Die Deutsche Bank geht mit ihrer Rechtsabteilung neue Wege: Künftig soll das Prozessgeschäft gebündelt und in eine externe Anwaltskanzlei ausgelagert werden. Künftig wird sich dann nur noch die internationale Wirtschaftssozietät Noerr um Hunderte von Rechtsstreitigkeiten kümmern, in denen die Bank derzeit involviert ist. Mal geht es um fehlgeschlagene Investitionen oder Kreditgeschäfte, mal um den Missbrauch von Scheckkarten, die Kosten von Fehlüberweisungen oder streitige Interneteinkäufe. Bisher beauftragte die Bank ein gutes Dutzend Kanzleien in ganz Deutschland mit der Bearbeitung dieser Fälle. Damit lagert zum ersten Mal ein deutsches Unternehmen seine gesamten Rechtsstreitigkeiten im Privatkundenbereich – im angloamerikanischen Fachjargon Retail Litigation genannt – aus, inklusive der Verwaltung aller Rechtsstreitigkeiten in einer umfangreichen externen Datenbank.
Hintergrund ist das generelle Ziel der Bank, Kosten in Höhe von einer Milliarde Euro einzusparen. Schon seit einiger Zeit tritt die Rechtsabteilung erheblich auf die Kostenbremse, überprüft die langjährigen Geschäftsbeziehungen zu namhaften Sozietäten und versucht, Stundensätze zu senken. Dass dabei die Münchner Wirtschaftskanzlei Noerr den Zuschlag bekommen hat, kam für viele überraschend, schließlich hat das Finanzinstitut auch mit anderen Kanzleien wie Hengeler Mueller oder Freshfields Bruckhaus Deringer langjährige Geschäftsbeziehungen.
Allerdings mussten die Bewerber für diesen Auftrag auch die eine oder andere Kröte schlucken: Die wirklich großen Mandate fallen nicht automatisch unter die Vereinbarungen, bei Verfahren mit einem Streitwert von mehr als einer Million Euro behält sich die Bank vor, auch andere Sozietäten beauftragen zu können. Außerdem winken nicht gerade Stundenhonorare von 500 Euro. Abgerechnet wird auf Basis der für Gerichtsverfahren üblichen Gebührenordnung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
Das Beispiel zeigt deutlich, dass Rechtsrat kein elitäres Geschäft ist, das sich jenseits jeder Kostenanalyse abspielt. Dass sich das Finanzinstitut damit nicht um seine Verantwortung für jeden einzelnen Rechtsstreit drücken kann, versteht sich von selbst. Doch wird nun deutlich, dass in der weiten Welt der Renditeziele auch die Rechtsabteilungen nicht hintan stehen können. In dieser Branche müssen Kanzleien so funktionieren wie McDonald’s: Flächendeckende Abdeckung, verlässliche Standards, niedrige Preise – auch wenn sie ihren Rechtsrat gerne als einzigartiges Qualitätsprodukt verkaufen. Dass gerade die Deutsche Bank mit diesem Modell vorgeprescht ist, verwundert nicht: Sie hat eine kaum zu übertreffende Marktmacht und gleichzeitig mit ihren vielen Gerichtsverfahren einen hohen Bedarf an guter Rechtsberatung. Den bekommt sie nun aus einer Hand von einer renommierten Wirtschaftskanzlei – zu den Mindestpreisen der Gebührenordnung. Ob sich die Vereinbarung auch für Noerr lohnt, muss sich erst noch zeigen. Einen Versuch ist es allemal wert.
Doch schon jetzt gilt es als wahrscheinlich, dass das Modell einige Nachahmer finden könnte: Besonders in Branchen mit einem engen Kundenkontakt und vielen kleineren Rechtsstreitigkeiten dürfte dieses Modell für Interesse sorgen – nicht zuletzt wegen des Servicecharakters einer extern geführten einheitlichen Datenbank.
McDonalds als Funktionsprinzip...
McDonalds als Funktionsprinzip einer Anwaltskanzlei? Das ist nicht mehr als ein flotter Spruch. Rechtsberatung ist keine Systemgastronmie. Der Anwalt muss Lösungen zum Problem des Mandanten bieten. Bei McDonalds muss der Kunde kaufen, was Mc Donalds anbietet. Auf die Rechtsberatung übertragen hieße das: Hier ist unsere Standardlösung, hoffentlich passt sie zu Ihrem Problem. Was Noerr mindestens liefern muss, ist Maßkonfektion.
Nein, weder direkt noch...
Nein, weder direkt noch indirekt. Deshalb bezog sich die Formulierung ja auch ausdrücklich auf die gesamte Branche und nicht auf einzelne Kanzleien.
"...müssen Kanzleien so...
“…müssen Kanzleien so funktionieren wie McDonald’s: Flächendeckende Abdeckung, verlässliche Standards, niedrige Preise” – ist das indirekt eine Kritik an der von der DB beauftragten Kanzlei?