Die Spartengewerkschaft entging damit – nicht zum ersten Mal – Forderungen, die der Flughafenbetreiber Fraport AG als Arbeitgeber sowie die beiden Fluggesellschaften Deutsche Lufthansa AG und Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG für den 14-tägigen Arbeitskampf aufgestellt haben.
Rechtswidriger Streik und doch kein Schadensersatz, das ist zumindest erklärungsbedürftig. Aber Juristen wären keine Juristen, würde ihnen nicht zu jedem Dogma auch eine wohl klingende Ausnahme einfallen. In diesem Fall ist es der „Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens“, den die GdF für sich ins Feld führen konnte. Sicherlich, der Ausstand war rechtswidrig, weil die Forderungen der Arbeitnehmer zumindest in Teilen gegen die Friedenspflicht verstoßen haben. Allerdings habe es sich dabei lediglich um „untergeordnete Nebenforderungen“ gehandelt, wie die Neunte Kammer des Arbeitsgerichts Frankfurt betonte. Deshalb konnte sich die Arbeitnehmerorganisation darauf berufen, dass der Schaden auch ohne die rechtswidrigen Forderungen eingetreten wäre. Dann wäre der Streik rechtmäßig gewesen und hätte ebenso zu Flugausfällen geführt, wie der Vorsitzende Richter erläuterte.
Also alles noch einmal gut gegangen? Nicht ganz, und das liegt nicht nur daran, dass die Rechtsstreitigkeiten wahrscheinlich weitergehen werden und schließlich irgendwann vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt landen. Denn das Verfahren verdeutlicht, wie sehr die Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Spartengewerkschaften besonders im Transportbereich in den vergangenen Jahren an Schärfe gewonnen haben.
Bis vor kurzem gehörten Schadensersatzklagen gegen Gewerkschaften zu den absoluten Ausnahmen. Doch allein in den vergangenen zwölf Monaten wurde die GdF dreimal auf Schadensersatz verklagt. Alle drei Verfahren hat sie gewonnen – bisher. Auch wenn die 9,2 Millionen Euro zu hoch gegriffen scheinen, ganz ohne Substanz sind die Klagen auf Schadensersatz nicht. Sie sollten ein Warnsignal dafür sein, dass auch Gewerkschaften sorgfältig prüfen müssn, wann ein Streik rechtswidrig ist und wann nicht. Und zwar vor dem Aufruf. Nicht danach.
Schikane und Risiko
Wahrscheinlich haben die drei Klägerinnen (Fraport, Lufthansa, Air Berlin) selbst nicht an eine erfolgreiche Klage geglaubt. Die Logik der gerichtlichen Entscheidung, soweit von Frau Budras wiedergegeben, überzeugt: enthält eine streikbewehrte tarifliche Forderung nicht tariffähige oder noch nicht verhandelte oder unwesentliche Bestandteile, macht das – insbesondere bei Vorliegen der letzteren Variante – nicht etwa den Streik in toto rechtswidrig. Den Klägerinnen ging es um etwas anderes: mit einem astronomischen Streitwert, einer wahren Mondforderung, dem Gegner drastische Kosten aufzuladen. Denn die arbeitsgerichtliche Kostenregelung sieht zumindest für die erste Instanz keine Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei für die außergerichtlichen Kosten der obsiegenden Partei vor. Vulgo: auch ein gewonnener Prozeß kann heftig kosten. Berufung und uU Revision oder Beschwerde gegen deren evtl. Nichtzulassung begründen bei wenn auch anderer Kostenregelung mindestens ein erhebliches Drohpotential. Man nennt das: Schikane. Die GdF wird sich das merken. Und die betroffenen Gesellschaften werden bei passender (vielleicht schon bei nächster) Gelegenheit dahinterkommen, daß Streiks noch empfindlicher und dabei vollkommen und rückstandsfrei rechtmäßig sein können.