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Die Kehrtwende der Telekom

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Die Telekom bringt Bewegung in den Markt mit superschnellen VDSL-Anschlüssen. Sie dreht ihre Strategie um 180 Grad und setzt auf Kooperationen. Das Ziel bleibt aber das gleiche: Die Sicherung ihrer Marktstellung.

Was ist nur los mit der Deutschen Telekom? Wo sind die alten Feindbilder geblieben? Früher war es doch ganz einfach. Das Telekom Weltbild war lange aus schwarz und weiß gezimmert. Auf der einen Seite gab es den bösen Wettbewerb mit seiner vermeintlichen Investitionszurückhaltung, der es nur darauf abgesehen hatte, das Netz des Konzerns möglichst preiswert mitnutzen zu dürfen. Auf der anderen Seite die arme Telekom – vom Regulierer geknebelt und zur Schwäche gezwungen. Immer mehr Anschlüsse verlor das Unternehmen, obwohl häufig die Vorwürfe laut wurden, die Einflussnahme des Großaktionärs Bund würde den Konzern über die Maßen vor noch härterer Regulierung schützen.

Bild zu: Die Kehrtwende der TelekomJetzt sind auf einmal Graustufen im Weltbild der Telekom zu erkennen. So stellt sich Vorstandsmitglied Tim – ehemals Timotheus – Höttges im Interview mit dem F.A.Z.-Kollegen Helmut Bünder hin und macht dem Wettbewerb ein konkretes Angebot. Für zunächst 30 Euro sollen alle Wettbewerber Zugang zum VDSL-Netz des Konzerns erhalten. Dabei soll eine Zusammenschaltung per Bitstrom genauso möglich sein wie der Wiederverkauf der Telekom-Produkte. Das Smarte daran: Je mehr VDSL-Kunden von Telekom und ihren neuen Partnern gewonnen werden, desto billiger soll es für alle werden. Und es gibt keinen Mengenrabatt, aber eine degressive Preisstaffel für alle. An diesem Punkt hat die Telekom aus früheren Verfahren gelernt, in denen sie sich von der Regulierungsbehörde eine blutige Nase geholt hat. Damals plante die Telekom ein System namens „Net-Rental“, das große Wiederverkäufer klar bevorzugte.

Jetzt also Kooperation. Das ist für den Konzern – wie Höttges im kleinen Kreis gerne zugibt – eine Strategiewende um 180 Grad und konterkariert ein wenig die hitzigen Diskussionen der vergangenen Jahre. Bisher hatte die Telekom immer auf einem regulatorischen Schutzzaun um ihr VDSL-Netz gepocht und wollte allein eine Premiumrendite für die Milliardeninvestition einfahren – ohne den Wettbewerbern zunächst Zugang zu ermöglichen. Der Ärger war groß und die Bundesregierung in Berlin streitet immer noch mit der EU-Kommission in Brüssel über die entsprechenden Paragraphen im deutschen Telekommunikationsgesetz.

Offenbar ist im Konzern aber die Einsicht gereift, dass ein VDSL-Alleingang – selbst von einer finanziell kräftigen Telekom – nicht zu bewerkstelligen ist. Das gilt besonders, wenn die Politik jetzt die Parole ausgibt, die Republik bis zum Jahr 2014 zu 75 Prozent mit VDSL zu versorgen. Bis 2018 sollen es 100 Prozent sein – was rund 50 Milliarden Euro kosten soll. Auch deshalb vollzieht die Telekom jetzt die Wende und stellt auf Kooperation um. Dabei spielt allerdings auch eine Rolle, dass die Kabelnetzbetreiber der Telekom und ihren Wettbewerbern im Nacken sitzen. Die können im DSL-Markt hohe Zugewinne verbuchen und liefern in ihrem Netz ebenfalls VDSL-Geschwindigkeit in die Haushalte. Deshalb steht die gesamte Branche der klassischen Telekommunikationsanbieter unter Zeitdruck, dieser neuen Konkurrenz möglichst schnell etwas entgegenzusetzen.

Die neue Strategie des ehemaligen Monopolisten hat aber noch weitere Gründe. Zunächst will die Telekom mit dem Angebot einem regulatorischen Eingriff zuvor kommen – in dessen Rahmen ihr wahrscheinlich auch ein Preis diktiert worden wäre, zu dem den Wettbewerbern der VDSL-Zugang ermöglicht werden müsste. Auf der zweiten Ebene versucht der Konzern auf diesem Weg, die Infrastrukturpläne anderer Unternehmen auf ein Minimum zu begrenzen. Das jetzt vorgelegte Angebot gestaltet den Markt für Wiederverkäufer (Resale) wie United Internet so interessant, dass sich Investitionen in eigene Netze nur für die Unternehmen rechnen werden, die schon über ein weitreichendes Netz verfügen.

Bild zu: Die Kehrtwende der TelekomZum dritten macht die Telekom dem kleinen Club der investitionswilligen und -fähigen Wettbewerber, die danach noch verbleiben, das zusätzliche Angebot, die Netze gemeinsam auszubauen und dann die Erlöse zu teilen. Kooperationen mit Vodafone und EWE-Tel sind schon unter Dach und Fach. Und auch mit den Stadtnetzbetreibern Netcologne und M-Netz arbeitet der Konzern schon zusammen. Weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit werden derzeit gesucht, und es gibt viele Gespräche zwischen der Telekom und ihren Wettbewerbern.

Unbestritten bleibt, dass die gesamte Strategie der Telekom darauf abzielt, ihre eigene Position im VDSL-Markt zu stärken und durch die Wahl ihrer Kooperationspartner auch eine Marktbereinigung vorantreiben wird.


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