Ich muss es ehrlich gestehen: Ich habe einen Lieblingszug. Leider arbeite ich manchmal zu lang, um ihn zu erwischen, aber hin und wieder klappt es. Mein Lieblingszug ist der ICE um 18.29 Uhr nach Brüssel Süd. „Bruxelles Midi“ steht in Frankfurt immer auf der Anzeigetafel und wenn ich diese Ankündigung sehe, dann freue ich mich jedes Mal wieder auf meine Fahrt. Warum? Es wird nicht langweilig in diesem Zug. Er hat viersprachige Ansagen.
Neulich zum Beispiel saß ich in einem solchen Bruxelles-Midi-Zug. „Guten Abend meine Damen und Herren, im Namen der Deutschen Bahn begrüße ich Sie herzlich an Bord des ICE International nach Brüssel, über Frankfurt am Main Flughafen, Köln, Aachen und Lüttich. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise.“ Dann auf Holländisch – ich kann kein Holländisch, aber es klingt ungefähr so: „Dames en heren, welkom aan boord van de ICE International…“ Es folgte noch einmal die gleiche Ansage auf Französisch und danach auf Englisch.
Irgendwann endlich meine Lieblingspassage: „We wisch ju a plesent dschörni.“ Der Satz begeistert mich nicht nur in seiner ganzen denglischen Schönheit, sondern vor allem, weil er mir für gewöhnlich signalisiert, dass der Sprecher mit seiner Rede am Ende ist. Diesmal allerdings hatte ich mich getäuscht. Der Lautsprecher knackte und die Stimme meldete sich abermals – nun wieder auf Deutsch: „Meine Damen und Herren in den Wagen 25 und 35 finden Sie unser Bord-Bistro mit Bord-Restaurant. Dort servieren wir Ihnen frische Speisen und Getränke. Leider ist heute die Kühlanlage in der Bordküche ausgefallen, so dass wir Ihnen leider nur ein eingeschränktes Angebot zur Verfügung stellen könne. Wir bitten um Ihr Verständnis. Dames en heren…“ Ich traute meinen Ohren nicht. Der Mann plante allen Ernstes, den Ausfall der Kühlanlage ebenfalls viersprachig kundzutun. Ich lauschte gespannt.
In gewohnter Reihenfolge, allerdings nicht ganz so souverän wie bei seiner Standardansage nudelte der Zugbegleiter sein Sprüchlein auf Holländisch und Französisch herunter. Als er zur englischen Variante ansetzte, befand sich der Zug bereits in gefährlicher Nähe zum nächsten Halt. Der Ansager schien es auch zu bemerken und erhöhte die Geschwindigkeit seiner Rede. Als er bei „Sorry-for-si-inconvinienz“ angekommen war, war mir klar, dass er sich keine Pause erlauben konnte. Und tatsächlich: Beinahe nahtlos begann der Lautsprecher wieder zu knacken und die Stimme setzte an: „Meinedamenundherren inwenigenminuten erreichenwir Frankfurtammainflughafen. Siehabenanschluss…“ Der arme Mann klang hektisch. Als er irgendwo in der Mitte des französischen Textes steckte, war es passiert: Der Zug stand in Frankfurt Flughafen und er war noch nicht durch mit seiner Ankündigung. „Sisiss Fränkfortärport… ähhm“, improvisierte er schließlich auf Englisch. Er tat mir sehr Leid.
Einige Tage später fuhr ich ebenfalls mit dem ICE International. Die Kühlanlage funktionierte. Der Sprecher wirkte souverän. Das Ansageprogramm lief reibungslos. So reibungslos, dass zwischen Frankfurt Flughafen und Köln eine nahezu gespenstische Ruhe einzukehren drohte. So souverän war der Sprecher, dass auch er erkannte, dass es wirklich eingefleischten ICE-International-Fans wie mir womöglich langweilig werden könnte. Ich muss zugeben: Ich war tatsächlich so entspannt, dass ich mich zurückgelehnt hatte und kurz eingeschlafen war. Da tönte es aus dem Lautsprecher: „Meine Damen und Herren, wir haben nun unsere Höchstgeschwindigkeit von 300 KaEmHa erreicht. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie unsere Reise bei 300 KaEmHa.“ Die drei restlichen Sprachvarianten ersparte er sich kurzerhand. Ich versuchte seinem Rat zu folgen. Lehnte mich zurück, schloss wieder die Augen. Doch irgendwie konnte ich nicht mehr einschlafen. Die ganze Zeit musste ich an die armen niederländischen und belgischen Passagiere denken, die diese wichtige Information verpasst hatten.
Das Bord- und Kabinenpersonal...
Das Bord- und Kabinenpersonal hat tatsächlich ein Talent dafür, genau in dem Moment, wo man sich entspannen möchte, mit einer lästigen Ansage genau das zu empfehlen. Die Ansagen im Flugzeug sind zwar nur zweisprachig, aber dafür noch länger und überflüssiger.
Vielen Dank für diese schönen Beitrag!
Versuchen Sie doch mit...
Versuchen Sie doch mit Brussels Airlines von Berlin nach Brüssel zu fliegen: Das dauert insgesamt eine Stunde. In dieser Stunde müssen vier Sicherheitshinweise in vier Sprachen (Deutsch, weil man von Berlin aus fliegt, Französisch und Niederländisch, weil Belgien zweisprachig ist, und Englisch natürlich so wie so), vier Grüße aus der Kabine mit Angabe der Außentemperatur und der Flughöhe (zwei Angaben, die zusammen kein Wunsch erwecken, sich die Beine zu vertreten, warum die wohl gemacht werden?), vier Abschiede und vier wir hoffen, Sie bald wieder an Bord begrüssen zu dürfen. Dabei wird vom Purser das Mikrophon, in einer Art Telefonhörer engebaut, direkt vor den Lippen gehalten, so, dass bei jedem „B“, „P“, „S“ und „SCH“ ein lautes Zischen, Knacken und Rauschen erzeugt wird. Wie soll man jemanden die korrekte Handhabung eines Flugzeuges anvertrauen, wenn er selbst ein Mikrophon nicht bedienen kann, denke ich mir dann, aber da dieses Problem allen Fluggesellschaften gemein ist, versuche ich mich zu entspannen und zu lesen. Geht leider nicht, es ist zu laut.
Schön geschrieben, man erlebt...
Schön geschrieben, man erlebt es förmlich mir und nun ja die Strecke Frankfurt HBF bis Frankfurt Airport ist für 12 Sprachansagen eindeutig zu kurz. Nun stellen wir uns mal kurz vor der Gutste wäre in Dresden geboren. Dann hätte er noch Dialekt dazu sprechen können, klingt bestimmt lässig.
Das ist ja wie im Krankenhaus,...
Das ist ja wie im Krankenhaus, wenn man endlich eingeschlafen ist und die Schwester kommt: „Na, schlafen wir (!) schon?“ Glücklicherweise nur in Deutsch.
Am schlimmsten aber war es bei einer Dampferfahrt von Bingen nach St.Goar (die schon bezahlte Rückreise aufm Dampfer haben wir bleiben lassen; wir nahmen den Zug, ha!): Auf dem Schiff wurden die Durchsagen – „links sehen Sie, und rechts sehen Sie…“ – in 7 (sieben!) verschiedenen Sprachen verkündet; es gab keinen ruhigen Fleck auf dem Boot; die Laut(!)sprecher beschallten uns überall und permanent, vom Ablegen bis zur Ankunft in dieser extremen Lautstärke … Ich hab heute noch Alpträume davon…
Wie Recht Sie doch haben. Im...
Wie Recht Sie doch haben. Im Vergleich dazu ist Hamburg-Berlin ja geradezu entspannend, auch wenn es mich als Dammtor-Einsteiger jedesmal anfuchst, wenn ich meine Utensilien gerade ausgepackt habe und losarbeiten oder -lesen will und die Ansagen durchdekliniert werden. VOR der Einfahrt, dass man wegen Gleisüberbelegung kurz wartet. DANN die Willkommensnachricht. DANN natürlich das Bordbistro. DANN das Nachschlagen eventueller Fehler, die man ja berichten könnte. Mein persönlicher Favorit und erst gestern passiert:
„Wegen falsch eingestiegener Fahrgäste hält der Zug heute außerplanmäßig in Wittenberg“. Dafür gab’s aber im Dienstbuch keine englische Übersetzung 😉
Ich erinnere mich an einen...
Ich erinnere mich an einen Aufruf, ein Herr Dings möge sich im Serviceabteil melden, das befände sich im vorderen Zugteil. Herr Dings lief an mir vorbei. Wenig später eine neue Durchsage: Man habe sich vertan, das Serviceabteil befinde sich am hinteren Zugende. Verhaltenes Gekicher, als Herr Dings wieder vorbeilief. Der Zugchef bat zerknirscht um Entschuldigung und teilte Herrn Dings mit, er solle doch bitte ans vordere Zugende kommen. Er wurde mit großem Frohsinn empfangen, als er wieder das Großraumabteil durchquerte…
<p>ICE International nach...
ICE International nach Brüssel am 11.2. 2010 um 8.43 Uhr ab Köln. Erste Durchsage, in vier Sprachen (übrigens nicht Holländisch, sondern Flämisch :)): der Zug führe nur bis Düren. Aufgrund eines technischen Problems. Dort warte ein ICE auf dem Gleis gegenüber, der uns weitertransportieren würde. Durchfahrt durch Düren. Ansage: doch nicht gehalten, es geht mindestens (!) weiter bis Aachen. Dort hält der Zug. Durchsage: bitte verbleiben Sie im Zug, bis weitere Ansagen kämen. Dann Ansage (nach 5 min): Regionalbahn nach Liege nehmen, dort dann nach Anschluß nach Brüssel schauen. Kurz darauf Durchsage: nein, keine Regionalbahn, sondern Busse ab Bahnhofsvorplatz. Bitte aber erstmal im Zug verbleiben. Durchsage nach 10 min: keine Busse vorhanden des Karnevals in Köln wegen (!!!!). Bitte im Zuge verbleiben, wahrscheinlich Umstieg auf Thalys. Kaffee könne gratis im Bistro eingenommen werden. Durchsage nach weiteren 10 min: DOCH Busse ab Vorplatz. Zuerst Gäste nach Liege, dann Eurostar-Kunden nach London, dann Gäste nach Brüssel. Gäste natürlich genauso blöd wie DB, denn alles rennt zum ersten Bus. Dort nach langer Diskussion ein bisschen Ordnung. Am Ende fahre ich doch in einem warmen Bus nach Brüssel und bekomme unkompliziert den nächsten Eurostar. Der kann aber aufgrund der 3 Grad unter Null nicht so schnell wie sonst fahren, sondern kommt eben auch 40 min später in London an. Ankunft in London: 16 Uhr. Also reichlich 3 Stunden Verspätung. Ich fahre mit BC 100, muss jedes Jahr 150 Euro mehr zahlen, und stehe auch oft genug. Ich werde aber renitent und setze mich neuerdings bei schlimmeren Verspätungen in die 1. Klasse, um sitzen zu können. Sollen sie ruhig den Grenzschutz holen, es ist mir egal.