Vor einem halben Jahr haben die Oberlandesrichter in einem „Teilgrund- und Teilendurteil“ schon einmal festgehalten, dass sie die Schuld des Kreditinstituts und seines damaligen Vorstandssprechers Rolf-Ernst Breuer für bewiesen halten. Weil den Robenträgern der zweiten Instanz dies sonnenklar erscheint, haben sie den Beklagten auch gleich noch die Revision dagegen verwehrt. Und obwohl das Geldhaus dagegen wiederum eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt hat, lehnten sie dessen Antrag ab, den laufenden Prozess so lange auszusetzen, bis die Karlsruher Richter den Fall geprüft haben.
So weit, so fragwürdig. Nun hat der Münchner Zivilsenat aber faktisch doch genau das getan, was die Bank gerne wollte. Denn erst haben die Richter mit der in der Justiz nicht seltenen Gemächlichkeit ihr Urteil vom Dezember schriftlich niedergelegt (mit krassen Formulierungen übrigens gegen die gesamte Führungsriege des Kreditinstituts, die das Gericht in einem abgekarteten Spiel nach Strich und Faden belogen haben soll). Anschließend haben sie – was ja auch fair ist – mit den Streithähnen über den richtigen Gutachter diskutiert. Und nun haben sie ihm dermaßen lange Fristen gesetzt, dass Karlsruhe wahrscheinlich doch schneller zu einem Ergebnis kommen wird als der Wirtschaftsprüfer.
Angesichts der gewagten (wenn nicht gar abenteuerlichen) Interpretation der Ereignisse rund um den Niedergang des Kirch-Imperiums kann es gut sein, dass der Wirtschaftsprüfer nach dem höchstrichterlichen Verdikt für den Papierkorb gearbeitet haben wird. Zumal diesmal am obersten Zivilgericht nicht mehr der Bankensenat zuständig ist, der vor langen Jahren (und unter einem anderen Vorsitzenden) dem Kirch-Lager schon einmal recht gegeben hat – wenngleich in ganz anderen Punkten. Sondern diesmal kommt jener Senat zum Zuge, der für „Unerlaubte Handlungen“ (etwa wenn’s im Straßenverkehr kracht) zuständig ist.
Für die Kirch-Erben würde sich dann ihre Milliardenklage als verlorenes Pokerspiel mit womöglich dreistelligem Millionenverlust erweisen. Die seit über einer Dekade währende Prozessfehde hätte dann (trotz eines Anlaufs dazu von Josef Ackermann) nicht einmal dazu genutzt, das Geldhaus in die Knie zu zwingen und sich zu einem Kompromiss in dreistelliger Millionenhöhe drängen zu lassen.