„Wir senken die Preise für Sie! Ab sofort senken wir jede Woche 80 Artikel dauerhaft im Preis.“
So lautet die vorletzte Botschaft, die Schlecker in seinen verbliebenen Filialen mit weißer Schrift auf knallrotem Grund in die Schaufenster tapezieren ließ. Dabei hätte die Ankündigung natürlich noch weitergehen müssen:
„Wir senken die Preise für Sie! Ab sofort senken wir jede Woche 80 Artikel dauerhaft im Preis, damit wir endlich genauso günstig sind wie die Konkurrenz, wo Sie bisher schon viel günstiger hätten einkaufen können als bei uns.“
Selbstverständlich stand das da nicht. Und was soll man von einem Unternehmen, dessen größte Schwäche stets die Kommunikation war, auch anderes erwarten? Selbst dringend notwendige Anpassungen an die Realität im deutschen Drogeriemarkt wollte Schlecker seinen letzten Kunden noch als Leistungsversprechen verkaufen. Was für ein Hohn!
Vielleicht hätte der Drogeriefilialist den radikalen Wandel, der zwecks Imageverbesserung bis vor wenigen Wochen gepredigt wurde, nie geschafft. Sonst wäre spätestens mit der Insolvenz jemand im Unternehmen auf die Idee gekommen, sowas wie eine Kommunikationsstrategie zu erarbeiten. Schlecker hätte gegenüber den Kunden offen zugeben können, was schief gelaufen ist; dass man trotz des Billig-Images längst nicht so günstig wie die Konkurrenz war; dass das notwendig gewesen ist, um das Filialnetz, das gesamte Schlecker-System sogar, aufrecht zu erhalten; und dass man sich bessern werde.
Die Verantwortlichen haben sich anders entschieden und stattdessen haufenweise rote Warnschilder in die Fenster gehängt. In Filialen, die laut Plan schon vor einigen Wochen geschlossen wurden stand:
„Wir schließen. Vielen Dank für Ihre langjährige Treue
Ab sofort 30% auf alles
Einzelartikel bis zu 50% reduziert.“
Das war gerade so freundlich wie unbedingt nötig. In Filialen, die nicht auf dem Plan standen, aber trotzdem plötzlich geschlossen wurden, sparte man sich auch diese rudimentäre Höflichkeit und erklärte kurz und knapp, dass keine Aufträge zur Fotoentwicklung mehr angenommen würden. „Wir bitten um Ihr Verständnis.“ Dann wurden die Fenster mit Packpapier abgehängt.
Mit seinem Kommunikations-Desaster ist sich Schlecker also bis zur letzten Minute treu geblieben. Am Freitag entschieden die Gläubiger, dass das Unternehmen nicht mehr zu retten ist und zerschlagen werden soll. Für 13.000 Mitarbeiter, die nun die Kündigung erhalten, ist das bitter. Aber realistisch betrachtet wird Schlecker nur den Kunden fehlen, die sonst keinen Alternativmarkt in der Nähe haben; alle anderen dürften es schnell vergessen, das Unternehmen, das sich auch kurz vor dem Abgrund noch so vehement weigerte, ehrlich mit seinen Kunden zu sein.
Als nächstes müssen die Mitarbeiter wieder neue knallrote Plakate in die Schaufenster hängen, wieder mit Rabatten. Diesmal werden es die letzten sein.
Fotos: Supermarktblog
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Schon im Januar, als ich in...
Schon im Januar, als ich in der Paulstraße in Berlin in den kleinen Laden ging, war klar, dass Schlecker auf dem letzten Loch pfeift.
In den Regalen war die Ware soweit gestreckt, dass die Wegnahme von 2 Flaschen Apfelsaft gähnende Leere verursachte. Strümpfe der Eigenmarke Schlecker (waren immer die preiswertesten in Den15) waren schon seit 6 Monaten aus dem Sortiment.
Auf meine Frage hin, teilte mir die Verkäuferin mit, dass es seit November keinen Nachschub an Ware gegeben hätte.
Mein Mitgefühl gilt den Frauen, die in den kleinen Filialen auf dem Lande gearbeitet haben und nicht wie in den größeren Städten eine „Anschlussverwendung“ finden können
die preise vergleichen muss...
die preise vergleichen muss der kunde wohl selber und umgekehrt steht bei dm ja auch nirgendwo „dieses produkt ist 20cent günstiger als bei schlecker“. bei meinen 2 schlecker-filialen (gerade mal 200m weit auseinander…) war kein schild, alles wie immer.
Hybris kommt vor dem Fall......
Hybris kommt vor dem Fall… solche Geschichten wiederholen sich endlos. Was natürlich auch diesem sich-selbstberuhigenden „Too big to fail“-Geschwafel in der Finanzbranche ein mahnendes Beispiel sein darf. Denn zum Schluss geht der Kunde, der Bürger, die Masse, das Kollektiv mitleidlos über jeden Haufen Scherben hinweg.
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Und was Schlecker anbelangt: Kunden und Mitarbeiter finden bei den Mitbewerbern Ware und Service und Arbeitsplätze. Denn nur weil man bei Schlecker nun keine Socken mehr bekommt, ist ja die Nachfrage nach Socken nicht mit einem Mal fort.
Sehr treffender Artikel. Ein...
Sehr treffender Artikel. Ein riesiges Kommunikationsdesaster. Schlecker versäumte es über Jahre, den Kunden auch mal zuzuhören. Denn die Kunden (eigentlich die Kunden der Konkurrenz) sagten schon seit Jahren mehr oder weniger deutlich, dass sie nicht bereit sind, sich von Schlecker mit seinen Billigheimer- Läden mit Premiumpreisen veräppeln zu lassen.
Schlecker wird sicher bald Eingang in Lehrbücher für Wirtschaft finden- als Negativbeispiel, wie man es nicht machen sollte.
Laut Darwin sind...
Laut Darwin sind schätzungsweise 99,99 Prozent aller je enstandenen Spezies wieder ausgestorben.
Wer in Zeiten von Kundenmitbestimmung und Transparenz hauptsächlich Illusionen nutzt, um zu überleben, den sollte das nicht wundern.
@E....zeit
Blöderweise stehen...
@E….zeit
Blöderweise stehen gerade auf dem Lande, wo sich weder alte Kunden noch ältere Mitarbeiterinnen einfach mal vom Fleck weg bewegen können, weder LÄden noch Arbeitsplätze zur Verfügung
https://www.ndr.de/flash/mediathek/index.html
In die Suchleiste Schlecker eingeben, es ist der zweite Beitrag, 2:53 Minuten lang
Was die unzureichende...
Was die unzureichende Kommunikation betrifft: Kunden verlangen schnelle und aussagekräftige Nachweise über den Nutzen von Produkten und Leistungen; nicht zuletzt wegen der Vergleichbarkeit mit Wettbewerbern. Schlecker ist ein weiteres negatives Musterbeispiel wie man mit Kunden nicht umgehen kann.
@ Petra
Mit tut es für die...
@ Petra
Mit tut es für die Mitarbeiter auch sehr leid, denn die können am wenigsten für die Pleite. Arbeitsplätze fallen auf dem Land nicht vom Himmel.
Bei uns in der Stadt (35.000 EW) gabs vor einem Jahr noch 4 Schleckermärkte dazu Müller und einen dm (Ich behaupte mal, der dm hat mehr Umsatz gemacht als die vier Schleckers zusammen). Müller und dm haben aber keinen Bedarf an neuen Arbeitskräften und von einer zweiten dm- Filiale ist auch nicht die Rede…
Im Zusammenhang mit Schlecker...
Im Zusammenhang mit Schlecker hier ein Interview von Dirk Rossmann:
https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/dirk-rossmann-schlecker-hatte-ueber-dreissig-jahre-erfolg/6703048.html
@Ephemeridenzeit
01. Juni...
@Ephemeridenzeit
01. Juni 2012, 20:05
Und was Schlecker anbelangt: Kunden und Mitarbeiter finden bei den Mitbewerbern Ware und Service und Arbeitsplätze.
Ich weiß nicht in welcher Welt Sie leben: Ob die Mitarbeiter bei den Mitbewerbern Arbeitsplätze finden???
Dennoch der Markt regelt alles 🙂