Von Ost und West geprägt
Wost, das klingt nach dem rheinfränkischen “Worscht”, für Wurst. Es klingt vielleicht etwas lieblos. Klatscht es doch einfach nur die Wörter Ost und West aneinander. Für uns aber ist es ein Sinnbild, denn so wie eben auch unsere Biografien irgendwie komisch aus zwei unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt sind, wird es nun auch hier weitergehen. Klangbildlich ist “Wost” auch allein deswegen schon sehr passend: Aus dem wohlklingenden West und dem okay klingenden Ost wird ein „Wost”.
Wostkinder haben einen sehr prägenden Teil ihres Lebens im Sozialismus verlebt und danach die Geworfenheit in den Kapitalismus zu ertragen gehabt. Das macht etwas mit Menschen. Dass es Aufarbeitungsbedarf gibt, zeigt die Bewegung der “Dritten Generation Ost“. Unsere Geschichte ist ein Teil dieser Dritten Generation Ost und dennoch ein bisschen mehr: Denn sie hat uns an einen anderen Ort bewegt – vom Sozialismus hinter den antifaschistischen Schutzwall verschlug es uns nach Baden und nach Württemberg. Ein kleiner Kulturschock, der einige Komplikationen mit sich brachte. Plötzlich waren wir die Aliens unter uns fremden Einheimischen. Wir waren “die aus dem Osten” und lavierten infolgedessen irgendwo zwischen einer alten Identität, für die wir uns zu schämen begannen, die aber nicht zu leugnen war, und einem Bemühen um Assimilation. Assimilation – ein guter alter Wert aus dem alten System der Anpassung und Unterordnung.
Wenn man noch Kind ist und von einer Kultur zur anderen zieht, wird die eigene Entwicklung ein Pendelschlag von Verständnis und Unverständnis. Verständnis muss man sich jedes Mal erneut hart erarbeiten. Unverständnis gibt es gratis. Zumal beide Seiten jahrelanges Training darin haben, ganz genaue Bilder voneinander zu entwerfen. “Die Ossis” und “die Wessis” sind in den Köpfen der anderen immer schon in einer Schublade drin. Die einen reden auf eine andere Art seltsam, als die anderen; die Sachsen sprechen *den* Dialekt, für den man sich schämen muss und die Bayern den, der nach den Bergen klingt. Die Ossis sind minderbemittelt und lächerlich; die Wessis halten sich alle für was Besseres (“Besserwessis”). All diese vorgeprägten Bilder und Klischees werden dann zu einem echten Problem, wenn man für die Wessis der Ossi ist und für die Ossis der Wessi. Was für einen Heimatbegriff entwickelt ein Kind, das je nach Lokalisation wahllos in jeweils die eine oder die andere Schublade gesteckt wird?
Ganz zu schweigen von den ganz alltäglichen Heraus- und Überforderungen. Als da wären die Anpassung des eigenen Dialektes; die Verarbeitung und das Management der plötzlich scheinbar unendlichen Möglichkeiten (die sich aber stets nur die anderen leisten können). Anpassung ans System bedeutet plötzlich nicht mehr, die Tugenden und Werte des Sozialismus` zu leben (Fleiß, Gemeinschaftssinn und Unterordnung unter die Ziele des großen Ganzen) sondern Anpassung passiert jetzt durch Besitzen, durch Bestehen im Wettbewerb, durch Zurschaustellung und Inszenierung der eigenen Individualität. Was schwer wird, wenn man davor gelernt hat, dass es nicht gerade wertvoll ist, auf einem Egotrip zu sein.
Der Gang von Ost nach West um die Wende, im Kindesalter, ist eine Krise gewesen, die wir heute aufzuarbeiten beginnen. Wer sind wir? Was antworten wir, wenn wir gefragt werden, wo wir herkommen (Baden-Württemberg oder DDR?)? Wo wollen wir hin?
Wir sind weit davon entfernt, uns nach dem Sozialismus zu sehnen, wir sind aber auch alles andere, als vom Kapitalismus überzeugt. Durch unsere Geschichte haben wir uns erst vom einen emanzipiert und vom anderen im Laufe der Zeit ebenso (Work in Progress). Diese Emanzipation ist eine Befreiung von Ost-Normen wie auch von West-Normen. Wir haben bei beiden Kulturen die Schwächen und die Stärken kennen gelernt (und wissen beide zu schätzen, halten aber auch eine gewisse Distanz zu beiden). Wir haben das Tal der Unverständnis durchschritten und nähern uns dem Verständnisgewinn: Nach über 20 Jahren, fühlen wir uns bereit, unsere Krise von damals zur Chance zu drehen. Wir waren “nur Kinder” – und das ist gleichzeitig unser Bonus. Dieses Blog wird eine Reise in die Geschichte, eine Begegnung zwischen Aliens, eine Erinnerung an damals, an dort und an drüben und ein Sammelbecken der Geschichten, die nicht nur zu uns führen.
(Katrin Rönicke)
Lichtblick in einer Krise
Beginnen Menschen über Krisen zu sprechen, finden sie sehr oft sehr gleiche Worte. Besonders beliebt ist dabei der Blick nach China. So besteht im Chinesischen das Wort “Krise” aus zwei Schriftzeichen, jeweils eines für Gefahr und Neuanfang. Der Schluss daraus ist schnell gezogen. Man müsse die Krise nur als etwas Nützliches begreifen, aus dem es etwas zu erschaffen gilt. Der unmittelbare Lohn dieses Schaffens ist die Hoffnung, rückblickend richtig gehandelt zu haben. Ein Licht am Ende des Tunnels. So sehr wir diese Tunnel-Metapher als Menschen verinnerlicht haben, so schwer ist es sie im täglichen Handeln anzuwenden. Es gibt in der direkten Wahrnehmung unseres Handelns zu viele spürbare Schritte zurück, die das Licht kleiner werden lassen, als dass wir es zur dauerhaften Hoffnung in unserem Leben verklären können.
In Deutschland gab es einen Zeitpunkt, zu dem diese Hoffnung keiner gesamtgesellschaftlichen Ambivalenz unterlag. Die Hoffnung galt als etwas Erfüllbares. Ihre Erfüllung wurde versprochen. Dies war in den sehr gefühlsintensiven Jahren 1989 und 1990, in denen der Überschwang die Regie übernahm. In der DDR fand eine (weitestgehend) friedliche Revolution statt, die nach Veränderungen verlangte. In der BRD regierte der Brudergedanke und die historische Ambition. Eine Gemengelage, die uns als Nation und als Volk zu dem machte, was wir heute sind. Ein wieder vereinigtes Deutschland, mit all seinen Widersprüchen und Problemen. Seinen Hoffnungen und Ängsten. Einem Staat, der versucht seinen Weg innerhalb Europas zu finden und dabei selbst noch eine Form der Spaltung in sich trägt, die kulturell an der ehemals innerdeutschen Ostgrenze verläuft.
Beim Vollzug der Wiedervereinigung war die Rollenverteilung klar. Die DDR, ein Staat in, von außen gesehen, andauernder Krise. Die BRD, das Licht am Ende des Tunnels. Ein Licht, das blühende Landschaften mit sich bringen wollte. Wichtiger aber: Bananen ohne Schlange stehen zu müssen und Benzin, das keine unglaublich hohen 1,50 DM der Liter kostet. Dieser Moment der Klarheit, der demokratische Mehrheiten schuf, wurde alsbald von der Realität des Alltags verschlungen.
Ein gemeinsames Projekt
Mit der Wendezeit begann ein Umbruch, der im Osten Deutschlands spürbarer war als im westlichen Pendant. 16 Millionen Menschen mussten sich von heute auf morgen komplett umstellen und einem anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem anpassen. Neues Geld, neue Preise, neue Waren, die Möglichkeit in den Hochburgen des bisherigen Klassenfeindes Urlaub zu machen und vor allem eine neue Form von Arbeitsalltag, sofern man denn eine Arbeitsstelle fand. Der zu assimilierende Osten wusste aus den Werbesendungen der TV-Programme um die Vorteile des Neuen und lernte nun sehr schnell die Schattenseiten kennen. Aus diesen Schattenseiten entwickelte sich eine thematische Dominanz. Der Osten galt lange als eine prekäre Region, deren Probleme es zu behandeln galt. Ein Patient. Dadurch verstellte sich auch der Blick auf den Westen und seine Probleme, die sich nun ihre Bahn brechen und die gesellschaftlichen Krusten fehlender Aufmerksamkeit verlassen.
Zuvorderst stehen hierbei die sozialen Probleme. Die Einheit wurde zu großem Teil aus den Sozialkassen finanziert. Kassen, die nun leer sind und von allen Deutschen, Ost wie West, gefüllt werden sollen. Dieser ewige Streitpunkt, gerne auch als Erbsünde der Einheit angesehen, wird selten als gesamtdeutsches Projekt begriffen. Das erste, aus der Tatsache seines eigenen Seins initiierte Projekt, eines gemeinsamen Landes.
(Marco Herack)
Über uns
Wir wurden beide im Osten Deutschlands geboren. Katrin 1982 in Lutherstadt Wittenberg und Marco 1980 in Berlin. Wir verbrachten einen Teil unserer Kindheit in der DDR und zogen dann in der Wendezeit in den Westen, nach Baden-Württemberg, in dem wir die verbleibende Zeit dieser Kindheit verbrachten. Bei Katrin war das 1989, noch vor der Wende. Marco verzog 1991, nach der Wende. Der Umzug prägte unseren Blick auf Gesamtdeutschland. Wir waren gezwungen unser Ost-Ich mit einem noch zu erfindenden West-Ich zusammenzubringen. Das machte uns zu Wostkindern und darum geht es in diesem Blog.
Lieber Dantés,
Ohne Katrin...
Lieber Dantés,
Ohne Katrin und Marco vorgreifen zu wollen, möchte ich kurz auf Ihren Einwand eingehen bezüglich der Qualifikation eines heute 30-jährigen Deutschen für die Beurteilung des DDR-Regimes. Ganz klar ist diese deutlich geringer als bei Ihnen – allerdings geht es in diesem Blog ausnahmsweise mal nicht darum, was in der DDR alles schief gelaufen ist (ohne Frage eine Menge), sondern es geht darum, wie Kinder (und Jugendliche) den Wegzug aus einem Gesellschaftsmodel in ein anderes wahrnehmen/verkraften. Insofern gehen Ihr Beitrag, hier vor allem der Vergleich des Umzugs vom Dorf in die Stadt, und Ihr Wunsch nach der Beschreibung von DDR-Realität am Thema vorbei.
Ich fände es allerdings sehr spannend, wenn Sie noch einmal beschreiben könnten, wie Sie damals im “Westen” aufgenommen wurden, wie Ihre Erfahrungen in den ersten drei, vier Jahren waren, wie Ihnen die Menschen im “Westen” begegnet sind.
Ich selbst bin ebenfalls ein “Wostkind”: Eltern nach Ausreise-Antragstellung und 2,5 jähriger Wartezeit im Juni 89 ausgereist (ich war fast acht Jahre alt) – vom ländlich geprägten Vogtland über eine kurze Station in Frankfurt ins ländlich geprägte Unterfranken; trotz der geringen Enfernung (keine 250km Luftlinie) und der ähnlichen strukturellen Bedingungen lagen für mich als Kind Welten zwischen beiden Orten – besonders Katrins Beitrag spiegelt meine eigenen Erfahrungen sehr treffend wider.
In der Tat habe auch lange gebraucht, um eine eigene Identität zu entwickeln: bei Besuchen der Familie im Osten war ich auf dem Spielplatz alsbald der Wessi, während ich mich im Westen zeitweise mit Ossi-Hänseleien auseinander zu setzen hatte. Da stellt man sich dann schon die Frage, wo man eigentlich hingehört. Ich habe mich selbst irgenwann als Baumsetzling begriffen, der nach sieben Jahren im Osten einfach umgetopft und dann in Unterfranken wieder in die Erde gesetzt wurde.
Auch wenn ich mich selbst als westdeutsch sozialisiert begreife, so haben mich diese und eine Menge anderer Ost-West-Erfahrungen in den neunziger Jahren dennoch stark geprägt.
@ Katrin & Marco: Viel Erfolg bei diesem Thema – endlich mal ein neuer, zudem recht spannender Aspekt der jüngeren deutschen Geschichte!
Hallo Katrin und Marco,
viel...
Hallo Katrin und Marco,
viel Erfolg mt dem Blog wünsche ich Ihnen.
Ringen Sie um Antworten und Erkenntnis und verlieren Sie bloß nicht den Mut! Vieles von dem, was Sie schreiben kommt bekannt vor, wurde im Versuch des Begreifens der letzen 20 deutschen Jahre schon herangeführt – all die Zuschreibungen von Verhalten, Motiven, Denkmustern etc. jeweils zu Ossis und Wessis. Hat aber noch nicht zum Ziel geführt, deshalb heißt es weiter machen!
Ich bin 1971 in Leipzig geboren und seit 2001 “im Westen”. Meine eigene Osterfahrung sehe ich mittlerweile kritisch, da durch die für Kindheit und Jugend typische Pauschalisierung oder Radikalisierung und den – nennen wir es “Glauben an das Gute” – gefärbt. Da war das schlechte, falsche und irgendwie auch debile System, vor dem wir uns gleichzeitig in Acht nahmen und über das wir uns lustig machten. Und das uns an all dem hinderte, was wir eigentlich tun wollten, würden, könnten … aber was davon haben wir wirklich getan, als es das System nicht mehr gab? Jetzt mal abgesehen von Auslandsreisen …
Seit gut 10 Jahren lebe ich nun in westdeutschen Großstädten. Und ehrlich und gesamtdeutsch gesagt, sehe ich viel ältere Muster als die echten Treiber der Lebensgestaltung: Da geht es um Existenzsicherung, Kinder kriegen, stabile Sozialkontakte und ein bisschen Individualiät in der Freizeit. Das mag man sich zwar nicht so gern eingestehen, aber ein jeder prüfe sich und seinen Alltag selbst.
Wahrscheinlich funktioniert das auch ganz gut, wenn Mensch in dem Gefühl eines sinnvollen, werthaltigen Kontext lebt.
Und da liegt evtl. ein spezifisch deutsches Problem – und hier werden Aktionen wie Ihr Blog interessant.
Der westlichen Welt sind in den letzten ca. 200 Jahren die Ideale ausgegangen, wir haben sie verbraucht, verramscht vielleicht auch uns emanzipiert. Und das ist kein aktuelles Phänomen: erschreckend aktuell erscheinen z.B. Albert Schweitzers Schriften zum Werteverlust vom Anfang des 20. Jahrhunderts.
So, und nachdem wir nach dem Naziregime schon aus gutem Grund generell Schwierigkeiten im Umgang mit dem Deutunsgraum “Deutschland” haben, hat es die “Oststämmigen” nach 1989 noch einmal kalt erwischt in Sachen nationale Identität.
Auch ich will nicht den Soialismus zurück und beim Wort “Ostalgie” ergreift mich das kalte Grausen. Aber auch das so oft beschriebene egozentrische, materialistische Leistungsideal als Erfolgsmaß des Westens entzündet mich nicht. Das geht meinen westdeutschen Freunden und Bekannten aber nicht anders. Die akzeptieren dieses Ideal mehr oder weniger Zähne knirschend und versuchen ihm im nrteresse der oben genannten Lebensgestaltung zu folgen -sowenig wie möglich und so viel wie nötig…
Also, wenn Sie es schaffen, mich aus meinem Gefühl der Geworfen seins, der ideelen Entzauberung und der Unsicherheit der existenziellen Verortung zu befreien, dann gebe ich Ihnen ein Eis aus. Aber ein Großes, versprochen! :-)
Als jemand, der auch aus dem...
Als jemand, der auch aus dem Wetsen in den 90ern im Osten studiert hat, bin ich auch sehr gespannt, wie es hier weitergeht. Schön, dass dieses Thema hier aufgegriffen wird!
Fühlen Sie, Katrin und Marco,...
Fühlen Sie, Katrin und Marco, sich nicht ein wenig zu jung, um die Dimension des Phänomens DDR aus eigener Erfahrung erlebt mit der Situation westdeutscher Befindlichkeiten vergleichen zu können? Katrin beispielsweise verließ die DDR im Alter von sechs oder sieben Jahren. Ich nehme an, sie hat die Monstrosität des DDR-Staates nicht ansatzweise erfahren können/müssen; ihre Perspektive auf die sicher sehr unterschiedlichen Lebenswelten, DDR einerseits und Westdeutschland andererseits, dürfte sich qualitativ kaum von der unterscheiden, die ein gleichaltriges Kind einnimmt, welches beispielsweise aus dem ländlichen Raum in die Großstadt zieht oder umgekehrt. Und auch der elfjährige Marco dürfte außer anekdotischen Berichten über die Erlebnisse bei den Jungpionieren nicht viel Substanzielles zur DDR-Realität beizutragen haben, so meine Vermutung. Vielleicht überraschen Sie mich aber auch und zeigen Aspekte auf, die mir fremd sind. Dann wäre es ein Gewinn. Ich wünsche gutes Gelingen dabei.
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Ich selbst verließ einundzwanzigjährig die DDR bereits 1968 über den Umweg Tschechoslowakei/Ungarn/Jugoslawien, einige Monate nachdem mein drei Jahre älterer Bruder an unbekannter Ursache plötzlich verstorben ist – nur zwei Wochen nach seiner unplanmäßigen, vorzeitigen Entlassung aus dem Gelben Elend in Bautzen, in dem er 26 Monate absaß (von einer vierjährigen Haftstrafe wegen eines „schweren Falles“ einer gescheiterten Republikflucht). 21 Jahre später betrat ich erstmals wieder mein Elternhaus. Mein Schmerz über den Schmerz meiner Eltern war unendlich und doch war es jeder Tag in Freiheit wert, die Eltern damals zurückgelassen zu haben.
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Heute beobachte ich mit Verwunderung und Befremden, wie zunehmend gering viele meiner gesamtdeutschen Mitbürger den Wert von Freiheit und Selbstverantwortung schätzen und diese Werte zugunsten von (vermeintlicher) Sicherheit und Bequemlichkeit zur Disposition stellen. Das Befremden ist sogar so groß geworden, dass ich ernsthaft in Erwägung ziehe, wiederum das Land zu verlassen. Zugegebenermaßen unter weniger dramatischen Bedingen wie bei meiner ersten Emigration und dieses Mal mit der ganzen Familie.
Ich warte seit Langem auf eine...
Ich warte seit Langem auf eine Bewegung, wie diese. Als 1974er Jahrgang im Westen geboren, aber nur 12 km vom antiimperialistischen Schutzwall entfernt, war der Mauerfall und!die Wiedervereinigung für mich das Geschenk meiner Generation. Die 68er studierte ich, als sie selbst Geschichte geworden waren. In dieser Zeit wurde mir klar, daß auch wenn es keinen Krieg und keinen Holocaust gegeben hatte, die DDR in den Jahren 1961 bis 1989 dem Deutschen Reich von 1933 bis 1945 in einem Punkt sehr ählich war: Die subtile Zersetzung von Individuen in einer Diktatur. Die Mittel die gegen Menschen eingesetzt werden, die nicht mit dem Rudel heulen, sind immer die Gleichen. Was mein Großvater mir aus der NS Zeit erzählt hatte, unterschied sich wenig von dem, was meine Freundin mir aus dem Thürigen ihrer Kindheit berichtete. Unter der Rubrik “vorauseilender Gehorsam” mussten und müssen sich Menschen einordnen, die nicht die energische Aufmerksamkeit der Staatsorgane auf sich ziehen wollen, und etwas Normalität in den guten Jahren ihres Lebens genießen wollen. Für mich war es irgendwie immer klar: 13 Jahre nach 1945 die 68er, 13 Jahre nach 1990 die 13er. Im Sinne von Katrin und Marco wünsche ich diesem Blog und dieser Idee noch viele Worte……
<p>@Vroni: dessen sind wir uns...
@Vroni: dessen sind wir uns bewusst. uwe tellkamp umschrieb es bzgl. des turms sehr schön mit dem versuch, verschiedene lebenslinien übereinander zu legen und dadurch _kein_ abbild der realität zu schaffen, aber doch gemeinsamkeiten im handeln, der art und weise, der vorgänge zu entdecken. ich finde das ein sehr passendes bild, mit dem notwendigen schuss demut vor der realität. wenn wir dem nahe kommen könnten, ist vielleicht schon viel erreicht.
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@czeka: versprechen kann ich nichts. du erreichst mich unter mh120480 _emailzeichenät_ web.de
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@Jordanus: es gibt solch einen bericht in dem buch der oben erwähnten “3. generation ost”. aus dem westen zum studieren nach frankfurt (oder), wenn ich mich recht entsinne. das thema ist uns nicht ganz fremd und vielleicht können wir mit der ein oder anderen herangehensweise überraschen.
mfg
mh
Das finde ich interessant,...
Das finde ich interessant, aber auch voll diskriminierend! Wer erzaehlt denn vom Leben der Wessis im Osten.
Hallo Katrin und Marco,
ich...
Hallo Katrin und Marco,
ich kann meinen Vorrednern nur zustimmen – interessantes Projekt und sicher bei der FAZ auch nicht schlecht aufgehoben. Ich selbst bin 1982 in der DDR geboren, habe dort bis 2006 gelebt, nun auch sechs Jahre München hinter mir und hätte auch einiges zu erzählen – und sei es auch nur als Diskussionsanregung. Gäbe es Platz für Gastbeiträge?
Gruß,
Christian
Liebe Autoren,
interessante...
Liebe Autoren,
interessante Idee. Bin gespannt auf die Artikel.
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” … sondern Anpassung passiert jetzt durch Besitzen, durch Bestehen im Wettbewerb, durch Zurschaustellung und Inszenierung der eigenen Individualität. Was schwer wird, wenn man davor gelernt hat, dass es nicht gerade wertvoll ist, auf einem Egotrip zu sein.”
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Komme nicht aus der DDR, doch “dass es nicht gerade wertvoll ist, auf einem Egotrip zu sein” wurde auch mir als Westmensch vermittelt. Das war die Erziehung, die weibliche Sozialisation, der Sechziger/Siebziger im Westen.
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Die Ego-Inszenierungen, der Wettbewerb damit und dass man “sich verkaufen” oder gar “als Marke verkaufen” müsse, das kam deutlich später auf.
Ich darf Ihnen sagen, dass das auch wieder abebben wird, und dass man einen Westmenschen nicht darauf festlegen soll, dass er per se ein Ego-Inszenierer sei. Sind viele Westmenschen nicht. Das Paradoxon ist ja, dass man die, die sich nicht inszenieren, nicht wahrnimmt. :-)
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Viel Erfolg mit Ihrem Blog!
Vielen Dank, bin dann mal...
Vielen Dank, bin dann mal neugierig wie`s hier weitergeht…
(Manchmal überlege ich, trotz einiger Unsicherheiten doch noch in den “Osten” zu wechseln.)