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Auf der Suche nach der „neuen letzten Meile"

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Der Glasfaserausbau beschert Deutschland noch schnelleres Internet - und der Regulierung ein Problem. Wo sollen die Wettbewerber künftig ihre Netze mit dem der Telekom zusammenschalten? Oder anders gefragt: Wo beginnt morgen die letzte Meile? Ein Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur macht dazu erste Vorschläge.

Deutschland stellt um auf das Internet-Protokoll (IP). In den Telefonnetzen wird derzeit mit Hochdruck daran gearbeitet, die alten Strukturen auf die moderne IP-Variante umzustellen. Diese Modernisierung geht mittelfristig mit einem großflächigen Glasfaserausbau einher und stellt die gesamte Branche vor neue Herausforderungen. Während die Verbraucher unter anderem von einem erheblich schnelleren Zugang zum Internet profitieren, muss im Hintergrund die Zusammenschaltung des Netzes der Telekom mit denen der Wettbewerber neue geregelt werden. Es wird eine Lösung gesucht, die künftig die Anmietung der letzten Meile – auch Teilnehmeranschlussleitung oder TAL genannt – durch die Wettbewerber der Telekom ersetzt oder vielmehr in neuer Form nachbildet.

Bild zu: Auf der Suche nach der „neuen letzten Meile"Der Grund: Die bisherigen Zusammenschaltungspunkte in den rund 8000 Hauptverteilern der Telekom werden über kurz oder lang wegfallen, da sie nicht mehr benötigt werden. Hier aber begann bisher die letzte Meile. Die HVTs werden voraussichtlich durch rund 900 zentrale Netzknoten ersetzt. Nach Angaben der Telekom wird dies vom Jahr 2014 an der Fall sein – manche Branchenbeobachter gehen aber davon aus, dass der Abschaltungsprozess schon früher beginnen wird. Auch viele Wettbewerber haben große Teile ihre Netze schon auf IP umgestellt, was unter anderem den Vorteil hat, dass Sprache und Daten gemeinsam transportiert werden können. Unter anderem dadurch wird der Netzbetrieb einfacher und vor allem preiswerter. Vor allem die Deutsche Telekom rechnet damit, dadurch die Kosten für den Netzbetrieb deutlich senken zu können.

Die Frage der künftigen Netzzusammenschaltung ist bisher allerdings noch nicht geklärt. Nach Ansicht von Matthias Kurth, dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, gibt es dafür zwei Varianten: „Entweder die Wettbewerber bauen mit eigener Infrastruktur näher an den Kunden heran und teilen sich den Kabelverzweiger an der Ecke nah am Haushalt mit der Telekom. Oder sie nutzen den Bitstromzugang, der auf einer höheren Netzebene eine Zusammenschaltung ermöglicht. Dafür gibt es im Moment 73 Übergabepunkte“, sagt Kurth im Gespräch mit dieser Zeitung.

Der Unterschied zwischen den Varianten ist gewaltig und hat große Auswirkungen auf die Verteilung der Kosten des Ausbaus. Während der Wettbewerb auf der Basis des Bitstromzugangs vor allem der Telekom den Ausbau von Glasfaser in der Fläche überlässt, ist die Zusammenschaltung am Kabelverzweiger (KVZ) nah am Haushalt für alle Wettbewerber mit hohen, aber auf viele Schultern verteilten Kosten verbunden. Nach dem Punkt, wo Wettbewerber künftig die Zusammenschaltung realisieren wollen, richten sich das künftige Entgelt für die ‚neue letzte Meile‘.

Um den bevorstehenden Entscheidungsprozess zu fördern, hat die Bundesnetzagentur in der vergangenen Woche Eckpunkte über die regulatorischen Rahmenbedingungen für eine leistungsfähige Breitbandinfrastruktur vorgelegt, die in den kommenden Wochen diskutiert werden. Auf dieser Basis sagt Kurth: „Die 8000 HVTs werden nicht über Nacht wegfallen, und der Telekom ist klar, dass sie den Wettbewerbern realistische Alternativen zur Teilnehmeranschlussleitung bieten muss, wenn sie die HVTs schrittweise abbaut.“

Diese „realistischen Alternativen“ werden derzeit in der Branche heiß diskutiert, und immer häufiger kommt dabei der Begriff des Open Access ins Spiel. Dies Prinzip beruht auf der ersten Variante der Netzzusammenschaltung und soll es den Wettbewerbern der Telekom ermöglichen, ihre Netze bis zum KVZ zu bauen und sich dort mit der Telekom zusammenzuschalten. Open Access bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Kosten für die passiven Netzelemente an den jeweiligen Standorten geteilt werden – dazu gehören die Gehäuse am Straßenrand ebenso wie deren Stromversorgung und Klimatisierung sowie die Kabelkanäle, mit denen sie untereinander verbunden sind. „Eine nicht-diskriminierende Implementierung von Kooperationsmodellen der Wettbewerber untereinander oder mit der Deutschen Telekom wird von der Bundesnetzagentur im Grundsatz begrüßt. Insbesondere dann, wenn sie zu Open-Access-Netzen führen“, heißt es in den Eckpunkten. Schon heute laufen Gespräche zwischen der Deutschen Telekom und den Wettbewerbern, die in manchen Regionen auch schon zu Kooperationen geführt haben. Das hat einen guten Grund. Unbestritten von Telekom und den Wettbewerbern ist die Annahme, dass die Milliardenbeträge, die für einen flächendeckenden Glasfaserausbau aufgebracht werden müssen, nicht von einem Unternehmen allein geschultert werden können. Auch nicht von der Deutschen Telekom, die schon Milliardenbeträge in ihr VDSL-Netz investiert hat. Die Forderung der Breitbandstrategie der Bundesregierung, Deutschland bis zum Jahr 2018 flächendeckend mit einer Bandbreite von mindestens 50 Megabit zu versorgen, ist nur in Kooperationen zu realisieren.

Bild zu: Auf der Suche nach der „neuen letzten Meile"So teilen sich die Telekom und EWE-Tel in Norddeutschland den Glasfaserausbau bis zum KVZ und wollen sich in diesen Regionen gegenseitig Zugang zu ihren Netzen gewähren. Mit Vodafone baut die Telekom in Heilbronn und Würzburg gemeinsam die Glasfaser näher zu Kunden, und auch mit der Münchener M-Net und Netcologne gibt es Kooperationen. „Wir begrüßen diese Kooperationen der Wettbewerber mit der Deutschen Telekom“, sagt Kurth und fügt hinzu: „In den großen Städten lohnt es sich, wenn mehrere Anbieter bis zum KVZ ausbauen. Es wird aber auch Gegenden geben, wo nur ein Unternehmen mit der Glasfaser nah an den Kunden heran baut. In diesen – vor allem ländlichen Regionen – muss trotzdem für Wettbewerb auf dem Netz gesorgt werden.“ Das bedeutet, dass derjenige, der in diesen Regionen das Netz ausbaut, auch Wettbewerbern Zugang zu den potentiellen Kunden gewähren muss – zu einem entsprechenden Preis.

Kurth kommt zudem zu dem Schluss, dass „je mehr Wettbewerber in geteilte Infrastrukturen investieren, desto preiswerter wird die Zusammenschaltung mit dem Netz der Telekom“. Zudem bemerkt er, dass die Entgeltstruktur Anreize dafür setzen müsse, den Infrastrukturausbau attraktiv zu machen. Das bedeutet, dass Unternehmen mit eigener Infrastruktur weiterhin einen erheblichen Kostenvorteil gegenüber denen haben sollen, die gar nicht oder nur wenig in eigene Infrastruktur investieren. Um Planungssicherheit für die Telekom und die Wettbewerber zu schaffen, können geeignete Entgelte auch für einen längeren Zeitraum als die bisherigen zwei Jahre festgesetzt werden, meint Kurth und kommt damit einer Forderung entgegen, die unter anderem von der Deutschen Telekom schon länger erhoben wird.

Bilder: Deutsche Telekom

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