Otto N. war im wunderschönen Bayern. Mit einem Kollegen und zwei Rädern. An einem Sonntag sollte es wieder zurückgehen nach Frankfurt. Die beiden standen am Gleis in Sankt Ottilien. Der Bahnhof hat nur ein Gleis. Von links kommt der Zug, wenn er nach Schongau will, von rechts gleitet er heran, wenn er nach Augsburg fährt. Und dort wollten Otto und sein Kollege hin. Sie waren pünktlich da und wollten den Zug um 15.24 Uhr nehmen. Alles nach Plan. Der Zug fuhr ein und hielt.
Doch die beiden durften nicht einsteigen. Der Zugführer sagte, der Zug sei voll, er würde sie nicht mitnehmen. Der Zug sah aber überhaupt nicht überfüllt aus. Jedenfalls hätte die beiden noch hinein gepasst. „Sie müssen uns mitnehmen, wir müssen noch nach Frankfurt und haben Fahrradreservierungen für die Anschlusszüge“, sagte Otto daraufhin. „Ich bin nicht dazu verpflichtet“, sagte der Lokführer. Er sagte es noch einmal, schloss die Türen und ließ Otto N. mit offenem Mund am Bahnhof in Sankt Ottilien stehen.
Wie die Reise weiterging und endete? Otto N. kam mit viel Glück und Hilfe der Deutschen Bahn am sehr späten Sonntag Abend zu Hause in Frankfurt an: Durstig und hungrig, verschwitzt und müde. Warum dieser Fall im Blog „Unverbraucht“ einen Eintrag findet? Weil auch hier ein klassischer Systemfehler vorliegt, der zum Vorteil des Verbrauchers gelöst werden könnte.
Wer eine Reise durch diesen Teil Bayerns plant,
kommt an der Bayerischen Regionalbahn nicht vorbei. Er muss – wenn er mit Rad und Zug reisen will – einen Teil seiner Reise mit dieser Regionalbahn zurück legen. In diesen Zügen gibt es zwar Stellmöglichkeiten für Fahrräder, aber es besteht keine Reservierungsmöglichkeit. „Fahrradmitnahme begrenzt möglich“ heißt das dann.
Otto N. wollte nun im Nachhinein wissen, wann es nicht mehr möglich sei. Also rief er bei der Bayerischen Regionalbahn an. „Grundsätzlich können nur sechs Fahrräder mitgenommen werden“, sagte ihm der Pressesprecher. Im Zug, den Otto N. ursprünglich nehmen wollte, seien sogar zehn Räder im „Triebwagen“ gewesen. Es sei also unmöglich gewesen, Otto N. und seinen Kollegen samt Fahrräder noch mitzunehmen. Wegen der Sicherheit und so…
Die Entscheidung des Zugführers ist also nachvollziehbar. Doch sie ist vom Kunden nicht dokumentierbar. Otto N. kam in Augsburg dann eine Stunde verspätet an und versuchte der Deutschen Bahn klar zu machen, was geschehen war. „Mit der Bayerischen Regionalbahn haben wir nix zu tun“, hieß es dort. Da Otto N.s Nachfolgezug keine Zugbegleitung hatte, fehlte jeglicher Beleg, dass es nicht ein Fehler seinerseits war, den Zug nicht bekommen zu haben. Die ursprünglichen Fahrradreservierungen waren jedenfalls hin. Wären die Fahrradabteile im dem EC und IC, den Otto N. nun als Ersatz nehmen musste, (es ist übrigens bei der Deutschen Bahn über das Terminal nicht feststellbar, ob noch Plätze frei sind, weil das Reservierungssystem dies eine Stunde vor Abfahrt längst nicht mehr anzeigt) bei der Deutschen Bahn ebenfalls voll gewesen, hätte er die Nacht in Augsburg (oder Stuttgart oder Mannheim?) verbringen müssen – oder ohne Rad nach Frankfurt fahren müssen.
Was folgt daraus für längere Zugreisen mit Fahrrad, bei denen die Mitnahme nur begrenzt möglich ist? Reisende müssen damit rechnen, dass sie nicht mitgenommen werden:
Kann man als Kunde also das Risiko minimieren, wenn man vorab die „risikoreichen“ Strecken meidet? Nein. Denn unter www.bahn.de/fahrrad-bayern ist die von Otto N. genommene Route gar nicht aufgeführt.
Bei aller Vorausplanung kann dennoch die nicht vom Kunden verschuldete Verspätung zu Mehrkosten führen, wie etwa weitere Reservierungsgebühren und möglicherweise auch Hotelübernachtungen, die mitnichten von den Regionalbahnen Deutschlands übernommen werden. Gibt es dafür eine Lösung? „Wir werden diese Problematik nie ganz in der Griff bekommen“, sagt die Bayerische Regionalbahn. Sie tue aber einiges dafür: So werde schon seit einiger Zeit an bestimmten Tagen ein Lokführer abgestellt, der in etwa in Augsburg beispielsweise bei sehr schönem Wetter den einen oder anderen Zug verdoppele, weil mit größerem Kundenandrang zu rechnen sei. Damit versuche man zu verhindern, dass Kunden mit Fahrrad (und mit Ticket!) am Bahnhof nicht mitgenommen werden.
So weit, so gut. Doch wie wäre es mit einer telefonischen Reservierung zwei Stunden vor der Fahrt? Das wäre entspannt für alle Zugradfahrer, die unbedingt den Zug kriegen müssen. Und spontane Ausflügler, die mal für den Nachmittag an den Ammersee wollen, können den nächsten Zug nehmen. Falls der nicht voll ist.
Wie ich mal helfen wollte,...
Wie ich mal helfen wollte, ….
Auf meinem Weg in den Köpenicker Klub ‘HdJK’ hielt mich gestern abend jemand in der Nähe des Rosa Luxemburg Platzes mit den Worten auf: “Hello, do you speak german?” Und ich antwortete auch noch verwirrt: “Yes”. Der Frager war darüber sichtlich erleichtert und outete sich als Bayer /(mit Fahrrad), der zur Volksbühne wolle, welche ungefähr 50 m von uns entfernt lag. “Er habe schon mehrere Leute nach dem Weg gefragt” so er weiter “aber niemand von denen habe deutsch verstanden”.
Tipp für heute: Wenn man Spaß an lustigen Staus (Stauen?) hat, sich in der Prenzlauer Allee, Richtung auswärts, hinten anstellen.
Die Ammerseebahn ist ein...
Die Ammerseebahn ist ein unerwarteter Erfolg geworden, seit sie von der Bayerischen Regiobahn (so heißt die Gesellschaft) betrieben wird. Der Fahrplan wurde schon ausgeweitet deswegen. Jede Stunde ein Zug in jede Richtung bis in die Nacht, im Berufsverkehr auch zwei, das ist nicht schlecht für eine eingleisige Strecke, die tief ins Alpenvorland führt. Dazu die schönen neuen Triebwagen statt der Veteranen der DB… der Nachteil des guten Zuspruchs ist es, daß es auch mal voll sein kann, obwohl man auch am Wochenende oft doppelte Einheiten sieht.
Jedenfalls ist die Ammerseebahn betrieblich das, was in München oder Frankfurt deine S-Bahn-Linie wäre, wo es auch keine Reservierungen gibt (unpraktikabel). Wenn man in der S-Bahn mit dem Fahrrad nicht mehr mitkommt, wird die DB auch keine Rücksicht darauf nehmen. Deswegen plant man in dem Fall vielleicht ein, einen Zug nicht nehmen zu können. Dumm gelaufen, doch ist das vermutlich ein recht seltener Spezialfall: Mit Rad und einen Anschluß in Augsburg eingeplant. Augsburger Ausflügler warten dann eben im sehr schönen Biergarten in St. Ottilien auf den nächsten Zug, und ohne Fahrrad wird man immer mitkommen.
Dieser Blog war mir noch nie...
Dieser Blog war mir noch nie so ganz wohlgesonnen – die Ansichten waren stets ein wenig verzerrt, wie ich fand. Aber dass jetzt Fahrräder offensichtlich wichtiger sind als Menschenleben („Es sei also unmöglich gewesen … bis … Wegen der Sicherheit und so“) – das schlägt dem Fass einfach den Boden aus.
Zur Vollständigkeit: Die Räder dürfen nur in den vorgesehenen Räumen transportiert werden und jedes zusätzliche Rad kann im Notfall eine akute Sicherheitsgefährdung für Leib und Leben darstellen, wenn Fluchtwege versperrt sind.
Langsam nerven die Radfahrer...
Langsam nerven die Radfahrer nur noch! Fakt ist ganz einfach, dass, selbst mit dem Kauf einer Fahrradkarte kein Anspruch auf Beförderung in einem bestimmten Zug besteht. Wenn der Zug voll ist, ist er voll und Ende.
Der Zugführer (auch Schaffner oder Kundenbetreuer) ist für die Sicherheit ALLER Fahrgäste verantwortlich und selbige wird durch die Drahtesel teilweise massiv gefährdet.
Am sinnvollsten wäre es, die Fahrradbeförderung generell zu untersagen, es sei denn, es ist ein spezieller Gepäckwagen im Zugverband.
Hallo,
das...
Hallo,
das Eisenbahnunternehmen heißt Bayerische Regiobahn und nicht Bayerische Regionalbahn. Der Halt St. Ottilien ist ein Haltepunkt und kein Bahnhof. Dies sollte man schon richtig schreiben, auch wenn gerade Sommerloch ist.
>So weit, so gut. Doch wie...
>So weit, so gut. Doch wie wäre es mit einer telefonischen Reservierung zwei >Stunden vor der Fahrt? Das wäre entspannt für alle Zugradfahrer, die >unbedingt den Zug kriegen müssen. Und spontane Ausflügler, die mal für den >Nachmittag an den Ammersee wollen, können den nächsten Zug nehmen. Falls >der nicht voll ist.
Der Zug fuhr im vorliegenden Fall ja schon am kompletten Ammersee entlang.
Was glaubt Ihr, was los ist, wenn der Schaffner schon bei der Abfahrt in Weilheim keine Fahrräder zusteigen läßt, weil ab St. Ottilien reserviert ist.
Fahrräder müssen zu jeder Zeit und an jedem Ort in beliebiger Anzahl mitgenommen werden, notfalls müssen halt dann ein paar „Normal“reisende des Zuges verwiesen werden. Die können ja zu Fuß gehen. 😉
'hinein gepasst', 'zurück...
‚hinein gepasst‘, ‚zurück legen‘ — warum dann nicht auch ‚mit genommen‘, ‚mit Nichten‘ oder ‚Zug Rad Fahrer‘?
Vielleicht sollte...
Vielleicht sollte manFahrradurlaub lieber in Niedersachsen machen. Hier hat sich bei der Fahrradmitnahme in den letzten Jahren viel bewegt.
In vielen Zügen der DB Regio und Metronom sind die Kapazitäten zur Fahrradmintnahme deutlich erweitert worden. Bei der Nordwestbahn kann man sich vorher anmelden und erfährt wenigstens, ob der angepeilte Zug überfüllungsgefährdet ist, für Radler verlängert wird oder man lieber einen Zug früher oder später nimmt. Die ab Dezember 2010 neue Bremer S-Bahn erhält zusätzliche Mehrzweckräume.
Für die An- und Abreise zwischen Frankfurt/Main und dem Bundesland gibt es diverse IC- und EC-Züge, die dem Bahnkunden mit Rad nicht nur eine vorreservierte Mitfahrt, sondern oft auch noch eine spontane Reise ermöglichen.
(Noch, möchte ich sagen. Denn der DB Konzern ist stets bemüht, die IC-/EC-Züge durch ICE-Züe mit Fahrradverbot zu ersetzen oder ganz einzustellen.)
Da liegt es eher daran, dass die Mitreisenden ihre Räder so zusammen rücken, dass noch ein zwei Räder mehr mitgenommen werden können.
Aber sagen Sie es nicht so laut weiter. Sonst reichen zu den Spitzenzeiten bald selbst diese Kapazitäten nicht mehr aus.
Was Patrick M. schreibt, ist...
Was Patrick M. schreibt, ist ein guter Punkt: Würde Otto N. am Ammersee mit Fahrrad trotz Platz im Zug nicht mitgenommen, weil vor zwei Stunden Leute angerufen und ab St. Ottilien reserviert haben, gäbe es einen mindestens so enttäuschten Blogeintrag. Als Krönung kann man sich ja dann noch vorstellen, daß die Reservierenden in St. Ottilien dann doch nicht zusteigen, weil sie es nicht geschafft oder einen Zug früher geschafft haben. Vielleicht reagiert die Regiobahn aber auch bald, wenn es öfter vorkommt, daß Fahrradfahrer abgewiesen werden müssen, mit zusätzlicher Kapazität (zweiter oder gar dritter Triebwagen in der Einheit).
Wenn ich auf dem Weg zum Flughafen oder Bahnhof im Stau stehe oder meine S-Bahn nicht fährt wegen Oberleitungsschaden, ist es auch mein Pech, daß ich Flug oder Zug verpasse, auch wenn ich gar nichts dafürkann. Nicht alle solche Risiken kann das System auffangen, wenn man auf Anschlüsse baut. Ärgerlicher ist es, wenn man bei der DB eine Verbindung mit Umsteigen bucht und das dann häufig nicht klappt wegen Verspätungen. In dem Fall steht der Anbieter als Verantwortlicher für die gesamte Passage in der Pflicht, das möglichst zu vermeiden bzw. alles zu tun, daß ich möglichst bald trotzdem weiterfahren kann.
@ A. Butscher: St. Ottilien ist betrieblich ein Haltepunkt und, da ohne Weiche, kein Bahnhof, das ist richtig. Aber das ist nur für (Modell-)Bahner relevant. Nutzer nennen hingegen oft das Empfangsgebäude „Bahnhof“, und ein solches (sehr schön übrigens) ist in St. Ottilien vorhanden, im Gegensatz zu Haltestellen mit allenfalls einem offenen Wartehäuschen.