Washington Watch

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Der Amtsantritt des 44. amerikanischen Präsidenten ist mehr als ein Regierungswechsel. Der Einzug des Schwarzen Barack Obama und seiner Familie ins

Der Präsident und das Biest

Präsident Barack Obama hat strengere Verbrauchs- und Abgasnormen für amerikanische Autos erlassen, weil er die Vereinigten Staaten zum Vorkämpfer gegen den Klimawandel und für den Umweltschutz machen will. Dass sein eigenes Dienstfahrzeug kein "grünes Auto" ist, sondern ein schwarzes Biest, hat mit den leidigen Sicherheitsvorkehrungen für Bewohner des Weißen Hauses zu tun.

Der neue Mann im Weißen Haus hat auch einen neuen Dienstwagen, dem die Leute vom „Secret Service“ schon vor dessen Jungfernfahrt samt Präsident und First Lady am Inaugurationstag einen Spitznamen verpasst haben: The Beast. Gebaut wurde das tonnenschwere „Biest“ von den Ingenieuren der General-Motors-Luxusmarke Cadillac in enger Zusammenarbeit mit den Beamten des Secret Service. Die Mechaniker und Ingenieure von GM, die das Präsidentenauto gebaut haben, sind ebenso auf Geheimhaltung verpflichtet wie die Personenschützer des Secret Service.

Bild zu: Der Präsident und das Biest

Weil über das rundum gepanzerte Auto mit dem Kennzeichen „USA 1″ aus Sicherheitsgründen nichts Verlässliches bekannt werden darf, schießen umso mehr Spekulationen ins Kraut. Das begann schon, als der aufs Ausspionieren von sogenannten Erlkönigen spezialisierte Fotograf Chris Doane im Sommer 2008 einen getarnten Prototypen der Präsidentenlimousine bei Testfahrten aufnehmen konnte.

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Von erfahrenen Autojournalisten und Sicherheitsfachleuten ist zu erfahren, dass das neue Dienstfahrzeug von Präsident Barack Obama, das rechtzeitig zur Inauguration am 20. Januar blankgeputzt bereitstand, erstmals von einem von General Motors für Kleinlastwagen entwickelten Dieselmotor angetrieben ist. Es soll ein Motor mit 6,6 Litern Hubraum, acht V-förmig angeordneten Zylindern und Turbolader sein. Für diese Entscheidung soll das bessere Drehmoment von Dieselaggregaten ausschlaggebend gewesen sein, das bei möglicherweise notwendigen Geschwindstarts ein rascheres Fortkommen garantiert. Das Gewicht der Karosse soll zwischen sechs und sieben Tonnen liegen, die Beschleunigungsleistung von null auf hundert Stundenkilometer wird mit eher schwachen 15 Sekunden angegeben. Über den Kraftstoffverbrauch des vierradgetriebenen Rollbunkers ist nichts bekannt. Als Spitzengeschwindigkeit dürfte das Gefährt kaum mehr als 100 km/h erreichen.

Die fahrende Festung ist aber auch nicht als Fluchtauto konzipiert, sondern soll durch seine Panzerung möglichen Anschlägen widerstehen. Vom Unterboden über das Dach bis zu den Scheiben ist das Fahrzeug gepanzert wie wohl keine andere Limousine auf der Welt: Die Stahlplatten und Kevlarschichten sollen bis zu 20 Zentimeter dick sein, das aus Kunststoff hergestellte Panzerglas wird auf eine Dicke von zwölf Zentimetern geschätzt. Die Reifen bleiben auch dann fahrfähig, wenn sie von Kugeln oder Granatsplittern durchlöchert werden. Nicht einmal eine Panzerfaust soll dem Wagen etwas anhaben können, der Dieseltank ist mit feuerresistentem Kunststoff ausgeschäumt, um eine Explosion zu verhindern. Der Innenraum ist gegen Anschläge mit Gas oder chemischen Waffen luftdicht abgeriegelt und hat eine eigene Sauerstoffversorgung.

Die traditionell schwarz lackierte Limousine ist die Panzermaterie gewordene Verkörperung der präsidentiellen „Bubble“, jener von der Außenwelt abgeschiedenen Luftblase, in welcher ein Präsident lebt, sobald er ins Weiße Haus eingezogen ist. Bei der Parade zur Amtseinführung stiegen der Präsident und First Lady Michelle Obama an zwei Stellen auf der Paradestrecke aus und gingen einige Schritte zu Fuß.

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Weil das Panzerglas nur wenig Tageslicht durchlässt, gibt es eine Innenbeleuchtung, die der Präsident und seine Fahrgäste zum Lesen und Schreiben einschalten können – und auch zu dem Zweck, um von außen überhaupt erkannt werden zu können, wenn dem Volke zugewunken wird. In die Stoffbespannung der Fahrzeugdecke, in die Ledersitze sowie in die Türenbezüge sind Präsidentensiegel eingewebt beziehungsweise eingeprägt. Die schwarzen Lederbezüge sind selbstredend handgenäht. Ob es stimmt, dass die sehr zur Freude von GM auch „Cadillac One“ genannte Limousine – das Präsidentenflugzeug heißt bekanntlich „Air Force One“, der Hubschrauber „Marine One“ – auch mit einer Konserve des Bluts des Präsidenten ausgestattet ist, um im Notfall eine Infusion zu ermöglichen, sei dahingestellt. Weitere Gerüchte wollen wissen, dass es zur „Außenverteidigung“ der fahrenden Festung Tränengasgranaten und Sturmgewehre im Fahrzeuginneren gibt oder dass diese in den Hohlräumen der hydraulisch öffnenden und schließenden Türen eingelassen sind.
Mindestens drei oder auch vier Exemplare der neuen Präsidentenlimousine sollen gebaut werden oder wurden schon geliefert. Wenn der Präsident reist, nimmt er zwei Limousinen mit – eine zum Fahren, die andere als Ersatz und als Lockvogel, der nicht den Präsidenten, sondern bloß die Leute vom Secret Service transportiert. Die daheimgebliebenen Limousinen stehen dem Vizepräsidenten zur Verfügung. Um in den Frachtflugzeugen der Luftwaffe transportiert werden zu können, sind die Limousinen „serienmäßig“ mit Halterungshaken am Unterboden ausgestattet.

Die erste gepanzerte Präsidentenlimousine fuhr Franklin D. Roosevelt: Sie war zuvor vom Chicagoer Gangsterboss Al Capone beschlagnahmt und sodann präsidientiell wiederaufgearbeitet worden. Es handelte sich um einen Cadillac 1928 mit V-16-Zylinder-Motor, ähnlich dem hier abgebildeten Modell „V-16 Madam X“. 

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Von 1939 an ließ sich Roosevelt in einem von Ford gebauten Lincoln „Sunshine Special“ fahren. Lange vorbei sind die Zeiten, da amerikanische Präsidenten in offenen Limousinen fuhren. Das Fahrzeug, in dem Präsident John F. Kennedy in Dallas erschossen wurde, blieb nach der Bluttat vom 22. November 1963 übrigens im Dienst und wurde später vom Nachfolger Lyndon B. Johnson genutzt: Es war nicht möglich, rasch ein Ersatzfahrzeug zu bauen, außerdem sollte auch auf diese Weise die Kontinuität der Präsidentschaft über den Präsidentenmord triumphieren.

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Es ist inzwischen Tradition, dass alle vier Jahre ein neues, abermals verbessertes Modell der Präsidentenlimousine geliefert wird. Jahrzehntelang wechselten sich Ford mit seiner Luxusmarke Lincoln und eben GM mit seinem Cadillac als Hoflieferanten des Weißen Hauses ab. Seit 1989 hat Cadillac die Nase vorn. Präsident George W. Bush bekam sein letztes Dienstfahrzeug Anfang 2005.

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Die ausgedienten Fahrzeuge werden nicht verschrottet oder an Sammler verkauft, sondern sollen – so will es die Legende – entweder zu Testzwecken verwendet, in die Luft gesprengt, im Meer versenkt oder vergraben werden. Sollte ein Fahrzeug jüngerer Produktion an ein Präsidentenmuseum übergeben werden, kann es nur mit verschlossenen Türen ausgestellt werden: Die Schlüssel bleiben beim Secret Service, weil das Innenleben des Fahrzeuges den Augen der Öffentlichkeit verborgen bleiben muss.

Als letztes Privatauto hat sich Barack Obama im Sommer 2008 einen Ford Explorer mit Hybrid-Motor angeschafft. Seinen Chrysler 300 hatte er wegen dessen durstigem Motor abgegeben. Welche Autos nach Ansicht Präsident Obamas die Amerikaner künftig fahren sollen, konnte man auf der diesjährigen Detroiter Autoshow sehen, die am 25. Januar ihre Tore geschlossen hat. Darüber mehr im kommenden Blog.

(Fotohinweis: Secret Service/GM; Chris Doane/Brenda Priddy & Company; Doug Mills/The New York Times; The Telegraph (3))