Die Einigung der Koalition zum WLAN kommt spät. Monatelang hatten Vertreter der Regierungsparteien um die Frage gestritten, wie einfach der Internetzugang in Cafés sein soll. Die Arbeit an dem Entwurf litt an denselben Symptomen wie viele netzpolitische Debatten.
Der Riss verlief dabei auch durch die Parteien CDU und SPD: Auf der einen Seite stehen Netzpolitiker, die von den Restriktionen nichts halten und zurecht bezweifeln, dass jemand über die meist langsamen Leitungen in Cafés und Hotels große Datenmengen urheberrechtlicher Werke transportieren – zumal die Hochzeit der Tauschbörsen längst vorüber ist. Illegale Inhalte werden nicht mehr heruntergeladen, sondern „gestreamt“ – eine Lösung für dieses Problem soll nun die EU liefern. Auf der anderen Seite argumentieren Traditionalisten, die den Schutz des Geistigen Eigentums hochhalten. Wie auch bei vielen anderen Streitigkeiten in der Netzpolitik geht es dabei weniger um reale Risiken, als um das Prinzip. Die Kreativindustrie befürchtet eine Werteerosion, wenn in der Netzpolitik immer wieder Zugeständnisse gemacht werden. Lachende Dritte war in der Debatte stets die CSU: Vom Bundesverkehrsministerium aus forderte sie genüsslich freie Fahrt für Internetnutzer ein, mal auf Ministerebene, häufig durch die Staatssekretärin Dorothee Bär.
Der Kanzlerin wurde das Gezerre nun zuviel. Die Einigung trägt nun ihre realpolitische Handschrift: Anbieter von WLAN sollen künftig frei sein von der strengen Haftung. Größere Flurschäden in der Kreativindustrie sind dadurch nicht zu befürchten. Deren Vertreter werden sich diese Niederlage aber merken. Die schärfere Haftung für Speicherdienste wie wie Rapidshare und Dropbox soll nun auf EU-Ebene angegangen werden – dort werden die Karten neu gemischt. Digitalkommissar Günther Oettinger hatte sich zuletzt offen für urheberfreundliche Regelungen gezeigt, auch wenn diese bei eingefleischten Netzpolitikern auf wenig Gegenliebe stoßen.