Am Freispruch für die früheren Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking und Holger Härter gibt es nichts zu deuteln: Der Vorwurf der Kursmanipulation ist nicht bewiesen, und die argumentativen Kapriolen der Staatsanwaltschaft haben den Angeklagten ebenso wie dem Gericht viel zugemutet. Über Mutmaßungen, Spekulationen und Unterstellungen gingen die Anschuldigungen letztlich nicht hinaus.
Das Scherbengericht, das der Vorsitzende Richter über die Vertreter der Anklage abgehalten hat, mindert allerdings die Glaubwürdigkeit des Urteils. Mehr als eineinhalb Stunden lang hat er die Strafverfolger mit Häme und Sarkasmus überhäuft. Auch wenn er damit teilweise nur deren nahezu vulgären Tonfall aufgegriffen hat: So außergewöhnlich viel Aggressivität bei einer Verkündung lässt dann doch an der Unvoreingenommenheit des hohen Gerichts zweifeln.
Als so abwegig, wie der Vorsitzende die Anklagepunkte hinwegfegte, stellten sie sich auch nach einem halben Jahr Beweisaufnahme nicht allesamt dar. Man darf gespannt sein, ob die Ankläger in Revision gehen. Bei einem derart prominenten Fall ist eine solche Entscheidung nicht immer frei von politischen Erwägungen.
Na ja. Letztlich lief die Anklage auf eine Plausibilitätsvermutung hinaus,
nämlich auf das, was Wedeking im Kopf gehabt haben könnte, als Porsche anfing, VW Aktien zu kaufen bzw. sich Kaufrechte zu sichern.
Ich hoffe, ich muss nicht ausbuchstabieren, was Verurteilung aufgrund plausibler Unterstellung bedeuten würde. Man liefere mir einen beliebigen Fall und ich liefere 10 unterschiedliche, plausibel klingende,
Schuldvermutungen.
Von daher war die Ohrfeige für die SAnklage schon gerechtfertigt – immerhin hat sie auf Jahre hinaus jede Menge Arbeit, Geld und Zeit verbraucht, ohne einen einzigen Beleg über ihre Vermutungen hinaus vorzulegen.
Und wenn das in den Justizorganen zum Standard wird, können wir auch gleich zur Selbstjustiz zurückkehren.
Gruss,
Thorsten Haupts