Nun stellt er sich den endlich den Verkehrspolitikern – der „kantige” Bahnchef Hartmut Mehdorn (wie dessen raubauziger Charakterzug als Rumpelstilzchen in seriösen Medien vornehm umschrieben wird). Und damit seinen Eigentümern. Denn dem Bund gehört Mehdorns Unternehmen noch immer; der Börsengang ist auf absehbare Zeit abgeblasen, und auch Milliardensubventionen des Steuerzahlers fließen. Mancher, der sein Leben regelmäßig „in vollen Zügen genießen” und von Verspätungen ein Lied singen kann, kann sich einen Rest an Schadenfreude über Mehdorns Canossa-Gang nicht verkneifen.
Doch sollte niemand für Straftaten ans Kreuz genagelt werden, die er nicht begangen hat – oder die gar keine sind. Natürlich weiß man nicht, was die laufenden Recherchen womöglich an dubiosen Ermittlungsmethoden des bahninternen „Geheimdienstes” zutage fördern werden. Bisher aber lässt sich zu der vermeintlichen „Datenschutzaffäre”, dem angeblichen „Ausspähungsskandal” nur sagen: Es handelt sich um eine bloße Nichtigkeit, die von vielen künstlich aufgeblasen wird.
Was ist geschehen? Ausgangspunkt der hellen Empörung war die Erkenntnis: Die Interne Revision des Transportunternehmens hat die Stammdaten seiner Mitarbeiter mit denen seiner Zulieferer abgeglichen, um Korruptionsdelikte aufzuspüren. Na und? Adressen und Kontonummern, wohlgemerkt – keine Kontobewegungen! Kein Vergleich also mit zwielichtigen Methoden, wie sie bei der Deutschen Telekom und wohl auch beim Lebensmitteldiscounter Lidl praktiziert wurden.
Der lapidare Vergleich dieser Daten wird auch nicht dadurch schlimm, dass an die 200.000 Mitarbeiter betroffen waren. Dieser Konzern hat nun einmal viele Beschäftigte. In einem Kleinbetrieb hätte der Inhaber schlicht den Buchhalter angewiesen, mal Telefonbuch, Lieferantenrechnungen und Personalakten nebeneinander zu halten. In einem Großkonzern wirft man dafür heutzutage natürlich den Computer an. Da waren zwar auch Lokführer und Zugbegleiter dabei, die wohl gerne mal streiken, aber bekanntlich keine Aufträge zu vergeben haben. Doch wäre es viel aufwendiger (und damit teurer) geworden, all diese Personen vor dem Daten-Screening herauszufiltern. Wozu denn auch? Eine solche „Rasterfahndung” tut schließlich keinem Betroffenen weh; er merkt nicht einmal etwas davon, wenn er nicht in überzogener Auslegung von Datenschutz- und Arbeitsrecht hinterher verständigt wird.
Wie harmlos die Rechtslage in Wirklichkeit ist, hat – neben vielen anderen – der Stuttgarter Arbeitsrechtler Martin Diller kürzlich im Fachblatt „Betriebs-Berater” beschrieben. Man sollte lieber dankbar sein, dass ein Großunternehmen mit Milliardenumsätzen systematisch und konsequent gegen Schmiergeldzahlungen vorgeht. Beim Elektrokonzern Siemens wurde genau das Gegenteil angeprangert – mangelhafte Kontrollsysteme nämlich. Noch immer stehen einstige Vorstandsvorsitzende und Aufsichtsräte dafür im Feuer der Kritik, von Schadensersatzforderungen und straf- (zumindest: ordnungswidrigkeits-) rechtlichen Ermittlungen.
Müssen Mehdorns Mitarbeiter sich nun schlecht fühlen, weil sie unter „Generalverdacht” gestellt werden? Wenn man einen von ihnen auf einer Party trifft, stößt man eher auf müdes Gähnen. Und nach der Denklogik der jetzigen Großkritiker stellt Mehdorn schließlich auch alle seine Fahrgäste unter „Generalverdacht”: Flächendeckend lässt er nämlich (zumindest im Fernreiseverkehr) ihre Fahrscheine kontrollieren. Aber natürlich: Jemandem wie Mehdorn traut man wirklich fast alles zu.
In der Tat muß Mehdorn gehen,...
In der Tat muß Mehdorn gehen, weil er sich im Parlament wie ein Elefant im Porzellanladen benommen hat, nicht wegen der Datenaffäre. Sein Nachfolger wird Ex-Staatssekretär Alfred Tacke, die “Notbremse aus Niedersachsen”. Der weiß, wie man mit Politikern umzugehen hat.
<p>toll, ich bin beigeistert....
toll, ich bin beigeistert. Endlich finde ich mal eine Annäherung der Datenschutzauslegungen an meine Ansicht. Mehdorn hat 200.000 Mitarbeiter überprüfen lassen. Na und? Wenn schon die Zulässigkeit unklar ist, dann war wohl die Notwendigkeit einsichtig. Ich bin zwar nicht Bahn-Bedienstete, ich würde sogar der Überprüfung von Kontenbewegungen zustimmen. Schließlich habe ich nichts zu verbergen, obwohl es mir schon peinlich wäre, wenn herauskäme, dass ich allein im letzten Monat 5 (fünf!) Schuh-Geschäften Einzugsbevollmächtigung erteilt habe.
Mich beschäftigt mehr die Frage, was dabei herausgekommen ist. Erfolg ist immer ein zwingendes Argument, um Zweifler zu überzeugen. Oder dürfen die zur Erklärung Verpflichteten die Auskunft unter Hinweis auf die Vorschriften des Datenschutzgesetzes verweigern? Oder zwingen Verdachtsmomente zur Offenlegung der Kontenbewegungen? Oder war alles nur ein Sturm im Wasserglas? Mutige Aktion zur Aufklärung von Korruption, die zusammenfiel wie ein Soufflé? Ihre Geschichte, Herr Jahn, macht auf die Fortsetzung neugierig. Bis bald also, Elvira Plaza
<p>Kann es sein, dass Sie,...
Kann es sein, dass Sie, lieber Herr Jahn, etwas nicht verstanden haben?
Schon der Vergleich zur Kartenkontrolle ist ein kleiner Hinweis darauf. Da stellen wir uns doch jetzt erst einmal ganz dumm……. und fangen von vorne an mit dem Denken. Und bis das richtig geklappt hat, veröffentlichen wir doch bitte keinen Eintrag mehr, ohne den Datenschutzbeauftragten um Rat gefragt zu haben. Herzlichen Dank!
<p>Wie...
Wie bitte?
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“Doch wäre es viel aufwendiger (und damit teurer) geworden, all diese Personen vor dem Daten-Screening herauszufiltern.”
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Da bleibt mir doch die Spucke weg. Erstens ist bei der heutigen Personalverwaltung doch absolut kein Problem mehr, mit ein paar Knopfdrücken die Leute der Beschaffungsabteilungen anzeigen zu lassen, die überhaupt was mit Lieferanten zu tun haben. Höchstwahrscheinlich sind das ein paar tausend, wenn es hoch kommt. Und deshalb sollen der Datenschutz ALLER Mitarbeiter verletzt werden? Nur weil die Bahn irgendwelche Kosten damit hat? Was ist das denn bitteschön für eine Logik?
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“Eine solche „Rasterfahndung” tut schließlich keinem Betroffenen weh; er merkt nicht einmal etwas davon, wenn er nicht in überzogener Auslegung von Datenschutz- und Arbeitsrecht hinterher verständigt wird.”
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Das möchte man am liebsten dem Herrn Schäuble an die Hand geben, wenn der nächste Journalist wegen der Onlinedurchsuchung jammert. Tut doch auch keinem weh, so ein Generalverdacht.