Als Mario Beck in den Jahren 2004 bis 2010 in München Veterinärmedizin studierte, nahm er eines Tages an einer Veranstaltung teil, mit der man Studenten dafür motivieren wollte, nach dem Examen an der Universität zu bleiben, an den Tierkliniken, und dort zu arbeiten, zu forschen und sich weiterzubilden. Eine Dozentin stand damals im Hörsaal und erklärte, woraus die Arbeit an der Kleintierklinik für einen jungen Tierarzt nach dem Examen besteht. Alles hörte sich sehr gut an: “Wir machen Journal Clubs und Book Rounds, wir haben eine Intensive Care Unit” – etwa so, erinnert sich Beck, habe die Hochschullehrerin die Vorteile angepriesen. “Sie sind vom ersten Tag an in dieses Notdienstgefüge eingebunden”, zitiert Beck, inzwischen seit vier Jahren Tierarzt, weiter aus seiner Erinnerung. An dieser Stelle beginnen Becks Zuhörer in Saal 5 im Leipziger Congress Centrum zu lachen. “Notdienstgefüge” – was sich wie ein Baustein eines durchdachten Weiterbildungskonzeptes anhört, ist ein Euphemismus für lange, arbeitsreiche Nächte ohne angemessene Bezahlung. In Saal 5 weiß das jeder. Der Seminarsaal im Gebäude der Leipziger Messe ist an diesem Donnerstagnachmittag brechend voll, Beck steht vorne an einem Stehpult. In seinem Publikum sitzen vor allem junge Tierärzte. Der Vortrag ist Teil eines der Symposien des Leipziger Tierärztekongresses, des größten im deutschsprachigen Raum, alle zwei Jahre lockt er mehr als 4000 Tierärzte nach Leipzig. Mario Beck ist gebeten worden, zu der Frage zu referieren, ob man als junger Nutztierpraktiker eine Familie ernähren könne.
Kein Platz mehr frei: In Saal 5 im Leipziger Congress Center ging es um Gehälter und Arbeitsbedingungen (Foto Hucklenbroich)
Was in den zwanzig Minuten seines Referats folgt, ist aber weit mehr als die Beantwortung dieser Frage. Beck breitet das Dilemma junger Tierärzte in Deutschland in allen seinen Facetten aus, spricht über seinen eigenen Lebensweg und seine Zweifel. Vor allem aber äußert er offen Kritik an den Universitäten, die Tierärzte ausbilden – und auch ausbeuten. Sein Bericht über die Infoveranstaltung an der LMU München endet damit, dass eine Kommilitonin sich damals meldete und fragte: “Was verdient man da?”
“Also so”, habe die Dozentin geantwortet, “so dürfen Sie die Frage nicht stellen. Wir machen ja Book Rounds und Club Rounds!” Am Ende sei dann doch noch eine konkrete Antwort gekommen: “So 600 bis 800 Euro”, sagt Beck. “Womit man in München bestimmt keine Familie ernähren kann.”
Mario Beck hat 1999 Abitur gemacht, ist zur Bundeswehr gegangen, dann wählte er die Ausbildung zum Tierarzthelfer, um die Wartezeit auf den Tiermedizinstudienplatz zu überbrücken, die man vorweisen muss, wenn die Abiturnote für den Numerus clausus nicht gut genug ist. Beck studierte in München, machte 2010 Examen. Heute arbeitet er als angestellter Nutztierarzt in Thüringen. Auf einer Weltkarte zeigt er in Leipzig die Stationen seines Arbeitslebens: ein Studentenjob in München, Tätigkeiten in Spanien, Irland, Deutschland und am Rande der Mongolei.
Was zunächst wie ein ganz normaler Lebenslauf eines engagierten und reisefreudigen jungen Akademikers aussieht, bekommt durch die Erfahrungen, an denen Beck seine Zuhörer teilhaben lässt, schnell Risse. Während seines Studiums arbeitete er bei der Tierrettung München. Eines Nachts lieferten er und seine Kollegen ein verletztes Tier in einer privaten Tierklinik in München ab. Beck kam mit der jungen Tierärztin ins Gespräch, die Nachtdienst hatte. Es stellte sich heraus, dass sie an der LMU München gearbeitet und dabei promoviert hatte, danach hatte sie die Stelle in der privaten Tierklinik bekommen, dort war sie nun in Vollzeit angestellt. Am Ende, sagt Beck, habe er sie noch gefragt: “Und, was verdienst du?” 1200 Euro, antwortete die promovierte Tierärztin. Er habe in dieser Nacht lange wachgelegen und überlegt: “Wie kommt sie dazu, für dieses Gehalt zu arbeiten?” Die Frau sei schließlich promoviert und berufserfahren gewesen. Aus dem Publikum meldete sich eine junge Tierärztin und sagte: “So lange es solche Leute und solche Stellen gibt, kommen wir aus der Misere nicht raus.”
Was investiert der Tierarzt noch nach dem Examen in seine Ausbildung? (Foto Rainer Wohlfahrt)
Beck stellte aber auch klar, dass er ein Gutteil der Verantwortung bei den Universitäten sieht: “Wenn man zuvor einige Jahre an einer Institution gearbeitet hat, wo man 600 bis 800 Euro bekommen hat, und dann kommt einer, der bietet einem 1200 Euro – dann hat man sein Gehalt gerade verdoppelt.” Das Selbstbewusstsein und die Auffassung, Arbeit müsse angemessen bezahlt werden, wird Veterinärmedizinern also früh genommen.
Erst wenn man dieses System überwindet, wird wohl auch der in privaten Praxen und Kliniken angestellte Tierarzt besser vor prekären Bedingungen geschützt sein. Noch liegt auch hier, in den privaten Praxen und Kliniken, vieles im Argen: Mario Beck erinnerte in seinem Vortrag noch einmal an eine unter Tiermedizinern sehr bekannte Dissertation aus dem Jahr 2007, für die ein großer Teil der angestellten, klinisch tätigen Tierärzte in Deutschland nach ihren Gehältern und Arbeitsbedingungen befragt worden war; nur die Universitätsmitarbeiter waren damals ausgeschlossen geblieben. Angestellte Tierärzte waren damals zu 75 Prozent Frauen. Die Autorin Bettina Friedrich fand heraus, dass das Durchschnittsgehalt für in Praxen und Kliniken angestellte Tierärzte in den alten Bundesländern bei 2500 Euro liegt, in den neuen sogar nur bei 2000 Euro brutto – unabhängig von der Anzahl der Berufsjahre. Die Hälfte der Arbeitnehmer, die diese Angaben machten, hatte zum Befragungszeitpunkt bereits promoviert. Das geringste Gehalt, das männliche Vollzeitangestellte nannten, betrug 900 Euro brutto, bei Frauen knapp 600 Euro. Im Durchschnitt verdienen Männer 550 Euro mehr als Frauen. Für den Beruf sind bisher nie Tarifvereinbarungen getroffen worden.
Die Hannoveraner Studie beleuchtet auch die Arbeitsbedingungen. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der angestellten Tierärzte beträgt demnach 48 Stunden, wobei Notdienste noch nicht berücksichtigt sind. Für 75 Prozent der Angestellten bleibt der Notdienst unvergütet. Viele bemängeln ein fehlendes Privatleben; nicht einmal ein Drittel der angestellten Frauen hat Kinder. Am unzufriedensten sind die Pferdetierärzte. Ein Drittel von ihnen gab zu Protokoll, während des Arbeitstages überhaupt keine Pause zu haben. Im Schnitt hatten sie mit 55 Stunden auch die höchste Wochenarbeitszeit.
Nun ist diese Studie vor inzwischen sieben Jahren veröffentlicht worden. Becks Vortrag und die Beiträge aus dem Publikum ließen darauf schließen, dass sich wenig verändert hat. Aber dafür gibt es auch noch weitere Belege: Ende 2011 veröffentlichte der BVVD, der Bundesverband der Veterinärmedizinstudenten Deutschland, eine Studie, die erneut auf Befragungen angestellter Tierärzte beruhte, im “Deutschen Tierärzteblatt”. Die Daten bestätigten die Hannoveraner Dissertation. Man habe damals versucht, Druck auf den BVVD auszuüben, damit die Studie nicht veröffentlicht wurde, sagten Vertreter des Studentenverbands in Leipzig – eben weil sie zeigte, dass auch die seit der Hannoveraner Dissertation verstrichene Zeit keine Veränderung gebracht hatte.
Der BVVD machte in Leipzig öffentlich, dass er bei seiner Mitgliederversammlung Mitte Dezember eine Arbeitsgruppe “Doktoranden, Hiwis, wissenschaftliche Mitarbeiter und Co.” gegründet hat. In Zukunft könne sich jeder von geringen Gehältern und widrigen Arbeitsbedingungen an Universitäten Betroffene an sie wenden und das Vorgehen der neuen Arbeitsgruppe kommentieren, sagte Frédéric Lohr, der Gründungspräsident des BVVD, in Leipzig. Katharina Heilen, bis Ende des Jahres Präsidentin des BVVD, sagte: “Bisher waren es abendliche Gespräche beim Bier unter jungen Tierärzten, in denen das Problem thematisiert wurde. Aber irgendwann muss man ein Statement setzen.” Die 25-Jährige selbst hat im vergangenen Frühjahr Examen gemacht. “Ich habe lange gesucht, bis ich eine Stelle gefunden hatte, von der ich leben konnte”, sagt sie.
Machten in Leipzig auf die prekären Arbeitsbedingungen an Universitäten aufmerksam: (v.l.) Frédéric Lohr, Max Rieckmann und Katharina Heilen vom Bundesverband der Veterinärmedizinstudenten BVVD (Foto Hucklenbroich)
Es ist nicht das erste Mal, dass junge Tierärzte öffentlich auf Veranstaltungen des Berufsstandes auf prekäre Arbeitsverhältnisse aufmerksam machen. Inzwischen hat es schon mehrfach Protest gegeben, auch außerhalb von Verbänden wie dem BVVD. Auf einem Kongress in Essen stand im März 2013 eine junge Tierärztin im Publikum auf und erzählte von ihrer Stellensuche nach dem Examen. In einer privaten Tierklinik hatte man ihr einen Job für 1600 Euro brutto angeboten. Ein eigenes Auto sollte sie mitbringen, um Praxisfahrten machen zu können. Die junge Frau rechnete in dem vollbesetzten Saal vor, wie viel Geld ihr nach Abzug von Miete, Auto, Smartphone und Berufsunfähigkeitsversicherung noch für Lebensmittel geblieben wären: 150 Euro im Monat. Und außerdem habe sie ja noch 16.000 Euro Bafög-Schulden, schloss die Frau. Die Geschichte über diesen Vorfall und die Offenheit der jungen Berufskollegin machte schnell die Runde, sie ist inzwischen zu einer Art moderner Sage unter Veterinärmedizinern avanciert.
Und auch dem Studentenverband BVVD und seiner Arbeitsgruppe geht es längst nicht nur um Doktorandenstellen. An universitären Tierkliniken werden auch gering bezahlte “Internships” und “Residencys” angeboten, die nicht zwingend mit einer Dissertation gekoppelt sind. Es handelt sich um Weiterbildungsstellen, die nach mehreren Jahren zu der Möglichkeit führen, die Prüfung zum “Diplomate” in einem veterinärmedizinischen Spezialgebiet abzulegen, etwa in Pferdechirurgie oder Dermatologie. Für eine Karriere in der klinischen Veterinärmedizin an deutschen Universitäten ist der „Diplomate“-Titel inzwischen zur Voraussetzung avanciert. Um sich überhaupt zur Prüfung für den Diplomate-Titel anmelden zu können, sind zuvor Jahre der Weiterbildung in anerkannten Ausbildungsstätten notwendig, etwa an einer Universitätstierklinik oder einer anderen zugelassenen Klinik, in der geeignete Ausbilder vorhanden sind. Zunächst muss an solchen Einrichtungen ein mindestens einjähriges Internship, dann eine dreijährige „Residency“ absolviert werden. Die deutschen Tierärzte, die schon jetzt Diplomates sind, findet man über die Website www.ebvs.org, die Seite des European Board of Veterinary Specialisiation, unter dessen Dach alle “Colleges” versammelt sind, also die virtuellen Zusammenschlüsse der geprüften Diplomates in den einzelnen Gebieten. Hier kann man „Specialist Search“ anklicken und auch das Fachgebiet aussuchen – etwa „Equine Internal Medicine“ (innere Medizin für Pferde) – oder das Land, in dem man sucht, und so beispielsweise deutsche Diplomates ausfindig machen.
An Universitätstierkliniken, hier in Leipzig, können Spezialkenntnisse erworben werden – etwa Diagnostik mit Hilfe des Magnetresonanztomografen (Foto dpa)
Auch, wer “Fachtierarzt für Kleintiere” werden, also einen nationalen Spezialistentitel erwerben möchte, kommt nicht um mehrere Jahre Arbeit an einer großen Tierklinik mit Weiterbildungsbefugnissen herum. Deshalb finden sich auch viele Tierärzte an den Universitätstierkliniken, die auf gering bezahlten Stellen, etwa im Rahmen eines Internship, Weiterbildungszeit für die Fachtierarztprüfung sammeln. Das aktuelle Stellenangebot für Internships der LMU München gibt einen Einblick in die Tätigkeiten der Tierärzte – und die Ansprüche, die die Institution an sie stellt. Es handelt sich demnach um eine Vollzeittätigkeit von morgens 7:30 Uhr bis abends nach 19 Uhr. “Nacht- und Wochenenddienste, in denen viel Erfahrung gewonnen wird, werden zwischen den sieben Interns gleichmäßig aufgeteilt”, heißt es hier. Allerdings sei kein Freizeitausgleich möglich. “Alle Nacht- und Wochenenddienste werden von den Interns übernommen”, konkretisiert die Stellenanzeige. Zudem heißt es: “Bevorzugt werden Bewerber mit abgeschlossener Doktorarbeit und klinischer Erfahrung.” Unter dem Punkt Vergütung findet sich der lapidare Hinweis: “Die Ausbildung im Internship ist kostenfrei. Nachtdienste und Wochenenddienste werden nach TV-L vergütet.”
In Leipzig erinnerten sich frisch approbierte Tierärzte auch daran, dass schon im Studium ein problematischer Umgang mit Hilfskräften im Klinikalltag herrschte. Während des praktischen Jahres, berichtete ein Tierarzt, sei es an der Kleintierklinik der Universität, an der er studierte, üblich gewesen, Studenten 36 Stunden am Stück einzusetzen: “Uns wurde verboten zu schlafen.”
Auch ein Studentenvertreter referierte während des berufspolitischen Forums in Leipzig. Der 24 Jahre alte Max Rieckmann, Vizepräsident des BVVD und Student im neunten Semester, schloss mit seinem Vortrag an Mario Beck an. Er referierte zu der Frage: “Wird Tiermedizin in Zukunft für Studierende noch ein attraktiver Beruf sein?” Die Studienplätze würden stark nachgefragt, erklärte Rieckmann – 5000 Bewerber kommen auf die 1000 Plätze in Hannover, Berlin, Leipzig, Gießen und München. Am Anfang bestehe jedoch oft kein realistisches Berufsbild. Meist komme es dann während des Studiums zur Ernüchterung. Man höre von angestellten Tierärzten schon während des Studiums, etwa bei Praktika oder an der Universität, oft: “Nochmal würd ich `s nicht machen. Man hat kein Geld, man hat keine Freunde. Ich würde Humanmedizin studieren.” Rieckmann kam im Hinblick auf die Eingangsfrage seines Vortrages zu einem recht lapidaren Schluss: “Ob vernünftig oder nicht – es bleibt ein sehr nachgefragter Beruf.” Mario Beck fand eine ähnlich trockene Antwort auf die Leitfrage seines Vortrags, ob man als Tierarzt eine Familie ernähren könne: “Es hängt vom persönlichen Optimismus ab, wie man die Frage beantwortet. Mit dem Sozialhilfesatz kann man eine Familie auch irgendwie durchbringen.”
Her mit dem Tarifvertrag!
Liebe Kollegin!
Vielen Dank für Ihr Engagement immer wieder auf die Situation der jungen Tierärzte aufmerksam zu machen. Das ist in der Branche bisher nicht üblich und sicherlich auch nicht leicht! Ich hoffe, dass wir es eines Tages schaffen einen gesetzlich festgelegten Tarifvertrag zu Stande zu bringen. Der Erste wird sicherlich noch nicht ideal sein, aber doch zunächst ein Anfang. Die Zukunft gehört den TierärztINNEN, lassen wir sie uns nicht wegnehmen.
Tierarzt
Als ich vor mehreren Jahren aus Deutschland ausgewandert bin, hatte ich die FAZ kritische und faire Zeitung in Erinnerung. Fainess bedeuted, dass man beide Seiten zu Wort kommen laesst. Meine Karriere begann als einer dieser unbezahlten und spater schlecht bezahlten Interns an der Universitaetsklinik in Muenchen, der dann eine residency in innerer medicine, eine residency in emergency critical care und spaeter einem fellowship in Dialyse und Nephrologie folgte. Die Veraenderungen, die wir in den letzten Jahren an den Deutschen Tierhochschulen gesehen haben, sind komplex und in einem kurzen Artikel oder Leserbrief nur schwer zu erklaeren. Auf alle Faelle waere es nur gerecht, wenn man beide Seiten zu Wort kommen lassen wuerde.
Ich habe meine Ausbildung, trotz der geringen Bezahlung niemals bereut und unterrichte heute interns und residents an einer amerikanischen Universitaet. Intern und Resident Programme sind intensive Trainingsjahre, die fuer beide Seiten (Professor und Resident) viel Zeitaufwand erfordern. Durch die Weiterspezialisierung in der Tiermedizin hat sich die Qualitaet tiermedizinischer Behandlungen radikal veraendert und verbessert. Die Ausbildung dieser neuen Generation von Tieraerzten ist zur Zeit fast nur an den Universitaten moeglich und die finanziellen Voraussetzungen dieser haben sich in den letzten Jahren eher verschlechtert. Ein kritischer Artikel sollte zumindestens versuchen zu erklaeren weshalb einige Universiataeten diese Ausbildung anbieten und was die Vor- und Nachteile sind.
Mit freundlichen Gruessen aus dem sonnigen Florida
Carsten Bandt
Preisbereitschaft der Tierbesitzer
Hallo, ich finde die Arbeitsbedingungen und die Gehälter als unzumutbar. Allerdings fehlt in der Diskussion ein entscheidender Fakt! Die Bereitschaft der Tierbesitzer für deren Gesundheit Geld zu bezahlen. Ich empfinde es als absolut beschämend das Leute bei Kosten über 50€ ihr Tier lieber einschläfern lassen wollen. Im Gegenzug ist es aber klar das Auto darf teuer sein usw.. Solange die Besitzer diese falschen Preisvorstellungen haben, können die Tierärzte auch nicht mehr Gehalt bekommen.
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Sehr geehter Kollege,
leider gibt es solche Tierbesitzer wie Sie in Ihrem Artikel beschreiben immer wieder. Doch sie sind nicht die Mehrzahl, sonst gäbe es ja gar keine Tierarztpraxen mehr, wenn alle ihre Tiere einschläfern lassen würden.
In der Tat gibt es schlecht wirtschaftende Praxen, doch es gibt auch “ordentlichen” Umsatz Einbringende, gerade renommierte Kliniken wären ja sonst nciht renommiert. Ob diese ihren Assistenten “ordentlich” bezahlen, ist nicht selbstverständlich (s. unbezahlte Interships).
Es handelt sich doch hier einfach um zwei verschiedene Debatten.
Fehlen Tarifverträge?
Dank für diesen fortgesetzten Einblick in einen Bereich feudaler Struktur.
Allerdings ist die Einkommensdifferenz Partner/Associate bei Beratern und Anwälten auf höherem Niveau ähnlich.
Für die Humanmediziner sorgten der in ähnlicher Not gegründete Marburger Bund, die Niederlassungsfreiheit und vorübergehend federführend ÖTV/Verdi für einen tarifvertraglichen Ordnungsrahmen.
Professionell raffinierte Kostensenkungsstrategien von Betreibern können dort aber bald die momentane Euphorie beenden.
Tierärztliche Leistungen werden erheblich teurer werden, sobald selbstausbeutende Verhältnisse beendet sind.
Allerdings, weshalb gestatten Universitäten und Kammern derartige Zustände für die Besetzung des betriebsnotwendigen Regeldienstes?
Halbseidene Arbeitsverträge
Interessante wäre auch mal eine Stellungnahme zur den Arbeitsverträgen für z.B. Doktoranden an der LMU München. Wer die Doktoranden dort fragt findet heraus, dass im Arbetisvertrag oft nur eine Wochenarbeitszeit von wenigen Stunden bei einem Monatslohn von 10 Euro angegeben ist, während Anwesenheit von morgens bis Abends erwartet wird plus den erwähnten Sonderschichten. Was passiert denn eigentlich z.B. bei Arbeitsunfällen, wenn man “freiwillig” 50 Stunden statt 5 Stunden pro Woche dort ist? In anderen Branchen hatten Klagen gegen Arbeitgeber, die ihre Praktikanten zur Ersetzung von Vollzeitstellen einsetzen erfolg. Wann klagt hier der erste Betroffene gegen die LMU München? Ich wünsche jedenfalls viel Erfolg!
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Lieber Herr Meier,
herzlichen Dank für diese Ergänzung. Diese Problematik wurde übrigens auch im Nachklang zu den Vorträgen von Herrn Beck und Herrn Rieckmann in Leipzig diskutiert – nicht mehr während des berufspolitischen Forums, aber während der angeregten Gespräche, die auf dem Flur folgten. Einzelne Tierärzte wiesen darauf hin, dass es diese Stellen mit einem Monatslohn von 10 Euro an Universitätstierkliniken gibt. Offenbar wird diese Handhabung auch schon intensiv unter jungen Veterinärmedizinern debattiert.
Nicht nur an der LMU so!
Ich bin selbst Doktorandin, allerdings an einer anderen Vet.Uni in Deutschland, und kann Ihre Aussage nur bestätigen. Es wird- trotz eines z.B 40 Stunden Vertrages- erwartet, dass man fast Vollzeit da ist, an Notdiensten teilnimmt und natürlich auch Sprechstunde und Stationsarbeit macht- denn “die Doktorarbeit ist reines Privatvergnügen” und “man wird nicht für die Doktorarbeit bezahlt”- dass man in vielen Fällen FÜR die UNIVERSITÄT auch Veröffentlichungen schreibt bzw. Vorträge hält und die Einrichtungen Credits dafür bekommen, wird dabei natürlich außer Acht gelassen. Die Versicherunsgfrage wird je nachdem, an wen man sich wendet, unterschidlich beantwortet: der Betriebsrat rät zu striktem Einhalten der vertraglichen Arbeitszeit, der Arbeitgeber allerdings verweist auf die Klauseln im Arbeitsvertrag (“wenn es der Klinikablauf oder das ohl des Patienten erfordert, können Mehrstunden anfallen”). Es wird immer gedreht und gewendet wie man es möchte und so lange es so viele TierärztInnen gibt, die das mit sich machen lassen, wird sich nichts daran ändern.