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Neue Möglichkeiten digitaler Kommunikation verändern unsere Lebenswirklichkeit mit hoher Geschwindigkeit. Die „Generation Handy“ nutzt das

Nokia: Handys alleine sind nicht attraktiv genug

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Nokia setzt auf neuen Umsatz aus mobilen Datendiensten. Dafür wurden Milliarden investiert. Jetzt soll das Geschäft starten. Besondere Hoffnungen setzt Konzernchef Kallasvuo auf Nokias den neuen Onlineshop - und auf Einnahmen aus der mobilen Werbung. Außerdem erteilt er Spekulationen über eine engere Kooperation mit Facebook eine Absage.

Der Handyhersteller Nokia setzt seinen Umbau zu einem Anbieter von mobilen Internetdiensten mit hoher Geschwindigkeit fort – hat sein Portfolio nach milliardenschweren Akquisitionen jetzt aber weitgehend beisammen. „Es könnte sein, dass wir zur Komplettierung unsere Dienstpalette noch kleinere Zukäufe tätigen, größere Bestandteile fehlen uns aber nicht mehr“, sagte Olli-Pekka Kallasvuo, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, vor Journalisten während der Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona.

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Vor allem dem Ovi-Store, dem neuen Online-Kaufhaus von Nokia, kommt nach den Worten von Kallasvuo eine besondere Bedeutung innerhalb der Strategie zu. Er betont, das Nokia damit einen völlig anderen Ansatz verfolge, als Wettbewerber wie Apple, Microsoft oder Google. „Der Ovi-Store ist nicht nur ein Softwareladen, in dem man sich kleine Dienstprogramme für sein Handy herunterladen kann. Es geht um mehr“, erklärt Kallasvuo. „Wir können dort viel weitergehende Angebote machen. Zu Beispiel werden wir den Zugang zu Inhalten schaffen – so wie wir es mit unsere Musikangebot schon machen.“ Kallasvuo geht davon aus, dass Nokia allein auf Grund der Größe seiner Kundenbasis gute Chancen hat, die Anbieter von attraktiven Inhalten für Kooperationen und den Ovi-Store zu interessieren. Rund eine Milliarde Nokia-Handys sind derzeit in Betrieb und jedes Jahr werden bis zu 300 Millionen Stück neu verkauft. „Bei dem Musikangebot hat das in den Verhandlungen mit den Labels ganz gut geklappt“, freut sich der Konzernchef. Jetzt sollen weitere Kooperationen folgen.

Für Kallasvuo liegt das grundlegende Differenzierungsmerkmal der eigenen Strategie und auch des Ovi-Store darin, dass alle Dienste auf der Basis des Aufenthaltsortes jedes Nutzers mit speziellen Angeboten angereichert werden können. Viele Mobiltelefone können inzwischen die Daten des globalen Ortungssystem GPS können und wissen daher wo sie sich befinden. Dies Konzept wird auch für die neue Verkaufsplattform genutzt. So wird der Kunde zum Beispiel gezielt nach Angeboten in seiner Umgebung suchen können. Zudem ist es möglich, ihm ortsbezogene Werbung auf sein Gerät zu schicken – und damit einen zusätzlichen Einnahmestrom zu generieren.

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„Er ist ganz klar, dass eine Menge dieser Dienste durch Werbung finanziert werden. Nokia kommt dabei die Rolle dessen zu, der die gezielte Kundenansprache ermöglicht“ betont Kallasvuo, lässt aber keinen Zweifel daran, dass der finnische Konzern ebenfalls einen Anteil an diesen Werbeeinnahmen für sich reklamieren wird. „Wir sollen allerdings aufhören von mobiler Werbung zu sprechen“, fordert er. „Es geht um lokalisierte Werbung, die sich daran orientiert in welchem Kontext und an welchem Ort sich der Nutzer gerade befindet.“ Um genau solche Dienste anbieten zu können, hat der Konzern dass Unternehmen Navteq – einen von zwei Anbietern digitaler Landkarten – übernommen und dafür umgerechnet mehr als 5 Milliarden Euro ausgegeben. Spekulationen darüber ob dies zu teuer gewesen sei kontert der Nokia-Chef angesichts der hohen Bedeutung dieser Karte für Nokias Strategie gelassen“ „Wir wussten was wir wollten, und wir haben bekommen was wir wollten“, erklärt er.

Ebenso sicher ist sich Kallasvuo darüber, dass es nicht mehr ausreicht, alleine Mobiltelefone anzubieten. „Das ist eine neue Welt. Erst die Kombination aus Gerät und Service führt bei dem Kunden zu dem ‚Wow-Effekt‘. Allein die Geräte reichen nicht mehr aus. Deshalb ist die tiefe Integration der Dienste in die Handys ein Schlüsselelement unserer Strategie“, betont Kallasvuo.

Generell geht er davon aus, dass Nokia sämtliche auch im klassischen Internet üblichen Einnahmeströme auch für seine mobilen Dienste etablieren wird. „Ob transaktionsbezogener Umsatz, Abonnement-Modelle oder werbefinanzierte Angebote: Nokia wird in der Lage sein all diese Varianten zu nutzen. Wir generieren schon heute Umsatz aus diesem Geschäft“, sagt Kallasvuo. Dieser Umsatz ist mit einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag im Quartal allerdings noch relativ gering. Das Segment verzeichnet – im Gegensatz zum aktuell von der Krise gebeutelten Handygeschäft- aber noch ein kräftiges Wachstum.

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Keine Angaben machte Kallasvuo in Barcelona über den aktuellen Verlauf im Kerngeschäft mit den Geräten. Dies ist im vierten Quartal des vergangenen Jahres regelrecht eingebrochen. Der Konzern hat zudem seine im Vorfeld schon zweimal nach unten revidierte Prognose für die Marktentwicklung abermals korrigiert. Nokia rechnet jetzt mit einem Rückgang des internationalen Handyabsatzes um rund 10 Prozent auf etwas weniger als eine Milliarde Geräte. Im Schlussquartal 2008 war die Zahl der von den Finnen verkauften Handys um 15 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 113 Millionen Stück zurückgegangen. Der Umsatz in der wichtigsten Sparte des Konzerns fiel sogar um fast 27 Prozent auf 8,1 Milliarden Euro.

Angesichts dieser Aussichten trüben findet die Telekom-Branche offenbar wieder besser zusammen, und auch Nokia scheint den Streit mit Netzbetreibern wie T-Mobile weitgehend beigelegt zu haben. Diese hatten sich über die Nokia-Strategie beklagt, die auf Teile der Wertschöpfungskette zielt, die bisher von ihnen selbst besetzt waren. „Wir haben die ganz klare Entscheidung, mit den Netzbetreibern zu kooperieren. Wir bauen eine globale Service-Plattform auf, die auch die Netzbetreiber nutzen können. Wir integrieren Abrechnung und Inhalte, kommen auf den Markt und können den Umsatz dann mit den Netzbetreibern teilen“, erklärt Kallasvuo. „Es geht nicht darum nach den Einnahmen zu greifen, die die Netzbetreiber schon heute machen, es geht darum, neuen Umsatz zu generieren und diesen dann zu teilen.“

Klarheit schaffte Kallasvuo auch über Spekulationen, Nokia werde in Kürze eine sehr enge Kooperation mit Facebook eingehen. „Wir arbeiten mit vielen Partnern zusammen und auch die Kooperation mit Facebook ist eine ganz normale Partnerschaft. Mehr nicht“, sagte er. Ebenso wenig wird Nokia nach Angaben des Konzern-Chefs in das Geschäft mit dem Cloud-Computing einsteigen. Vielmehr werde man sich auf eine schlanke eigene Serverstruktur für die Internetdienste konzentrieren – aber keine großen Datenzentren aufbauen.

 Mehr zum Mobile World Congress 2009 unter https://twitter.com/winkelhage


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