An diesem Abend ist die Stimmung gedrückt im ICE. Das ist untypisch für eine Rückfahrt. Abends sind die Mitreisenden nach getaner Arbeit sonst immer viel entspannter und schauen oft viel freundlicher drein als morgens. „Was gibt’s heute zu essen?“, ist ein beliebtes Thema, das per Handy diskutiert wird. Oder: „Hast du schon eingekauft?“ – „Ist der Kleine schon im Bett?“
Heute dagegen ist es ruhig im Waggon. Ich blicke in graue, genervte Gesichter. Oder kommt mir das bloß so vor? Bilde ich mir nur ein, dass die Leute anders sind, weil ich weiß, welch schwerer Schicksalsschlag uns Pendler heute wieder getroffen hat?
1,8 Prozent mehr Geld soll das Bahnfahren künftig kosten. Ganz in Mehdornscher Tradition hat der neue Bahnchef Grube für Dezember die obligatorische Tariferhöhung angekündigt. Immerhin: Bedienzuschläge und andere unkonventionelle Ideen sind uns diesmal erspart geblieben. Trotzdem: Der Preis für meine Luxus-Edelbahncard wird sogar von 3650 auf satte 3800 Euro steigen.
Auch die Kollegen haben heute beim Mittagessen viel sinniert über die Bahnfahrer-Nachricht des Tages: „Ich weiß noch genau, als der Euro eingeführt wurde, da kostete mich eine Fahrt von Frankfurt in meine Heimatstadt 24 Euro“, erzählte mir einer. „Inzwischen kostet der Spaß 34 Euro. Und das alles mit Bahncard 50!“ – „Für mich ist es längst billiger mit dem Auto zur Arbeit zu kommen“, sagte eine andere Kollegin. „Naja, oder fliegen“, bemerkte der erste Kollege. „60 Euro nach Istanbul, hab ich heute gesehen. Vielleicht mach ich das mal demnächst.“
Mir fiel der Werbeslogan ein, der auf dem Mäppchen für meine vorläufige Bahncard 100 aufgedruckt ist: „Bahnfahren schützt Klima und Umwelt. Bei jeder Fahrt aufs Neue.“ Und Autofahren? Und Fliegen? „Schützt den Geldbeutel“, sagte die Kollegin trocken und ging weiter zum Salatbuffet.