Das letzte Wort

Kontrolle muss sein

In 140.000 Fällen haben Behörden und Gerichtsvollzieher im vergangenen Jahr beim Bundeszentralamt für Steuern nach Konten einzelner Bürger gefragt – doppelt so oft wie im Jahr zuvor. Recherchen von Strafverfolgern, die etwa Geldwäsche wittern, kommen hinzu. Ist das maßlos, wie Zeitungskommentatoren meinen, oder hemdsärmelig, wie die FDP behauptet?

Wohl kaum. Der Anstieg liegt fast ausschließlich daran, dass Gerichtsvollzieher erst jetzt solche Auskünfte bekommen können. Endlich, denn Gläubiger müssen davor geschützt werden, dass ein unredlicher Schuldner Vermögenswerte vor ihnen versteckt. Bei Kleinbeträgen sind diese Abfragen ohnehin wegen Unverhältnismäßigkeit schon vom Gesetz her verboten.

Informationen einholen können auch Finanzämter, etwa wenn jemand die Rückerstattung von Kapitalertragsteuern beantragt. Oder um Steuerhinterziehung aufzudecken, deren Bekämpfung sich alle Parteien verschrieben haben. Zugang haben außerdem Sozialleistungsträger: Wer Geld vom Staat bekommen will, muss sich eben auch einmal eine Kontrolle gefallen lassen. An alldem ist nichts auszusetzen. Zumal keine Buchungen abgefragt werden können, sondern nur die simple Tatsache, wer wo ein Konto besitzt.

Schade, dass FDP-Politiker wie Volker Wissing nun ohne jegliche Berechtigung in populistische Polemik verfallen. Die Angst vor den Europawahlen und der Schock über die Aussperrung aus dem Bundestag sitzen offenbar tief. Natürlich meldete sich “pflichtgemäß” auch die neue Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff zu Wort. Dabei war sie bis vor kurzem als CDU-Rechtspolitikerin noch wesentlich schlauer und setzte sich sogar für die längst überfällige Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ein.

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