„Glücklicher, der Sie nach New York gehen”, sagte der britische, in New York gefeierte Choreograph Sir Frederick Ashton 1988 zu seinem Landsmann, dem Kritiker Alastair Macaulay. „Trinken Sie einen Wodka Martini für mich. Nur die da drüben können den.”
Macaulay, in einem seltenen Anfall von Melancholie, schrieb das vor knapp zwei Jahren in der New York Times anläßlich eines Ashton-Programms des American Ballet Theatre. Am Ende des Texts kündigt er an, in naher Zukunft wieder auf Ashton anzustoßen. Damit steht die last order morgen abend in München fest: Wodka Martini. (Einen, nicht fünf, wie Ashton sie angeblich nach New Yorker Vorstellungen in der Bar der Old Met auf sich warten ließ). Warum in München? Nun, anders als Alastair Macaulay, der im selben Bericht Herman Cornejo als Puck in Ashton’s „The Dream” ( seiner 1964 entworfenen einaktigen Version von Shakespeare’s „Mittsommernachtstraum”) enthusiastisch lobt und sagt, in fünfunddreißig Jahren hätte er nicht einen solchen Puck gesehen, anders als Macaulay habe ich noch überhaupt keinen Ashton-Puck live auf der Bühne gesehen. Dass ich so alt werden konnte ohne einen wirklich auf der Bühne gesehenen Sommernachtstraum von Ashton. (Balanchines kenne ich auch nur von der DVD. Und richtig, Mr. Macaulay, wer nicht beide liebt, bei dem stimmt was nicht).
Morgen abend also ist es soweit und auf Einladung des Bayerischen Staatsballetts tritt im Rahmen der noch bis zum 29. April dauernden Ballettwoche in München das Birmingham Royal Ballet auf. Es zeigt nicht nur „The Dream”, sondern auch „Checkmate” von 1937, das berühmteste Ballett der Begründerin der Vorläufer-Compagnie des Birmingham Royal Ballet und des Royal Ballet, Ninette de Valois’. Das neoklassische Werk zu Musik von Arthur Bliss läßt Schachfiguren lebendig werden und erzählt ihre Auseinandersetzungen zwischen Liebe und Tod.
David Bintley, der das BRB heute leitet, ist auch als Choreograph repräsentiert und zwar mit einem Stück, das er zu Dave Brubecks „Take Five” schuf.
Man soll nicht neidisch sein, aber manchmal ist das hart. Dann könnte man neidisch werden, dass man nicht in den vergangenen fünfunddreißig Jahren x-mal einige der bedeutendsten und schönsten Ballette unserer Gegenwart gesehen hat und konnte ihren Choreographen nicht ein Loch in den Bauch fragen. Haben London oder New York womöglich leichte Standortvorteile gegenüber Bonn oder Berlin. Hätte ich Macaulays ersten Sommernachtstraum vielleicht noch nicht verstanden? Doch, mit elf Jahren versteht man das bestens. Prächtig, wäre diese Frage auch geklärt.
Dann kann das Abenteuer, das mit Wodka Martini enden wird, ja beginnen. Cheers, Sir Fred.