Supermarktblog

Supermarktblog

Nach jedem Lebensmittelskandal wollen die Verbraucher wissen: Was können wir noch essen? Dabei ist die Frage, wie wir einkaufen, mindestens genauso

Brandenburg liegt in Köln: Was im Supermarkt alles "regional" sein kann

| 6 Lesermeinungen

Viele Supermärkte und Hersteller interpretieren Regionalität so, wie sie ihnen am besten ins Regal passt. Friesland Campina darf seine "Mark Brandenburg"-Milch in NRW abfüllen. Lidl nimmt ganz Deutschland als "Region". Und in den Filialen von Sky und Plaza gibt es sogar "regionalen" Kaffee zu kaufen. Eine Übersicht.

Viele Leute wollen im Supermarkt am liebsten Lebensmittel aus der Region kaufen, weil die bestenfalls frischer sind und keine langen Transportwege hinter sich haben. Dabei gibt es keine übergreifende Definition, ab wann Obst und Gemüse als „regional“ gelten darf. Viele Händler interpretieren die Regionalität deshalb so, wie sie ihnen am besten ins Regal passt.

* * *

Lidl: „Heimat“ ist überall
Unter dem wohlklingenden Namen „Ein gutes Stück Heimat“ bietet der Discounter Produkte an, die sich mit ihren Versprechen förmlich überschlagen. Von „Nähe und Geborgenheit“ ist die Rede, von einem „sicheren Gefühl bei Ihrem täglichen Einkauf“ und „frischer Vielfalt“. „Ein gutes Stück Heimat“-Produkte kommen Lidl zufolge „ausschließlich aus Ihrer Region“, also zumindest: „bei einer Auswahl“ der angebotenen Lebensmittel. Auf der Website sind sieben Kategorien gelistet. „Bayerische Bauernmilch“ aus – nun ja: Bayern, Kartoffeln fürs Fertigpüree aus Mecklenburg, Äpfel „ausschließlich aus deutschem Anbau“, Gemüse im Glas aus Düren. Die „Heimat“, von der Lidl „ein gutes Stück“ verkaufen will, ist der Definition des Discounters zufolge also schlicht und einfach – Deutschland.

Friesland Campina: Brandenburg liegt auch in Köln
Das Milchverarbeitungsunternehmen Friesland Campina in Heilbronn bringt Milch unter der Bezeichnung „Mark Brandenburg“ ins Regal, die mit einer „Mark Brandenburg Qualitäts-Garantie“ wirbt – aber in Köln abgefüllt wird. Das steht (in sehr viel kleinerer Schrift) auch auf der Packung. Die Verbraucherzentrale erklärt auf lebensmittelklarheit.de, dass die Angaben den rechtlichen Vorschriften entsprechen, selbst wenn „einzelne Produkte dieser Regionalmarke […] außerhalb Brandenburgs produziert“ werden. Diese Ausnahmen wurden laut Friesland Campina (pdf-Stellungnahme) an „ausgewählte Produktionswerke außerhalb Brandenburgs verlagert, weil diese Werke auf die Herstellung der jeweiligen Produkte spezialisiert sind“.

Bild zu: Brandenburg liegt in Köln: Was im Supermarkt alles "regional" sein kann

Coop: Kaffee aus Norddeutschland
Im Norden Deutschlands gibt’s in den Supermärkten der deutschen Coop (Sky und Plaza) das ziemlich große „Unser Norden“-Sortiment, bei dem Coop mit einer genauen Kennzeichnung der Herkunft wirbt. Allerdings handelt es sich dabei auch um Lebensmittel, die im Norden lediglich „hergestellt oder bearbeitet“ werden. Coop schreibt dazu: „Damit wir uns nicht missverstehen: Nicht alle Rohstoffe können aus unserer Region kommen. Nördlich der Elbe wachsen kein Pfeffer, kein Kaffee und keine Apfelsinen. Selbst beim Honig ist es so, dass deutscher Honig nur 15% unseres Bedarfs deckt und wir ihn zusätzlich auch aus dem Ausland beziehen. Aber immer geschehen die Aufbereitung und die Veredelung in unserer norddeutschen Region, nach unserem Geschmack und unseren Traditionen.“ Und deshalb gibt’s bei Sky und Plaza ernsthaft „regionalen“ Kaffee zu kaufen.

Wiesenhof: Letzte Rettung Oldenburg
Zum September benennt sich „Wiesenhof“ in „Oldenburger Geflügelspezialitäten“ um, und wahrscheinlich ist das Image-Desaster, mit dem der Geflügelgroßzüchter seit einiger Zeit zu kämpfen hat (siehe FAZ.NET, „Tierleben“-Blog und „Eins gegen Eins“-Blog), daran nicht ganz unschuldig. Laut Albert-Schweizer-Stiftung ist die offiziell kommunizierte Begründung der Umbenennung, dass man damit einem „nachvollziehbaren Verbraucherwunsch“ entsprechen wolle: Regionalität. Die neue Bezeichnung soll klarstellen, „in welcher Region unser Produktionsbetrieb ansässig ist“.

[Zurück zum Haupttext über regionales Obst und Gemüse.]

Screenshots: Supermarktblog

Das gefällt Ihnen? Das Supermarktblog gibt’s auch bei Facebook und Google+.


6 Lesermeinungen

  1. lutz-breunig sagt:

    ... der Sinn für regional...
    … der Sinn für regional produzierte und verkaufte Lebensmittel relativiert sich zwangsläufig für den überregional arbeitenden Menschen.

  2. Gaspar sagt:

    Das aufgegriffene Thema ist...
    Das aufgegriffene Thema ist mir auch vor ca. 3 Monaten aufgefallen. „Heimat“-Produkte aus großer Entfernung und natürlich exra teuer. Der Heimat-Fruchtaufstrich von Göbber ist teurer und hat weniger Früchte. Er war allerdings nur kurze Zeit bei Lidl zu Gast. Das Gegenteil sind internationale Spezialitäten, die ebenfalls in Deutschland hergestellt werden, z.B. „Hatherwood Blackcurrant Jam“ aus Eystrup an der Weser (Göbber). Griechische Produkte kommen zu ca. 50% aus Deutschland. Dreiste Kundenverdummung bringt aber gutes Geld.

  3. Vielleicht ticke ich da...
    Vielleicht ticke ich da sonderbar, aber gerade beim Kaffee (ich denke an den der „Donaurösterei, den ich bei Edeka kaufe – so gut wie der von Nannini!) stört mich das Werben mit Regionalität nicht. Denn dass in Baden-Württemberg keine Kaffeeplantagen stehen, ist wahrscheinlich jedem klar, wohingegen die „kleinen“ Schlampereien bei der Milchabfüllung und dem Gemüse für mich Täuschung sind.

  4. Aufrechtgehn sagt:

    @Mama arbeitet: womit bewiesen...
    @Mama arbeitet: womit bewiesen wäre, dass die Begriffsverwirrung nicht nur auf Seiten der Hersteller, sondern auch seitens der Kunden besteht. Für mich ist Kaffee „aus der Region“ nämlich krasser Beschiss, denn „Region“ heißt für mich = in 50 Kilometer Umkreis um den Supermarkt, der damit wirbt, herum angebaut. Maximal lasse ich noch das jeweilige Bundesland gelten. Kaffee kann in Deutschland also per se kein regionales Produkt sein, und dass die Coop dennoch mit diesem Label wirbt, macht für mich ihre komplette Range unglaubwürdig. Zu diesem Supermarkt hätte ich kein Vertrauen mehr.
    Es zeigt sich also einmal mehr, dass es dringend Zeit ist, den Begriff „Region“ gesetzgeberisch zu definieren, so dass verlässliche, klar definierte Regeln geschaffen werden, was sich „regional“ nennen darf und was nicht, bevor das Vertrauen in die Lebensmittelindustrie und den Handen vollständig Schaden nimmt.

  5. StefaN sagt:

    Bei "Mark Brandenburg" ist in...
    Bei „Mark Brandenburg“ ist in der Stellungnahme von „FrieslandCampina“ doch ein Widerspruch.
    Die Firma schreibt, bei einigen Produkten (z.B: Sahne, Saure Sahne, Kefir, Buttermilch) gäbe es ein bestimmtes Qualitätsiegel („Brandburg Qualitäts-Garantie“).
    Darüberhinaus (sic!) würde einige Produkte auswärts produziert. (So die betreffende Milch). Diese trägt aber doch aus das Siegel!

  6. Anna sagt:

    Möchte wissen was sich die...
    Möchte wissen was sich die Konzerne noch einfallen lassen um ihren Umsatz zu pushen.

Hinterlasse eine Lesermeinung