Der ICE 527 von Dortmund nach München, den ich jeden Morgen ab Köln Deutz nach Frankfurt nehme, hat schon seit mehreren Wochen Probleme. Er verkehrt häufig nur mit einem Zugteil, kommt mit Verspätung an und ist dabei noch restlos überfüllt. An diesem Montag allerdings hat die Bahn sich selbst übertroffen. Eine Mitschrift von 200 Minuten Verspätung:
7.44 Uhr, Köln Deutz. Hunderte Pendler und Geschäftsreisende warten auf den ICE 527, der über die Schnellstrecke an der A3 entlang nach Frankfurt fährt. Planmäßige Ankunftszeit in Frankfurt am Main Hauptbahnhof: 8:48 Uhr. Doch schon in Köln Deutz sehen die Menschen statt eines Zuges nur leise rieselnde Schneeflocken. Der Winter ist zurück. Auch bei der Bahn. Der Ansager bestätigt: „20 Minuten Verspätung, wegen einer Weichenstörung.“
8:05 Uhr. Der ICE 527 trifft in Köln Deutz ein, allerdings nur mit einem Zugteil. „Wegen der Witterung war es uns nicht möglich den zweiten Zugteil anzukoppeln“, erklärt ein Schaffner. „Achtung, der ICE 527 ist überfüllt“, tönt es derweil auf dem Bahnhofslautsprecher. „Wir bitten einige Reisende freiwillig auf den späteren Zug um 8:10 Uhr umzusteigen.“ Die meisten Vielfahrer hören nicht drauf – und werden es später bitter bereuen.
9.15 Uhr zwischen Limburg Süd und Frankfurt Flughafen. Der ICE 527 kommt auf freier Strecke zum Halten. Die Berufspendler und Geschäftsreisenden zücken ihre Handys, sagen Konferenzen ab, teilen den Sekretärinnen ihre Verspätungen mit. Stellenweise laute Beschwerden: „Die Deutsche Bahn kommt einfach mit dem Schnee nicht klar.“ – „Was hätten die Aktionäre dazu gesagt, wenn die Bahn an die Börse gegangen wäre?“ Ein Zugbegleiter verteilt wortlos Formulare, mit denen eine Entschädigung für die Verspätung beantragt werden kann.
9.30 Uhr. Der ICE 527 steht noch immer zwischen Limburg und Frankfurt. „Meine Damen und Herren, der vorausfahrende Zug hat leider ein so genanntes Linienzugbindungskabel aus den Schienen gerissen. Dieses liegt nun auf der Strecke. Wir werden nun aussteigen und das Kabel entfernen. Die Weiterfahrt verzögert sich auf unbestimmte Zeit.“
10 Uhr. Mehrere Zugbegleiter hüllen sich in orangefarbene Warnwesten und beginnen draußen das Kabel von der Strecke zu zerren. Ein Fahrgast lästert: „Da bekommt das Wort Strippenzieher eine ganz andere Bedeutung.“
11.25 Uhr. Die Pendler und Geschäftsreisenden sitzen nach wenigen Metern Weiterfahrt immer noch zwischen Limburg Süd und Frankfurt Flughafen fest. Mittlerweile gibt es Freigetränke im Bordbistro. Aus dem Lautsprecher allerdings zwischen Knacken und Knarzen nur folgende Mitteilung: „Wir haben noch mehr Kabel auf der Strecke gefunden. Die Weiterfahrt wird sich noch erheblich länger verzögern als gedacht.“
11.42 Uhr. Nachdem noch mehr Kabel von der Strecke entfernt wurde, fährt ICE 527 einige Meter in Richtung Frankfurt Flughafen. Dann knarzt wieder der Lautsprecher. „Leider sind in Frankfurt Flughafen alle Gleise belegt und unser Zug kann noch nicht in den Bahnhof einfahren. Im vorausfahrenden Zug gab es eine Rauchentwicklung. Alle Züge im Bahnhof sind proppevoll. Nichts geht mehr. Der Bundesgrenzschutz wird nun zum Einsatz kommen und die Reisenden zum Aussteigen bewegen.“ Als der Zug schließlich doch in Frankfurt Flughafen eintrifft, gehen zunächst die Türen nicht auf. „Meine Damen und Herren, wir haben momentan leider noch eine Türstörung. Wir bitten um etwas Geduld.“ Weitere Minuten verstreichen.
12:08 Uhr. Nach Kopplungsproblemen, Weichenstörung, Linienzugbindungskabelstörung, Rauchentwicklung, BGS-Einsatz und Türstörung erreicht der ICE 527 Frankfurt am Main Hauptbahnhof. Verspätung an diesem Montag: 200 Minuten.