Supermarktblog

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Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

Rewe Drive vs. Kaiser’s Bringmeister (2): Nix verstehen Suchanfrage

| 18 Lesermeinungen

"Lange Wartezeiten an der Kasse gehören der Vergangenheit an", verspricht die Werbung für die Lebensmittelbestellung im Netz – und hat recht: statt ein paar Minuten in der Kassenschlange zu stehen, verbringt der Online-Kunde aber ein Dreiviertelstündchen am Computer damit, sich in die Websites der Händler einzuarbeiten. Teil 2 des Supermarktblog-Tests.

Das Supermarktblog testet, welches Online-Supermarkt-Konzept besser funktioniert: Rewes Abholservice oder Kaiser’s Bringdienst. Im ersten Teil stand schon, wie Bestellung und Lieferung geklappt haben. Jetzt geht’s weiter:

III. Der Online-Einkauf

„Lange Wartezeiten an der Kasse gehören der Vergangenheit an“, verspricht die Werbung für die Lebensmittelbestellung im Netz – und hat recht: statt ein paar Minuten in der Kassenschlange zu stehen, verbringt der Online-Kunde nämlich ein schönes Dreiviertelstündchen am Computer damit, sich in die Websites der Händler einzuarbeiten. Sowohl die Rewe-Bestellseite (die rewe-online.de heißt und nicht Drive, weil in manchen Regionen auch geliefert wird) als auch bringmeister.de sind eine Navigationskatastophe.

Bild zu: Rewe Drive vs. Kaiser's Bringmeister (2): Nix verstehen Suchanfrage

Bei beiden wird per Postleitzahleingabe geprüft, ob der Kunde den Dienst in seiner Stadt überhaupt nutzen kann. Kaiser’s liefert derzeit nur in Berlin, München und Düsseldorf. Rewe bietet die Abholung derzeit gerade mal in 11 deutschen Filialen an. (Und löscht den kompletten Warenkorb, wenn man während der Bestellung den Markt wechseln will, weil die Sortimente sich regional unterscheiden.) Zum Vergleich: Bei Tesco in Großbritannien gibt’s in 770 Läden Abholmöglichkeiten (und 45 „Drive-Thrus“), Saisnbury’s lässt in über 900 Läden abholen.

Wer die Ehre hat, bei einem der beiden Services Geld ausgeben zu dürfen, muss sich mit quasi unbenutzbaren Suchfunktionen herumschlagen, die einfachste Waren nicht findet und offensichtlich von einem Trupp angeschwipster Fachthekenkräfte programmiert wurde – beide Seiten sind nämlich kompletter Käse.

Wer „Paprika“ kaufen will und das genauso in die Maske eingibt, kriegt Paprikawurst, Paprikachips und Oliven mit Paprikafüllung vorgeschlagen, aber nicht die rot-gelb-grünen Nachtschattengewächse. Suchen Sie bei Rewe Online mal nach Dosenmais für die selbstgemachte Pizza: nix! Nur „Mais“? Ja, Mais am Stiel, im Karotten-Babybrei, im Baby-Kartoffelpüree, als eingelegte Kölbchen, als – äh – Kastenbier „Maisels Weisse Weiße Original“, Waffeln und Bowle. Des Rätsels Lösung lautet: „Sonnenmais“, denn so nennt Rewe seinen Dosenmais – und das lernen Sie jetzt bitte auswendig. Bei „Brokkoli“ empfiehlt die Seite schon wieder Kinderbrei (wobei man mal prüfen müsste, ob die Geschmacksrichtung „Seefisch Brokkoli“ nicht gegen irgendwelche Menschenrechtskonventionen verstößt) und Eigenmarken-Flusskrebssalat. Aber: weit und breit keinen Brokkoli. Denn den schreibt Rewe Online mit „cc“ und nicht wie der Duden mit „kk“.

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Noch eine Herausforderung: „Geschälte Tomaten“ aus der Dose. Bei bringmeister.de müssten Sie drauf kommen, wahlweise „Tomaten, geschält“ oder „Schältomaten“ einzugeben, sonst stellt sich die Suchfunktion dumm. (Auch wenn auf der gefundenen Dose groß und deutlich „geschälte Tomaten“ steht.) Und werden Sie bloß nicht übermütig, indem sie auf rewe-online.de gleich zwei Worte eingeben, etwa „Frische Nudeln“. („Frische Buttermilch“, „Der General Frische Zitrone“ und „Sebamed Frische Dusche“ stünden dann zur Auswahl.) Oder bei Kaiser’s etwas Kompliziertes wie „Milch“ (ergibt: „Scheuermilch“, „Kondensmilch“, „Luftschokolade Vollmilch“). Für das Erholungsbierchen, dass Sie danach nötig haben, lässt sich praktischerweise ein Flaschenöffner dazu bestellen. Sofern Sie diesen als „Kapselheber“ zu suchen. Wer solche Seiten programmiert, muss seine Kunden wahrlich hassen.

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Die Unbrauchbarkeit der Suchfunktion hat zur Folge, dass fast ausschließlich über Rubriken ausgewählt werden muss. Bei Standardprodukten ist das kein Problem. Aber sobald es etwas spezieller wird, darf man wieder raten. Diesmal: wo die Unternehmen die ersehnten Produkte hinversteckt haben.

Rewe sammelt Pluspunkte, weil es eine separate Übersicht für die Eigenmarken gibt (Rewe, Rewe Feine Welt, Rewe frei von), mit der man manchmal ganz gut ans Ziel kommt. Die „Bringmeister“ verzichten darauf völlig. In beiden Shops ist nicht ganz klar, nach welchen Kriterien Produkte der beiden Billigmarken (ja! und A&P) verfügbar sind. In vielen Warengruppen gibt es nur die Mittelmarken (Rewe und Star-Marke), bei denen die Unternehmen die Unterschiede zur günstigeren Variante oft selbst nicht erklären können. Kaiser’s führt online keinen A&P-Saft, Rewe mag keine günstigen Dosentomaten verkaufen und verzichtet gleich komplett auf die Übersicht für ja!-Produkte. Weil es nicht erwünscht ist, dass sich die Online-Kunden mit dem kompletten Discountsortiment eindecken, an dem die Unternehmen kaum was verdienen.

Auch am Angebot gibt es in beiden Fällen noch einiges zu verbessern. Oftmals werden entweder nur Großpackungen oder nur Kleinpackungen angeboten. Wer eine Großfamilie zu versorgen hat, findet so eine 850-Gramm-Dose Tomaten sicher auch praktisch, kommt aber im Falle akuter Verschnupfung mit der Minipackung Taschentücher nicht lange weiter. Kleine Haushalte haben das umgekehrte Problem.

Die Alternativen fehlen. Und haufenweise Selbstverständliches, das sich sonst im Laden kaufen lässt: der gute Camembert, bei Rewe sogar die frische Milch – was besonders unverständlich ist, da doch direkt im Laden kommissioniert wird. Die Rubrik „Käse von der Theke“ ist zum Zeitpunkt der Bestellung bei bringmeister.de komplett leer (inzwischen aber wieder aufgefüllt worden), unter „Salate“ gibt es keinen Eintrag (obwohl Salat in der Gesamtübersicht auftaucht, aber auch nur da). Wenn man vor allem zahlkräftigeres Publikum ansprechen will, wäre eine Bio-Rubrik natürlich nicht schlecht; Artikelbeschreibungen fallen bei den „Bringmeistern“ oft so katastrophal kurz aus, dass man sie auch weglassen könnte; Ware, die bloß auf hochgerechneten Pixelbildern abgebildet ist, wird garantiert nicht gekauft; die Gramm/Stück-Auswahl bei losem Obst funktioniert nicht; in der Rubrik „Spezielles & Angebote“ fehlen die Angebote. Haufenweise Kinderkrankheiten, als sei die Seite niemals getestet worden.

Kurz und gut: Ausgerechnet das angeblich so bequeme Bestellen im Netz ist derzeit das größte Argument gegen den Online-Einkauf – nervenaufreibend, ärgerlich und vor allem eine ungeheure Zeitverschwendung. Viele Produkte ließen sich im Markt schneller finden. Das scheinen auch die Unternehmen zu ahnen: Ist ein Produkt einmal ausgewählt worden, kann es über die persönliche Einkaufsliste flott zur nächsten Bestellung hinzugefügt werden. Wenn es dazu überhaupt kommen sollte.

Bild zu: Rewe Drive vs. Kaiser's Bringmeister (2): Nix verstehen Suchanfrage

Am Ende fehlt noch die Zeitangabe. Um 10 Uhr morgens bieten die „Bringmeister“ an, schon abends ab 17 Uhr zu liefern. Zwei Stunden muss man jeweils zuhause sein. Das kostet unterschiedlich viel: morgens ist’s am teuersten (6 Euro), mittags am billigsten (4 Euro). Ganz so genau scheinen sich die Fahrer ja wie berichtet eh nicht dran zu halten.

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Rewe bietet die Abholung im Markt für denselben Abend sogar an, wenn man erst gegen 15.30 Uhr ordert. Sonderwünsche sind auch drin: Der Weißwein soll bitte schon mal kalt gestellt werden. Hat tadellos geklappt – und zumindest etwas für den nervigen Bestellvorgang entschädigt. Noch ein Pluspunkt: Ist die Rewe-Bestellung abgeschickt, lässt sie sich problemlos ändern, weil zum Beispiel Nutella vergessen wurde, auch am anderen Morgen.

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Wer bei den Bringmeistern Nutella vergisst (oder die Lieferung kurzfristig absagen will), kann das – nicht online erledigen, sondern ruft eine Service-Hotline an, bei der ein ziemlich genervter Mitarbeiter nach einer Kundennummer fragt, die noch gar nicht vergeben wurde, und sucht dann nach dem gerade verschickten Auftrag, der nicht im System steht, weil die Online-Auftragsnummer „’ne reine Internetsache“ ist. Dilettantischer und unhöflicher geht es fast nicht. Um so größer ist die Überraschung, als das zusätzliche Nutella tatsächlich mitgeliefert wird.

(Sie wissen ja schon, wofür man so viel Nuss-Nougat-Creme braucht.)

Weil das jetzt schon wieder so anstrengend war, machen wir Pause bis morgen und schauen uns im letzten Eintrag vor dem Fazit nochmal die Preise an.

Natürlich sind Sie herzlich eingeladen, Ihre schönsten Online-Bestellärgernisse in die Kommentare zu notieren!

Screenshots und Logos: Rewe, Tengelmann

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18 Lesermeinungen

  1. Thomas sagt:

    Hallo Peer Schader,
    ja, WIR...

    Hallo Peer Schader,
    ja, WIR SIND DEUTSCHLAND. Wir brauchen kein Ausland, da uns runtermacht, uns sagt was bei uns falsch läuft. Das machen wir ganz alleine. Und nur so lässt sich ja auch das Sommerloch überbrücken, irgendetwas muss man ja schreiben, wo der Leser sagen kann „siehste, im Ausland funktioniert es, nur wir Deutschen sind zu dumm“. Warum sollten wir uns freuen, wenn Unternehmen Geld in die Hand nehmen, um uns in Zukunft das Leben etwas leichter zu machen. Es macht doch viel mehr Spass, über andere zu lästern und nach Fehlern zu suchen. Herr Schader, suchen Sie doch mal bei sich und Ihren Pressekollegen nach der Perfektion.

  2. pschader sagt:

    Ich freue mich, dass so rege...
    Ich freue mich, dass so rege diskutiert wird, und verstehe auch den Ärger der Beteiligten, die versuchen, ein neues Geschäftsmodell aufzubauen und zu etablieren. Das Problem ist meiner Ansicht aber: Wenn schon die Bestellung so mühsam ist, geben viele Kunden, denen man vorher blumig das Lebensmittelparadies im Rechner versprochen hat, schon lange vor der Lieferung auf. Und es ist ja leider nicht nur die Lieferung, sondern zumindest bei bringmeister.de die quasi nicht vorhandene Vernetzung mit dem Service. Wer online bestellt, soll telefonisch ändern? So ein Unfug. Noch mehr schlechte Nachrichten gibt’s leider heute Mittag im letzten Teil. Bitte weiterdiskutieren.

  3. Ich muss auch sagen, dass das...
    Ich muss auch sagen, dass das hier wieder das typisch deutsche Meckern ist. (Nehme mich selbst davon gar nicht aus 🙂
    Man sollte da ggf. etwas agnostischer werden: auch Startups lernen über viele, viele Iterationen aus machen, Feedback, ändern, Feedback, wieder ändern…etc. pp.
    Und wem es ganz und gar auf den Keks geht: wenn es dann schon so schlimm sein sollte, dann wird es der Markt richten: keine Kunden, kein Umsatz, kein EBIT > Exit. Dann verschwindet das Angebot eben wieder.
    Andererseits finde ich aber auch Dinge, die ich woanders (z.B. bei der Post) schon lange vermisse: 2h-Lieferfenster. Wenn das funktioniert – hammer!

  4. Aufrechtgehn sagt:

    Also, ich bekomme beim...
    Also, ich bekomme beim Rewe-Lieferservice in Frankfurt frische Milch. Das ist für mich auch Voraussetzung, den Service überhaupt zu nutzen, weil das für mich ein unentbehrlicher Grundartikel ist. Wenn ich wegen dem ohnehin noch mal aus dem Haus müsste, würde ich den Lieferservice gar nicht nutzen.
    Die Produktbeschreibungen finde ich auch ein bisschen dürftig, teilweise sind sie auch falsch (so listet Rewe seinen Bio-Gemüsesaft immer noch „mit Olivenöl“, obwohl dieses seit einer Produktumstellung vor ungefähr einem Jahr gar nicht mehr drin ist). Das führt zumindest bei mir dazu, dass ich online nur die Produkte bestelle, die ich schon kenne, also immer die selben Standardprodukte nehme (was durch den beschriebenen umständlichen Bestellprozess und die Einkaufskorbspeicherfunktion forciert wird). Neues ausprobieren oder Spontankäufe, die ich beim Einkauf im Markt gerne mal mache, fallen online damit leider flach. Und die Suchfunktion ist wirklich eine Katastrophe (ich bin unter anderem an fertiger Vanillesauce gescheitert).
    Und gerade, weil ich den Service an sich so toll finde und ihn gerne nutze, finde ich kritische Artikel wie den von Peer Schader so wichtig und hilfreich, denn nur so haben die Handelsunternehmen die Chance, ihre Schwachstellen zu finden und ihr Angebot so kundengerecht zu verbessern, dass es auch von einer ausreichend breiten Käuferschicht genutzt wird.
    Gerade hier in Frankfurt gab es nämlich vor Jahren schon mal einen Versuch von Tengelmann, einen Lieferservice zu etablieren, der nach kurzer Zeit bedauerlicherweise wieder eingestellt wurde. Und ich fände es äußerst schade, wenn der Rewe-Lieferdienst ebenfalls wieder vom Markt verschwände, nur weil die schlechte Bedienerführung potentielle Kunden abschreckt. Denn abgesehen von diesen Kinderkrankheiten ist der Service an sich ja lobenswert.

  5. pschader sagt:

    @Max: Gut, dass Sie ihn nicht...
    @Max: Gut, dass Sie ihn nicht auch betreiben, sonst wäre der nämlich schon pleite, würde ich tippen.

  6. Rolf sagt:

    "unter "Salate" gibt es keinen...
    „unter „Salate“ gibt es keinen Eintrag (obwohl Salat in der Gesamtübersicht auftaucht, aber auch nur da).“
    Hm, ohne jetzt mal auf die Website geschaut zu haben: Kopfsalat & Co würde ich bei Gemüse erwarten, während ich in der Kategorie „Salate“ auf Fertigprodukte (Kartoffelsalat im Eimer etc) hoffe.

  7. Alex sagt:

    Ich hab schon mehrere...
    Ich hab schon mehrere lebensmittel online Services probiert, es gab immer mindestens zwei negativpunkte, die mich vom Stammkunden abhielten. Vor gut vier Wochen hab ich mytime.de getestet, siehe da, bis auf die gewohnungsbedurftigen Lieferzeiten alles bestens. Preis, frische, Aufmachung und Easy Shop. Mittlerweile dauert mein Einkauf ca 5-7min.

  8. Andreas sagt:

    Ich bin ja gespannt wenn das...
    Ich bin ja gespannt wenn das ganze auch in Bayern richtig ausgerollt wird. Die Seiten sollten jedenfalls aus Usability-Sicht nochmal übarbeitet werden.

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