Gestern Abend traf ich einen Kollegen am Frankfurter Hauptbahnhof. Wir hatten beide angepeilt, den ICE um 19.28 Uhr zu nehmen und hatten ihn beide verpasst. Wir warteten gemeinsam auf den nächsten Zug und beschlossen unser Schicksal nicht allzu schwer zu nehmen. Statt dessen wollten wir uns im Bord-Bistro ein Feierabend-Bier genehmigen.
„Du bloggst ja jetzt übers Pendeln“, begann mein Kollege das Gespräch, während wir auf unser Bier warteten. „Was wird denn der nächste Beitrag?“ Ich sagte ihm, dass ich gern demnächst mal etwas schreiben wollte über die Geschichte mit dem Trolley-Verkäufer, die ich letztens beobachtet hatte. „Erzähl mal“, sagte mein Kollege und so erzählte ich ihm die kleine Anekdote.
Am Vorabend hatte in der Sitzreihe vor mir ein Mann Platz genommen, der sich für die Fahrt eine riesige Zweiliterflasche Cola mitgebracht hatte. Sie steckte gut sichtbar in der Sitztasche vor ihm als ein Bahnmitarbeiter mit einem Verkaufs-Trolley durch den Gang gerollt kam, sich zwischen Koffern und Taschen hindurchschlängelte und hin und wieder „Kaffee? Snacks? Kalte Getränke?“ in die Runde rief. Der Mann in der Sitzreihe vor mir sprach den Verkäufer höflich an und bat um einen Pappbecher – offenkundig um daraus die Cola zu trinken, die er mitgebracht hatte. Der Verkäufer musterte den Mitreisenden kritisch und sagte. „Nein, wir geben hier keine Becher aus.“ – „Auch nicht, wenn ich etwas dafür bezahle?“, fragte der Cola-Mann. „Nein“, sagte der Trolley-Mann ziemlich unwirsch. „Aber“, sagte der Cola-Mann, „ich könnte doch zum Beispiel einen Kaffee kaufen und Sie füllen einfach keinen Kaffee in den Becher.“ – „Wir verkaufen hier keine Becher, wir verkaufen nur Kaffee“, sagte der Trolley-Mann. „Wieso?“, fragte der Cola-Mann. „Wenn ich teure 2,70 Euro für einen Kaffee zahle und Sie geben mir nur einen Becher, dann haben Sie sogar Gewinn gemacht.“ – „Das machen wir nicht“, beharrte der Bahn-Mitarbeiter, „Sie müssen einen Kaffee kaufen.“ Und so beobachtete ich, wie der arme Kerl resigniert einen Kaffee erwarb. Die ganze Fahrt bis Köln nippte er unwirsch an seinem Heißgetränk. Die Cola blieb unangetastet.
„Unglaublich“, sagte mein Kollege und schüttelte den Kopf. Dann waren wir an der Reihe unser Bier zu bezahlen. „Wollen Sie Gläser?“, fragte der Bord-Bistro-Mitarbeiter. Ich war schon drauf und dran abzulehnen, schließlich wollten wir die Flaschen mit an unsere Sitzplätze nehmen, doch mein Kollege hakte ein. „Aber natürlich, wir nehmen gern Gläser“, sagte er. „Dem Cola-Mann zu Ehren.“