Folter, Martyrium, Guantanamo – die Vorwürfe gegen die Leitung der Essener Justizvollzugsanstalt werden immer schriller. Durch deren regelmäßige Kontrollen sollte der prominente Untersuchungshäftling Thomas Middelhoff aber nicht gepiesackt, sondern ein Selbstmord verhindert werden. Immerhin hatte ein Bruder von ihm Suizid begangen. Experten bezweifeln zudem, dass die Überwachung Middelhoff vier Wochen um den Schlaf gebracht hat. Das Düsseldorfer Ministerium versichert, nachts habe kein Wärter die Zelle betreten, sondern nur – wenngleich unter kurzem Einschalten des Lichts – viertelstündlich durch den Türspion geblickt.
Wie dem auch sei: Dass dies dazu geführt haben soll, dass bei ihm die extrem seltene Autoimmunerkrankung Chilblain Lupus ausgebrochen ist (oder sie zumindest verschlimmert hat), bleibt reine Spekulation von Middelhoffs Strafverteidigern. Das Oberlandesgericht Hamm hat darauf hingewiesen, dass niemand weiß, wie diese Krankheit entsteht. Womöglich war der Schock über die völlig unerwartete Verhaftung eine viel größere Belastung für den ehemaligen Top-Manager, der beträchtlichen Luxus gewöhnt war.
Vielleicht steckt hinter dem publizistischen Trommelfeuer die neue Methode der Litigation-PR: Wenn die Sachargumente nicht reichen, machen manche Anwälte öffentlichen Druck, damit ihre Kontrahenten nachgeben – sei dies die Strafjustiz oder ein Unternehmen, gegen das man klagt.