So weit ist es gekommen mit Amerika in der Finanzkrise: Das Weiße Haus wird verkauft. Für nicht einmal zehn Millionen Dollar. Für 9,88 Millionen Dollar, um genau zu sein. Es handelt sich freilich nicht um die Liegenschaft in der Hauptstadt Washington, Pennsylvania Avenue 1600 NW, Washington, DC 20500. Sondern um einen Nachbau des Regierungs- und Wohnsitzes amerikanischer Präsidenten im Landkreis DeKalb in der Nähe von Atlanta im Südstaat Georgia.
Dass der Eigentümer des „Atlanta White House“, der iranischstämmige Bauunternehmer Fred Milani, seinen Wohnsitz verkaufen muss und nur mit Mühe und vielleicht auch Gottes Hilfe die Zwangsversteigerung verhindern konnte, ist dennoch ein schlechtes Zeichen – und eines dafür, wie tief die größte Volkswirtschaft der Welt in die Rezession geschlittert ist.
Sein eigenes Weißes Haus hat Milani, der 1979 – im Jahr der Islamischen Revolution von Teheran – aus Iran in die Vereinigten Staaten kam, vor sieben Jahren gebaut. Zunächst wollten er und seine Frau Yvonne etwas Großes, aber Schlichtes haben. Seine patriotische Liebe zu seiner Wahlheimat hat Milani aber dann auf die Idee gebracht, eine verkleinerte Kopie des Weißen Hauses zu bauen. Damals, 2002, ging es Milani und seinem Bauunternehmen noch richtig gut. Es war nicht schwer, an Hypothekenkredite zu kommen.
Milani ist seit langem naturalisierter Amerikaner und bezeichnet sich als „wiedergeborenen Christen“: Vor 13 Jahren trat er zum Christentum über. Die Erfahrung einer bewussten Bekehrung, gar eines christlichen Erweckungserlebnisses im Erwachsenenalter teilt Milani mit George W. Bush, dem scheidenden gegenwärtigen Bewohner des richtigen Weißen Hauses in Washington. Auch der fand im nicht mehr ganz zarten Alter von 40 Jahren und nach einem langen Gespräch mit „Amerikas Pastor“ Billy Graham ebenfalls den Weg zu Christus. In seine eigene Version des „Oval Office“ hat sich Milani eine Kopie des Schreibtisches von George W. Bush stellen lassen, und dort steht neben der amerikanischen Flagge die iranische.
Milanis Weißes Haus erreicht kaum ein Drittel der Größe des echten White House, bietet aber dennoch mehr als 15000 Qaudratmeter Nutzfläche und einen Parkplatz für 75 Autos dazu.
Weil sein Bauunternehmen wegen der Rezession, die nach dem Platzen der Blase auf dem Immobilienmarkt inzwischen die gesamte amerikanische Wirtschaft voll erwischt hat, lange nicht mehr so viel Gewinn abwirft, geriet er jüngst in Zahlungsrückstand für die Hypothek auf seinem „Atlanta White House“ – um ein 1,7 Millionen Dollar, wie die Tageszeitung „Atlanta Journal Constitution“ (AJC) erfahren hat. Die Bank ordnete daraufhin für den 6. Januar die Zwangsversteigerung des Weißen Hauses von Milani an. Doch in letzter Minute und mit der Hilfe einer christlichen Organisation namens „A Mighty Move of God“, die gewöhnlich Eigentümer kleinerer Häuser in Geldnöten unterstützt, konnte verhindert werden, dass der Hammer des Zwangsvollstreckers auf das „Atlanta White House“ niedersaust: Es glückte die Umschuldung der Hypothek.
Nun können Fred Milani und seine Frau vorerst in ihrem Weißen Haus bleiben – anders als George W. und Laura Bush, die unwiderruflich am 20. Januar ausziehen müssen, um den Obamas Platz zu machen. Doch um den Verkauf des „Atlanta White House“ kommt Milani nicht herum, denn er braucht das Geld, um es in sein Bauunternehmen zu pumpen. Zwei Interessenten haben sich dieser Tage schon gemeldet. Ein Kaufvertrag wurde dem Vernehmen nach noch nicht abgeschlossen.
(Fotohinweis: AJC/Renée Hannans Henry; New York Times/Erik Lesser (2))