Die Wellen der öffentlichen Empörung schlagen hoch: Der Drogerie-Discounter Schlecker hat es – mal wieder – mit einer umstrittenen Beschäftigungspolitik in die Schlagzeilen geschafft, sogar die frisch gebackene Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen droht empört mit Konsequenzen. Der Vorwurf: Schlecker soll systematisch kleinere Läden schließen, um Mitarbeiter zu entlassen. Nur wenige Hundert Meter weiter entsteht angeblich eine neuere, größere und schönere XL-Filiale, die Mitarbeiter verdienen dann Dank einer Leiharbeiterfirma nur noch die Hälfte. “Missbrauch” hallt es da im Chor, und Schlecker weist jeden Vorwurf weit von sich.
Das Problem: Juristisch dürfte es schwer werden, gegen Schlecker vorzugehen. Grundsätzlich darf einem Mitarbeiter zwar nicht einfach so gekündigt werden, nur weil der Arbeitgeber Lohnkosten sparen möchte. Wenn ein Arbeitnehmer durch einen günstigeren Kollegen ersetzt werden soll, liegt deshalb der Verdacht einer unzulässigen “Austauschkündigung” nahe. Schon im Jahr 1996 hat das Bundesarbeitsgericht ein solches Vorgehen für unzulässig erklärt. Etwas anderes gilt jedoch in der rechtlichen Konstruktion, die Schlecker gewählt haben soll: Die XL-Märkte bilden als eigenständige GmbH eine separate juristische Einheit, die mit den anderen Märkten nicht verbunden sind.
Da die neuen Läden zudem an anderen Standorten eröffnet werden, handelt es sich wohl auch nicht um einen so genannten Betriebsübergang. Nach den strengen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs müssten nämlich in solchen Fälle alle Mitarbeiter übernommen werden.
Gegen die niedrigen Löhne selbst können die Mitarbeiter nur dann etwas ausrichten, wenn sie so weit unter dem üblichen Branchenlohn liegen, dass sie sittenwidrig sind. Der Bundesgerichtshof und das Bundesarbeitsgericht haben ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Bezahlung nicht einmal zwei Drittel des Tariflohns beträgt, der in der Branche und in der Wirtschaftsregion üblich ist.
Dazu hat das Landesarbeitsgericht Hamm jüngst entschieden, dass im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen ein Stundenlohn von 5,20 Euro sittenwidrig ist (Az.: 6 Az.: 6 Sa 1285/08). Nach Berechnungen auf Grundlage des Urteils müsste mindestens ein Lohn von 8,21 Euro gezahlt werden – allerdings gemessen an den damals noch bestehenden branchenüblichen Tariflöhnen. Ob das auch für die von Schlecker angeblich gezahlten 6,78 Euro gilt, müssten jedoch erst die Gerichte entscheiden.
Immerhin: Die öffentliche Aufregung ist so groß, dass Schlecker jetzt angeblich den Rückzug plant. So soll das Unternehmen inzwischen beteuert haben, künftig mit der Zeitarbeitsfirma nicht mehr zusammen zu arbeiten. Nun muss man abwarten, was von dieser Zusammenarbeit bleibt, wenn die öffentliche Empörung schon bald vergessen ist. Allerdings wird das den bestehenden Arbeitsplätzen wohl nicht helfen.
<p>"Wenn die Kniebiesler von...
“Wenn die Kniebiesler von Unternehmern es nicht schaffen, dass sie ihren Arbeitern mindestens 7 Euro in der Stund’ zahlen, ja dann macht man halt keine Firma auf, sondern einen Bettelorden!”
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Bruder Barnabas alias Michael Lerchenberg, Fastenpredigt Nockherberg 2008 – bei youtube, “Nockherberg 2008 Salvatorrede Teil 6”, ab 5:22.
http://www.youtube.com/watch
Wenn man das so liest, dann...
Wenn man das so liest, dann könnte man ja fast vermuten, dass Anton Schlecker ein Freund und Bewunderer von Götz Werner ist. Das bedingungslose Grundeinkommen, dass Löhne bis zur Höhe des Grundeinkommens durch eben dieses substituiert werden sollen, würde ihm bestimmt auch gefallen. Da würde Herr Schlecker noch mehr verdienen.
Ich kann mich meinem Vorredner...
Ich kann mich meinem Vorredner nur anschließen.
Schlecker hat den rechtlichen Rahmen ausgereitzt. Aber Sie waren sicherlich nicht konsequent bis in die letzte Instanz. Denn dann hätten Sie die Manager von Schlecker AS entlassen und bei Schlecker XL für das halbe Gehalt einstellen müssen. Wahrschleinlicher ist, daß das Management für die Idee mit Meniar und den Schlecker XL Märkten einen fetten Bonus kassiert haben könnte. Auf Kosten den kleinen Angestellten, denn die bekommen ja nur noch die Hälfte. Zum Kotzen.
<p>Stimmt, rechtlich ist das...
Stimmt, rechtlich ist das Verhalten Schleckers vollkommen korrekt.
Darum sind es auch wir als Kunden die dafür sorgen müssten, dass ein solches Verhalten Gesellschaftlich nicht erwünscht ist.
Nur dummerweise kümmert das die Masse morgen schon nicht mehr, wenn von Schlecker der Prospekt mit den Sonderangeboten im Briefkasten liegt.
Dabei hat der Fall Esso, wenn auch anders gelagert, der öffentliche Druck ein Unternehmen sehr schnell wieder in den gewünschten Kurs bringen kann. Würden solche Ketten nämlich konsequent boykottiert, wären die Lohnkosten Schleckers kleinstes Problem!