„Change has come to America“ – so sagte Barack Obama donnernd in der Wahlnacht im Grant Park zu Chicago. Was damit gemeint war, wie sehr oder wie wenig Amerika sich wirklich unter dem ersten schwarzen Präsidenten verändert, wird die Welt erst in den Wochen und Monaten nach der Vereidigung vom 20. Januar erleben.
Schon jetzt aber kann man erkennen, wie sehr Symbolik und Rhetorik der erfolgreichen Wahlkampagne Obamas in die amerikanische Alltagskultur eingedrungen sind. Und wie umgekehrt die Medien-, Waren- und Werbewelt jene Symbole und Parolen für sich zurückfordert, die Obamas Team seinerseits aus dieser entlehnt hat.
Der schwedische Massenmöbelhersteller Ikea etwa hat seinen eigenen Countdown bis zum ersehnten Eintreten des Wandels eingerichtet.
Auf der Website
https://www.embracechange09.com/
ticken die Sekunden einer Uhr. Doch wenn diese die Null erreicht haben wird, beginnt noch immer nicht die Vereidigung des 44. Präsidenten. Vielmehr wird dann der Startschuss gegeben für eine Werbekampagne, mit der Ikea seine eigene Version der Umschlingung oder Umarmung oder jedenfalls des herzlichen In-Empfang-Nehmens des Wandels vorstellt: Neue Möbel müssen her. In einer Animation auf der Website schleppen zwei Männer in dunkelblauen Anzügen, die wie Mitarbeiter des Secret Service aussehen, ein allerletztes Möbelstück – ein Sofa – aus dem Oval Office. Die Besucher der Website können dann ihrerseits vom 16. Januar an das virtuelle Büro des mächtigsten Mannes des Welt nach eigenem Geschmack einrichten – mit Ikea-Möbeln, versteht sich. Ikea wird zudem am Washingtoner Bahnhof „Union Station“ einen wirklichen Sperrholz-Nachbau des Oval Office aufstellen, der sich während der Tage bis zur tatsächlichen Amtseinführung am 20. Januar füllen wird – mit Ikea-Möbeln, versteht sich. Ikea will mit den Aktionen nicht nur das Thema des Wandels für sich wirksam machen, sondern auch auch ans Prinzip der fiskalpolitischen Verantwortung erinnern – zu Zeiten von Billionendefiziten im Haushalt ein überzeugendes Argument. Denn Ikea-Möbel sind billig. In Washington und in der Gegend um die Hauptstadt hat Ikea schließlich vor einiger Zeit eine Plakataktion begonnen, die das Thema des Wandels varriiert – freilich immer in den unveränderlichen schwedischen Nationalfarben Gelb und Blau.
Mit den amerikanischen Nationalfarben hält es dagegen der Getränkehersteller Pepsi, der zum Jahreswechsel ein neues Logo vorgestellt hat.
Verbunden ist es zudem mit der Losung „Optimismus“.
Das ist angemessen und auch politisch angezeigt gerade zu Zeiten jener tiefen Krise, in welche die amerikanische Volkswirtschaft und mit ihr das amerikanische Volk als Ganzes schon im Wahljahr gerutscht sind und diese zu Beginn des Amtswechseljahres noch lange nicht überwunden haben. Es ist festgestellt worden, dass das neue Pepsi-Logo dem Obama-Logo ebenso ähnelt wie der damit verbundenen Botschaft vom Wandel und vom Neubeginn, die von der aufgehenden Sonne symbolisiert wird.
Wahrscheinlich ist der Streit darüber müßig, ob das Team Pepsi vom Team Obama abgekupfert hat oder umgekehrt.
Schließlich hat sich Pepsi schon vor Jahr und Tag als „The Choice of a New Generation“ oder kurz der „GeneratioNext“ angepriesen und sich damit vom ewigen Marktführer Coca Cola abgesetzt. So wie das Team Obama seinen Präsidentschaftskandidaten als jenen einer neuen Generation und eines neuen Diskurses angepriesen hat. Und tatsächlich gehört ja Obama, anders als die Präsidenten Bill Clinton und George W. Bush sowie seine innerparteilichen Vorwahlkonkurrenten Hillary Clinton und Joseph Biden, schon nicht mehr zur Generation der „Babyboomer“, die zwischen 1946 und etwa 1960 geboren wurden.
Die Sehnsucht der Menschen nach Wandel – öfter nach dem graduellen, in historischen und lebensgeschichtlichen Ausnahmesituationen auch nach dem rapiden – ist älter als der Prozess des Pendelschwungs bei demokratischen Wahlen, wenn sich eine Partei während vieler Jahre an der Macht verbraucht und sich zudem eine Krise eingestellt hat. Und älter als der Wunsch nach neuen (Ikea-)Möbeln und einer neuen (Pepsi-)Getränkedose ist diese Sehnsucht auch.
(Fotohinweis: Ikea (2), PepsiCo, barackobama.com)