkplätzen beschädigt werden.

  4. Daniel sagt:

    @CaoKy60: Das Münzpfand für...
    @CaoKy60: Das Münzpfand für Wagen gibt es in den USA sehr wohl, ich kenne das aus eigener Erfahrung aus meheren Aldis in Chicago.
    Aldi USA hat das sogar auf seiner Webseite in den FAQ stehen:
    https://aldi.us/us/html/company/3503_ENU_HTML.htm?WT.z_src=main

  5. Hihihi, Herr Schader, Sie...
    Hihihi, Herr Schader, Sie haben mich am frühen Vormittag zum Lachen gebracht mit der Beschreibung von Einkaufskörben als „nur schwer zu bedienenden Apparate „.
    Danke 🙂

  6. CaoKy60 sagt:

    @Daniel: Danke fuer diese...
    @Daniel: Danke fuer diese Information. In CA oder FL habe ich noch kein Muenzpfandsystem fuer Einkaufswaegen gesehen. Danke auch an Peer Schader und Ben Brander!

  7. Margit sagt:

    In Großbritannien muß Aldi...
    In Großbritannien muß Aldi auch als Billiganbieter sehr viel mehr Zugeständnisse an die höheren Ansprüche der Kunden machen. Waren sind besser präsentiert, und es gibt sogar recht kreative Werbung, die sogar auf regionale Bedürfnisse und Interessen zugeschitten ist. In Schottland wird z.B. mit der großen Präsenz schottischer Produkte geworben. In eier nationalistisch eigestellten Region wird das sehr positiv aufgenommen.

  8. lutz-breunig sagt:

    Pro Einkaufswägen: In 2009...
    Pro Einkaufswägen: In 2009 hat „dm“ angekündigt, Lupen an den Einkaufswägen anzubringen, um allen Kunden das Lesen der Verpackungsaufdrucke zu erleichtern.
    https://www.servicereport.eu/2009/mehr-services-in-einkaufsmaerkten

  9. Jeeves3 sagt:

    "außerdem würden Wägen...
    „außerdem würden Wägen nicht so leicht geklaut.“
    Ist das in GB so?
    In Berlin seh‘ ich nicht selten „wilde“ (entwendete) Einkaufswagen auf Straßen, Parkplätzen oder gar in Parks; auch ich hab mal einen solchen Wagen mitgenommen um einen Weihnachtsbaum zu transportieren (und wieder zurück gebracht!).
    Einen Einkaufs-KORB hab ich noch NIE irgendwo außerhalb der Discounter oder Supermärkte rumliegen sehen.

  10. Chaja sagt:

    @lutz-breunig: das haben sie...
    @lutz-breunig: das haben sie nicht nur angekündigt sondern auch umgesetzt.

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