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Katholische Weltjugendtage und Kirchensteuern, Ökumene und die Segnung homosexueller Paare, Streit über multireligiöse Feiern und

Sankt Web – die Kirche investiert ins Internet

Die Kirche will im Internet mit evangelisch.de endlich ein Bein auf die Erde bekommen. Damit die Seite ein Erfolg wird, wird einiger Aufwand getrieben. Welche Chancen hat das Projekt?

 Ihrer Medienkompetenz hat die evangelische Kirche nicht weniger als ihre Existenz verdanken. Die Reformation war der erste Umsturz, dessen Erfolg auf der Herrschaft über die veröffentlichte Meinung beruhte. Die Blätter und Flugschriften, die fahrende Händler in alle Winkel des Reiches und darüber hinaus verbreiteten, hatten in der großen Mehrzahl die Lehren der Reformatoren zum Inhalt – die papistische Gegenpropaganda kam der Produktion der evangelischen Drucker in den Städten damals schlicht nicht hinterher.

Anders als vor dem gedruckten Wort stehen stehen beide Konfessionen, Protestanten wie Katholiken, vor dem Internet bislang in Ratlosigkeit vereint. Zwar verfügen die Kirchen trotz etlicher Sparrunden in den vergangenen Jahren noch immer über einen beachtlichen publizistischen Apparat, doch im Internet kam davon bislang nur wenig, zu wenig an. Ab Mittwoch, den 24. September soll sich das ändern. Dann geht das bisher ambitionierteste Portal einer Religionsgemeinschaft ans Netz: evangelisch.de. Noch sind allenfalls Bruchteile der Seite freigeschaltet, doch ein Blick auf Probeseiten, auf die man von außen allerdings noch nicht zugreifen kann, lässt ahnen, welche Mittel die Evangelische Kirche bereit ist zu investieren. Mehr als ein Dutzend Mitarbeiter werden auf sämtliche Ressourcen der evangelischen Presselandschaft (epd, chrismon, etc.) zurückgreifen können.

Auf den ersten Blick orientiert sich die Seite an den großen Nachrichtenportalen. Die frühere Redaktionsleiterin bei Zeit-Online-Ausgabe, Melanie Huber, leitet evangelisch.de. Einen Vergleich mit den Internetauftritten der großen Zeitungen wie Suedeutsche.de, Faz.net oder Welt.de will sie aber nicht ziehen. „Wir sind kein Nachrichtenportal, wir wollen ein Magazin sein“ – die Rubrik „Themen“ von evangelisch.de solle nur die fünf, maximal zehn Neuigkeiten abdecken, welche die Masse der Menschen interessiert. Aufgabe der Redaktion sei es dann, „evangelische Tangenten“ zu diesen Geschichten zu suchen, sagt Huber.

Wie alle kirchliche Angebote wird folglich auch evangelisch.de auf dem schmalen Grat zwischen Verwechselbarkeit und religiöser Zwanghaftigkeit wandeln. Für das Gelingen des Nachrichtenbereichs wird von Bedeutung sein, ob man sowohl die Verweltlichung wie auch die Verkirchlichung vermeiden kann. Über Erfolg oder Mißerfolg von evangelisch.de wird aber wohl an anderer Stelle entschieden werden: Im Bereich „Community“ soll eine Plattform entsteht, auf der alle kirchlichen Gruppen im Netz ein Forum finden können – bis hinab zu den Kirchengemeinden und deren Verästelungen. Sollte es auch nur gelingen, die kirchlich Engagierten unter den Kirchenmitgliedern darüber an die Seite zu binden, wäre evangelisch.de wohl bereits ein Erfolg. Im dritten Bereich „Kompass“ soll zusätzlich auch den lediglich Interessierten die Möglichkeit geboten werden, sich über die Kirche zu informieren. Im besten Fall wird man von dort später müheloser auf die Homepages der Ortsgemeinden oder Landeskirchen navigieren können als über Suchmaschinen. Die Landeskirchen und Gemeinden sollen zwar nach wie vor eigene Homepages betreiben, können aber zusätzlich ihre Präsenz auf evangelisch.de selbst befüllen und von dort aus auf die eigenen Seiten weiterleiten können.