Auch wenn noch große Wissenslücken klaffen und dringende Neuentwicklungen – etwa Impfstoffe gegen Ebola – auf sich warten lassen, werden inzwischen einige Nebenkriegsschauplätze der Virus-Epidemie eröffnet. Unlängst hat der Weltverband für Kleintiermedizin, die in Kanada beheimatete WSAVA, eine Einschätzung zu dem Thema vorgelegt, ob Hunde das Ebola-Virus übertragen können. Und in dieser Woche hat die European Food Safety Agency (EFSA), deren Sitz Parma ist, ein Gutachten veröffentlicht, in dem untersucht wird, ob illegal importiertes Bushmeat das Ebolafieber aus Westafrika nach Europa bringen könnte.

Undenkbar sind solche Szenarien zwar nicht. Aber doch unwahrscheinlich. Die WSAVA bedauert deshalb öffentlich, dass der Hund der spanischen Krankenschwester, die sich bei der Betreuung eines infizierten Geistlichen angesteckt hatte, getötet wurde. Der Fall hatte weltweit Aufsehen erregt: Während die Krankenschwester und ihr Mann im Krankenhaus waren und strikte Quarantäne einhielten, wurde der Hund auf Anweisung der Behörden in der Wohnung des Paares zunächst mit Nahrung versorgt und dann eingeschläfert. “Traurigerweise wurde der Hund nicht auf das Virus getestet”, bedauern die Veterinärexperten von WSAVA. “Aus unserer Sicht sollten es die verfügbaren Technologien erlauben, Tests durchzuführen und dann eine Quarantäneregelung zu finden” – das sei jedenfalls besser “als eine automatische Euthanasie exponierter Tiere”. In diesen Tagen schloss sich die Weltveterinärorganisation FVE dieser Sichtweise an. Die spanische Vorgehensweise solle nicht zu einem Präzedenzfall werden, heißt es in einer Stellungnahme. Stattdessen solle man in Zukunft von Fall zu Fall individuell entscheiden. In den Vereinigten Staaten hat man diesen Rat offenbar beherzigt. Der Spaniel der texanischen Krankenschwester Nina Pham wurde unter Quarantäne gestellt, nachdem seine Halterin am Ebolafieber erkrankte. Als Pham geheilt entlassen wurde, bekam sie ihren Hund wieder.
Wissenschaftliche Antworten zu der Frage, ob Hunde als Überträger des Ebola-Virus in Frage kommen, sind rar. Die WSAVA beruft sich deshalb auf eine beinahe ein Jahrzehnt alte Studie, für die nach einem Ebola-Ausbruch in Gabun 440 Hunde aus betroffenen Dörfern untersucht wurden. Fast ein Drittel der Tiere wies Antikörper gegen das Ebola-Virus auf. Allerdings enthielten die Blutproben der Hunde kein Virus-Antigen und keine virale DNA; die Tiere waren zudem symptomfrei. Ungeklärt blieb, ob Hunde die Viren auch – zumindest zeitweise – ausscheiden und somit eine Gefahr für Menschen darstellen. Die Studienautoren um den französischen Veterinärmediziner und Virologen Eric Leroy empfahlen damals, diese Gefahr mit experimentell infizierten Hunden zu untersuchen, um die Rolle von Haustieren bei künftigen Ausbrüchen besser einschätzen zu können.

Eine andere Spur verfolgen die Wissenschaftler der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit in Parma. Sie haben sich die Frage vorgenommen, ob sogenanntes “Bushmeat”, das Fleisch von illegal gejagten Wildtieren wie Affen und Flughunden, möglicherweise in die EU eingeführt werden und hier Ebola-Fälle verursachen könnte. Immerhin geht man davon aus, dass die aktuelle Epidemie in Westafrika in infizierten Tieren ihren Ursprung hat. Menschen haben das Fleisch solcher Tiere verzehrt oder aber Kontakt mit deren Ausscheidungen gehabt.
Die EFSA-Experten kommen in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass das Risiko einer Übertragung durch Buschfleisch gering ist. Zwar werde Bushmeat bisweilen illegal eingeführt, aber nur in geringen Mengen. Bushmeatverzehr sei alltäglich in verschiedenen Regionen Afrikas, in Anbetracht dessen halte sich die Zahl der unterschiedlichen, dadurch bedingten Ausbrüche in Grenzen. Die Autoren des Gutachtens schildern eine aktuelle Studie im “International Journal of Food Microbiology” aus diesem Jahr, die erste Anhaltspunkte dafür liefert, dass tatsächlich hin und wieder Bushmeat mit nach Europa gebracht wird. Das Gepäck von mehr als 60.000 Passagieren aus Nicht-EU-Ländern wurde am Flughafen in Wien untersucht. Insgesamt wurden 262 Fleischprodukte gefunden; sechs Passagiere hatten Bushmeat im Gepäck. Die Bushmeat-Produkte stammten aus Nigeria, Südafrika und Äthiopien. Allerdings waren die Produkte nicht roh, sondern geräuchert, getrocknet oder gekocht.
Insgesamt wisse man aber viel zu wenig über die Materie. Wie viel Bushmeat wird insgesamt nach Europa eingeführt? Wie wird es hier gehandhabt und zubereitet? Die Sachverständigen weisen kritisch auf all diese Wissenslücken hin und merken schließlich an, dass gründliches Garen (bei über 100° C) das Virus abtötet. Bushmeat war zwar mit großer Wahrscheinlichkeit eine der zentralen Quellen in den Ebola-Ausbrüchen der Vergangenheit in Afrika. Im Hinblick auf den Export des Virus nach Europa spielt das gewilderte Fleisch aber offenbar eine untergeordnete Rolle. Die EFSA plant allerdings, das Risikopotential des Ebola-Virus weiter auszuloten. In einigen Wochen wollen auch die europäischen Experten das Risiko bewerten, die möglicherweise von Haustieren ausgeht.
Illegal eingeführtes bushmeat
was soll denn das sein? In den Geschäften rund um den Brüsseler Gare du midi wird es offen angeboten als “daily fresh”.