Das letzte Wort

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Die Welt ist voller Paragraphen und Aktenzeichen. Hendrik Wieduwilt und Corinna Budras blicken auf Urteile und Ereignisse im Wirtschaftsrecht.

Kulturrevolution im Aufsichtsrat

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Wer den Europäischen Gerichtshof kennt, dürfte wenig Zweifel hegen: Deutschland muss die Aufsichtsräte für Beschäftigte aus ausländischen Tochtergesellschaften öffnen. Zu deutlich sind die Indizien für einen (sogar doppelten) Verstoß gegen Europarecht durch die hiesigen Vorschriften, die das Berliner Kammergericht jetzt aufgelistet hat.

Das kommt einer kleinen Kulturrevolution gleich. Der Fall des Tourismuskonzerns TUI, der den Richtern aus der Bundeshauptstadt den Anlass für ihren Vorstoß gab, macht das mehr als deutlich: Vier Fünftel der Beschäftigten sind demnach in anderen EU-Ländern tätig. Dass sie niemanden ins Kontrollgremium wählen (und auch selbst dort nicht Platz nehmen) dürfen, gilt unter vielen Juristen hierzulande schon lange als Diskriminierung. Der Bundestag wird wohl nicht umhinkommen, das fast 40 Jahre alte Mitbestimmungsgesetz zu öffnen.

Nicht nur bei Standortentscheidungen wird das spannend. Aus den Europa-AGs, wo die Besetzung heute schon international ist, wissen die Gewerkschaften: Ausländische Kollegen, die das weitgehende System des “Ko-Managements” von zu Hause nicht kennen, sind oft nicht die größten Vorkämpfer für Arbeiterrechte.


1 Lesermeinung

  1. […] Ein internationaler Player, mit 4.000 Mitarbeitern in 48 Ländern präsent ist nun verstärkt im Markt der Aufsichtsrats-Beratung tätig. Alleine durch den aktuellen Gerichtsbeschluss werden Aufsichtsräte internationaler besetzt werden müssen (wir berichteten bereits darüber  https://blogs.faz.net/wort/2015/10/27/kulturrevolution-im-aufsichtsrat-372/). […]

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