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Katholische Weltjugendtage und Kirchensteuern, Ökumene und die Segnung homosexueller Paare, Streit über multireligiöse Feiern und

Spekulationen über den EKD-Ratsvorsitz

Wären Synoden ein Ort der Offenheit, hätte man als Schwerpunktthema: „Wer wird 2009 Nachfolger von Wolfgang Huber?" wählen müssen. Während drinnen in der Bremer Messehalle die EKD-Synodalen Kundgebung um Kundgebung eine bessere Welt herbeidekretierten, war die Nachfolge Huber an den Bistrotischen das auf der EKD-Synode drängendste Thema.

Wären Synoden ein Ort der Offenheit, hätte man als Schwerpunktthema nicht „Klimawandel – Wasserwandel – Lebenswandel“ gewählt, sondern: „Wer wird 2009 Nachfolger von Wolfgang Huber?“ Während drinnen in der Bremer Messehalle die EKD-Synodalen Kundgebung um Kundgebung eine bessere Welt herbeidekretierten, war die Nachfolge Huber an den Bistrotischen das auf der EKD-Synode drängendste Thema. Bischöfe sprachen mit Bischöfen, Journalisten mit Bischöfen, Journalisten mit Journalisten – immer wurde über die wichtigste Personalie der evangelischen Kirche räsoniert.

An die Öffentlichkeit gelangten Spekulationen: An erster Stelle wird mittlerweile seit Jahr und Tag Margot Käßmann genannt. Wäre die Evangelische Kirche janusköpfig, wäre sie neben Huber schon jetzt das zweite Gesicht des Protestantismus; mit Ausnahme von Huber ist niemand anderes so bekannt wie Käßmann. Sie wäre die erste Frau an der Spitze der Kirche. So sicher, wie das in der römisch-katholischen Kirche ein Hindernis ist, so sicher ist das in der Evangelischen Kirche ihr Vorteil. Für Käßmann spricht auch, dass sie mit der Hannoverschen Kirche die größte Landeskirche Deutschlands hinter sich hat. Das macht ein paar Synodale bei der Abstimmung – aber viel wichtiger noch: Damit hat Margot Käßmann ein Landeskirchenamt im Rücken, das diesen Namen auch verdient. Denn ohne eine Entourage aus dem eigenen Landeskirchenamt ist ein Ratsvorsitzender im EKD-Kirchenamt in Hannover Kaiser ohne Land. Für Käßmann spricht auch, dass sie Lutheranerin ist und die wären nach langer Zeit jetzt wieder an der Reihe. Ob ihre Scheidung sie aufhalten kann? Nein. Ein ernsthaftes Argument  gegen einen Kandidaten ist eine Scheidung in der EKD nicht – allenfalls ein Vorwand nach dem Motto: Für mich selbst ist es kein Hindernis, aber es könnte eines für andere sein, also ist es dann auch eines für mich.

Käßmann ließ lange jedes Interesse dementieren. Jetzt weist sie die Spekulationen nicht mehr rundweg ab. In Bremen war sie auffällig unauffällig, keine Wortmeldung im Plenum, kaum Präsenz an den Bistrotischen. Sie wird wissen: Zu harsch darf man den Spekulationen nicht entgegentreten, aber man darf unter Kirchenchristen auch den Willen zur Macht nicht zur Schau stellen.

Ihre Konkurrenten können darauf hoffen, dass Käßmann im Spekulationsmarathon bis nach Ulm im Oktober 2009 damit ein Problem bekommen könnte. Die Dauer hat schon manchen Aspiranten verschlissen. Zur Erinnerung: 1997 war Wolfgang Huber auch schon der Favorit – gewählt wurde dann der rheinische Präses Manfred Kock.

Neben Käßmann werden Badens Bischof Ulrich Fischer, Württembergs Bischof Otfried July, der Braunschweiger Bischof Friedrich Weber und Martin Hein, Bischof von Kurhessen Waldeck als mögliche Huber-Nachfolger genannt. Eine Männerriege also. Dabei muss es nicht bleiben, die Spekulationen schießen zum Teil ins Kraut. Die Liste aller genannten Kandidaten ist buchstäblich länger als die Liste derer, die nicht genannt werden. Auffällig ist: je kundiger die Beobachter, desto größer die Zurückhaltung in der Personalie des Ratsvorsitzenden.