Das letzte Wort

Im Zweifel gegen die Bank

Der Bundesgerichtshof hat die Haftung von Banken für Beratungsfehler verschärft. Im Zweifel müssen sie künftig beweisen, dass sie im Recht sind – und nicht mehr andersherum. Dies gilt für den Nachweis der sogenannten Kausalität: Also dafür, dass die Pflichtverletzung des Geldinstituts  auch die Ursache für den Schaden war, den der Kapitalanleger erlitten hat.

Tatsächlich kann es ja durchaus sein, dass ein Kunde seine Fehlinvestition auch dann getätigt hätte, wenn seine Bank ihn korrekt informiert hätte. Vielleicht wollte er ohnehin ein beträchtliches Risiko eingehen, weil sich in der realen Welt der Finanzwirtschaft nur dann auch eine Chance auf eine hohe Rendite einstellt. Oder weil er hierbei zugleich besonders viele Steuern sparen und damit dem Fiskus ein Schnippchen schlagen konnte. Oder weil es ihm schlicht egal ist, ob das Kreditinstitut am Verkauf ihrer Produkte auch etwas verdient. Verständige Menschen nehmen dies ohnehin an.

Dass Bankberater sogar unaufgefordert mitteilen müssen, ob sie von einem Emittenten eine Vertriebsprovision erhalten – und auch noch, wie hoch diese ist -, haben die obersten Zivilrichter ohnehin erst mit dem legendären „Bond-Urteil” vor knapp 20 Jahren erfunden.

Zugunsten der Finanzinstitute hatte der Bankensenat in Karlsruhe aber bisher nicht automatisch unterstellt, dass ein geschädigter Kunde bei vollständiger Information von seiner Transaktion Abstand genommen hätte. Diese „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens” sollte vielmehr nur dann gelten, wenn er keine vernünftige Handlungsalternative gehabt hätte, als den Deal abzulehnen.

Seit dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs ist dies anders. Auch wenn der Bankkunde bei vollständiger Offenlegung in einen „Entscheidungskonflikt” geraten wäre, gilt nunmehr zu seinen Gunsten eine Umkehr der Beweislast. Wobei sich die Richter darauf berufen, dass ihre langjährige frühere – und für Anleger strengere – Auffassung auf einer unpassenden Parallele zum Arzthaftungsrecht beruhte.

Immerhin: Ganz sicher sein können sich Kläger nach einer Fehlspekulation immer noch nicht, dass sie vor Gericht ihr Geld zurück holen können. Die Bundesrichter haben nämlich in dem konkreten Fall der Vorinstanz aufgegeben, gründlich zu prüfen, was das Kreditinstitut an Indizien dafür vorbringen kann, dass der Kunde sowieso jede Aufklärung in den Wind geschlagen hätte. In einer umfangreichen Beweisaufnahme muss das Oberlandesgericht Frankfurt ihn nun ebenso wie seinen Bankberater als Zeugen vernehmen („Parteivernehmung” heißt dies, wenn ein Kläger selbst aussagen soll). Und dabei sollen auch „Hilfstatsachen” eine Rolle spielen. Beispielsweise dass dieser Anleger schon einmal Anteile an einem ganz ähnlichen Fonds gekauft hatte – und dabei nachweislich über die „Kick-Backs” für die Bank belehrt worden war, ohne sich an diesen zu stören.

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